Zwölf Fußballclubs gründen Super League
Zwölf Fußballclubs gründen Super League
(sid) - Der europäische Fußball steht vor einer Zerreißprobe ungeahnten Ausmaßes: Zwölf Top-Clubs haben eine jahrelange Drohung wahr gemacht und die Gründung einer neuen Super League beschlossen. Die Vereine aus Spanien, England und Italien wollen nach eigenen Angaben aber Teil ihrer nationalen Ligen bleiben, der Wettbewerb soll unter der Woche ausgespielt werden und stünde in direkter Konkurrenz zur Champions League.
Die Clubs gehen dennoch auf Konfrontationskurs zur FIFA und UEFA, die zuvor mit einem Bann der abtrünnigen Vereine und Spieler für sämtliche Wettbewerbe bis hin zur WM gedroht hatten. Die Vereine ließen sich davon aber nicht beeindrucken.
„Wir werden dem Fußball auf jeder Ebene helfen und ihn an seinen rechtmäßigen Platz in der Welt bringen“, sagte Florentino Perez, Präsident von Real Madrid und erster Vorsitzender der Super League.
Bei den Vereinen handelt es sich um die englischen Clubs FC Liverpool, Manchester United, Manchester City, Tottenham Hotspur, FC Arsenal und FC Chelsea, die spanischen Topteams Real Madrid, FC Barcelona und Atletico Madrid sowie Juventus Turin, AC Mailand und Inter Mailand aus Italien.
Deutsche Teams wie Bayern München und Borussia Dortmund oder der französische Primus Paris SG sind zunächst nicht beteiligt. Allerdings würden noch „drei weitere Vereine eingeladen“, teilte die exklusive Gruppe mit. Insgesamt sei Platz für 20 Mannschaften.
Den Clubs werde, teilte die UEFA mit, „die Teilnahme an anderen Wettbewerben auf nationaler, europäischer oder weltweiter Ebene untersagt, und ihren Spielern könnte die Möglichkeit verweigert werden, ihre Nationalmannschaften zu vertreten.“
Selbst der britische Premierminister Boris Johnson hält derartige Pläne für „sehr schädlich“. Und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron begrüßt die Position der französischen Clubs, „sich zu weigern, an diesem Projekt teilzunehmen, das das Prinzip der Solidarität bedroht.“
Auch die englische Premier League wehrt sich gegen eine Super League: "Fans eines Vereins in England und in ganz Europa können derzeit davon träumen, dass ihre Mannschaft gegen die Besten spielt. Wir glauben, dass das Konzept einer europäischen Super League diesen Traum zerstören würde." Es sei "eine Schande, ich bin absolut angewidert", betonte der frühere Kapitän von Manchester United Gary Neville.
Schnellstmöglicher Start
Weil der neue Wettbewerb unter der Woche ausgespielt werden soll, wollen alle Teams Teil ihrer nationalen Ligen bleiben. Die Super League soll nach Angaben ihrer Mitglieder "so früh wie möglich" an den Start gehen. Juventus Turin ließ allerdings schon durchblicken, dass der Zeitpunkt derzeit nicht absehbar sei.
Fußball sei "der einzige globale Sport der Welt mit mehr als vier Milliarden Fans. Als große Vereine sind wir dafür verantwortlich, auf ihre Wünsche einzugehen", verteidigte indes Perez den Schritt. Man wolle, sagte Juventus-Chef Andrea Agnelli "das Spiel, das wir lieben, auf eine nachhaltige Grundlage für eine langfristige Zukunft stellen".
Die Gründungsmitglieder sollen eine einmalige Zahlung in Höhe von je 3,5 Milliarden Euro erhalten. Die UEFA hatte zuvor von einem „zynischen Projekt“ gesprochen. „Meiner Meinung nach müssen die Teams und Spieler von all unseren Wettbewerben ausgeschlossen werden. Es wird ihnen auch nicht mehr erlaubt sein, für ihre Nationalmannschaften aufzulaufen“, sagte Präsident Alexander Ceferin.
Alle Einwände waren den finanziell von der Corona-Pandemie arg gebeutelten und nach Sicherheit strebenden Vereinen aber offenbar erst einmal egal. „Indem wir die besten Clubs und Spieler zusammenbringen und gegeneinander spielen lassen, wird die Super League ein neues Kapitel des europäischen Fußballs aufschlagen“, sagte Joel Glazer, Co-Vorsitzender von Manchester United und Vize-Vorsitzender der Super League.
Der Weltverband FIFA drückte umgehend seine "Missbilligung" des Schritts aus und forderte "Solidarität" ein. „Vor diesem Hintergrund kann die FIFA nur ihre Missbilligung einer geschlossenen europäischen Liga außerhalb der Fußball-Strukturen ausdrücken“, hieß es in einem Statement.
Die Gründungsvereine gaben dagegen an, sich auf „Gespräche mit der UEFA und der FIFA zu freuen“, um „partnerschaftlich“ zusammenzuarbeiten. Eigentlich sollte am Montag die viel diskutierte Reform der Champions League durchgesetzt werden. Die angekündigten Schritte gingen den Clubs aber offenbar nicht weit genug.
Reform beschlossen
Trotz der Aufregung um die Gründung der Super League hat die UEFA die Reform der Champions League ab der Saison 2024/2025 beschlossen. Das teilte die UEFA nach der Sitzung ihres Exekutivkomitees am Montag in Montreux (CH) mit.
Der neue Modus der Champions League sieht ab 2024 eine Aufstockung von derzeit 32 auf 36 Teilnehmer vor. Der Wettbewerb wird künftig im sogenannten Schweizer Modell gespielt. Demnach bestreitet jeder Club zehn Gruppenspiele gegen zehn anhand einer Setzliste zugeloste Gegner.
Daraus wird eine Gesamttabelle der 36 Teams ermittelt, anhand derer die acht bestplatzierten Mannschaften direkt in die K.-o.-Runde einziehen. Die Teams auf den Rängen neun bis 24 spielen in Play-offs die weiteren Teilnehmer der K.-o.-Runde aus.
Zwei der vier zusätzlichen Startplätze sollen über eine Fünf-Jahres-Rangliste der Clubs vergeben werden. So würden Vereine, die sich über die Liga nicht qualifiziert haben, von ihren Erfolgen vergangener Tage profitieren und dennoch in die Champions League einziehen.
Diese Neuerung war als Zugeständnis für die Topclubs angedacht - doch sechs Clubs aus England sowie je drei aus Spanien und Italien wollen dennoch in die Super League ausscheren.
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