Wegen Corona-Virus: Das Sterben der Radrennen
Wegen Corona-Virus: Das Sterben der Radrennen
Es war eine skurrile Situation. Fast die gesamte Sportwelt hielt den Atem an. Stündlich wurden Mitteilungen von abgesagten Radrennen verschickt. In Spanien und Italien wurden die täglichen Trainingsfahrten verboten. Trotzdem ging das Radrennen Paris-Nice vergangene Woche munter weiter. Die tapferen Radprofis trotzten den schwierigen Umständen vor einer Minuskulisse. Autogramme, Selfies und Interviews waren untersagt. Der Wettkampf wurde zwar um einen Tag verkürzt, doch die ASO (Amaury Sport Organisation) zog die Etappenfahrt so weit es möglich war durch. Dies trotz sich täglich weiter zuspitzender Begleitumstände.
Nun ist aber Schluss. Der Vorhang ist gefallen. Und es ist vollkommen unklar, wann er sich wieder hebt. Oder wie sich ASO-Chef Christian Prudhomme ausdrückt: „Eine Klammer hat sich geöffnet und wir wissen nicht, wann und wie sie sich wieder schließt.“
April-Klassiker fallen aus
Die Corona-Virus-Pandemie hat die Radsportwelt fest im Griff. Aus diesen Klauen wird sich die Petite Reine nicht so schnell befreien. Die Liste der abgesagten Wettkämpfe ist elend lang. Ein Blick auf den internationalen Radsportkalender offenbart Erschreckendes: Rund 50 Rennen wurden bislang abgesagt oder verlegt. Ein Ende der Serie ist nicht abzusehen. Der Radsport-Weltverband hat alle Rennen bis zum 3. April abgesagt. „Angesichts der beispiellosen und sich ändernden Situation müssen wir uns anpassen und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um so weit wie möglich die Sicherheit der Menschen bei unseren Veranstaltungen sowie die sportliche Gerechtigkeit zu gewährleisten“, heißt es seitens der UCI.
Italien (Strade Bianche, Mailand-Sanremo, Tirreno-Adriatico), Spanien (Katalonien- und Baskenlandrundfahrt) und Belgien, wo mehrere große Eintagesrennen und Klassiker nicht über die Bühne gehen können (E3 BinckBank Classic, Gent-Wevelgem, Dwars door Vlaanderen), sind besonders arg betroffen. Der Giro d'Italia wird nicht im Mai (9. bis 31. Mai) stattfinden. Ob er nach hinten verschoben werden kann, ist unklar. Zumindest soll die UCI laut darüber nachdenken, die Saison um einen Monat, also bis in den November hinein, zu verlängern.
Es ist derzeit sehr schwierig, einen Blick in die Zukunft zu wagen. Die Situation verändert sich fast stündlich.
Christian Prudhomme
Paris-Roubaix (12. April) wurde abgesagt, genau wie die Flèche Wallonne (22. April) und Liège-Bastogne-Liège (26. April), Rennen, die allesamt von der ASO organisiert werden. „Der ganze Sport hält inne. Das gilt auch für den Radsport. Ich glaube, es würde schlecht ankommen, wenn wir es anders machen würden als alle anderen“, ließ Prudhomme bereits am Sonntag durchblicken. Auch die Tour des Flandres (5. April) ist mittlerweile aus dem Kalender verschwunden, ähnlich wie beispielsweise die Tour de Romandie (28. April bis 3. Mai), das Amstel Gold Race (19. April) und das Eintagesrennen Eschborn-Frankfurt (1. Mai).
Tour de France noch nicht bedroht
Eine weitere Frage drängt sich auf: Findet die Tour de France (27. Juni bis 19. Juli) statt? Prudhomme gerät noch nicht in Panik. „Die Tour beginnt in mehr als 100 Tagen. Bis dahin kann sich die aktuelle Situation noch entwickeln. Und falls der Radsport wieder loslegt, kann man hoffen, dass der Appetit und die Begeisterung noch größer sein werden als sonst“, wird Prudhomme in der Sporttageszeitung „L'Equipe“ zitiert. Der ehemalige Journalist verrät allerdings auch: „Es ist derzeit sehr schwierig, einen Blick in die Zukunft zu wagen. Die Situation verändert sich fast stündlich. Ich muss mich auf die Informationen verlassen, die man mir zuträgt.“
„Der Sport ist jetzt Nebensache“, heißt es von allen Seiten. Der Fokus liegt woanders: Nun gilt es, die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen und die rasante Ausbreitung des Virus einzudämmen. Erst dann wird sich der Vorhang für die Radsportler – irgendwann – wieder heben.
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