"Tag der Schande" stürzt den Weltsport ins Chaos
"Tag der Schande" stürzt den Weltsport ins Chaos
(SID) – „Verheerendes Signal“, „Verhöhnung der Toten“ – und der Weltsport vor dem Sturz ins Chaos? Thomas Bach hatte mit Gegenwind gerechnet, doch was am Morgen nach dem „Tag der Schande“ auf ihn einprasselte, sucht auch in der Ära des umstrittenen Sportfunktionärs aus Deutschland seinesgleichen. Politiker, Medien und Sportler aus den westlich geprägten Teilen der Welt reagierten mit Wut und Entsetzen auf die IOC-Entscheidung in der Russland-Frage. Die Zeitung „USA Today“ verlieh Bachs IOC die „Goldmedaille für Feigheit und Heuchelei“.
Die ukrainische Fechterin Olga Kharlan, ein Star in ihrer Heimat, ist am Boden zerstört. „Alle reden von den Russen. Die haben alles. Training in den besten Hallen, in ihren Riesenpalästen in Russland. Ein friedliches Leben im Familienkreis“, sagte die Olympiasiegerin der „FAZ“: „Bei ihnen geht es um die Möglichkeit, anzutreten. Bei uns geht es ums Überleben.“
Doch auch in Russland rief die IOC-Entscheidung Kritik hervor. Über „Diskriminierung“ beschwerte sich Stanislav Pozdnyakov, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees Russlands, im Staatsfernsehen und nannte Bachs Beschluss eine „Farce“.
Zur selbigen könnten viele Sportwettkämpfe verkommen, auch die Olympischen Spiele in Paris. Das Beispiel Kharlan und der ukrainischen Fechter, die den sportlichen Vertretern des Aggressors im Weltcup und der Olympia-Qualifikation gewichen sind, weist den Weg, den das IOC mit seiner Entscheidung pro Russland beschritten hat.
Massive Zweifel an der Umsetzung
Das böse Wort Boykott. Eines, das beim IOC niemand hören mag. Bislang deutet allerdings auch (noch) wenig darauf hin, dass sich westliche Staaten einem durchaus möglichen Rückzug ukrainischer Sportler anschließen könnten. Vertreter verschiedener Parteien und Länder verurteilten die IOC-Linie und forderten vehement, den Ausschluss der kriegstreibenden Nationen aus dem Weltsport aufrechtzuerhalten.
Polens Außenminister Piotr Wawrzyk nannte den Mittwoch einen „Tag der Schande für das IOC.“ Die „Wiederzulassung“ sei „eine Verhöhnung der über 220 toten ukrainischen Trainer, Athletinnen und Athleten. Zum Wohl, Herr Bach“, schrieb die deutsche Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bei Twitter.
Die empfohlenen Schritte mögen auf dem Papier gut aussehen, das IOC hat klare Neutralitätskriterien definiert und sie vor allem geschärft – begrüßenswert. Doch die Zweifel an deren Umsetzung sind massiv. Auch in vielen Medien – vor allem in Europa und den USA – hinterließ die Entscheidung des IOC Wut, Entsetzen und Zweifel.
Besonders hart ging die italienische Presse mit dem Sport-Weltverband und dessen Präsidenten ins Gericht. „Pontius Pilatus ist ein Dilettant im Vergleich zu Bach“, schrieb das Mailänder Boulevard-Blatt „Il Giornale“ und fällte ein eindeutiges Urteil: „Der westliche Boykott steht vor der Tür.“ Zur Ultima Ratio wird es wohl nicht kommen. Dennoch stehen Thomas Bach, seinem IOC und dem gesamten Weltsport stürmische Wochen und Monate bevor.
Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und Instagram und abonnieren Sie unseren Newsletter.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
