Satzlänge im Badminton auf dem Prüfstand
Satzlänge im Badminton auf dem Prüfstand
Reformen sind heikel, das weiß jeder Sportfunktionär. Deshalb hat sich Poul-Erik Hoyer Larsen seine Schritte genau überlegt. Der Präsident des Badminton-Weltverbandes BWF will seine Sportart verändern. Er will eine neue Zählweise einführen. „Ich denke, wir sind im Badminton zu konservativ. Wir stagnieren“, warnte der 54-jährige Däne gegenüber dem Fernsehsender TV2.
Aus zwei Gewinnsätzen bis 21 Punkte will der Olympiasieger von 1996 ein weltweit einheitliches System von drei Gewinnsätzen bis elf machen (Best-of-five-Modus). Diese Zählweise sei „deutlich intensiver und zuschauerfreundlicher“.
Luxemburgs Landesmeister Robert Mann sieht eine radikale Änderung kritisch. „Das würde die ganze Spielwiese ändern“, prognostiziert der 34-Jährige. „Wenn man zum Beispiel 0:4 hinten liegt, was sicherlich mal vorkommen kann, ist fast die Hälfte des Satzes schon vorbei. Dann muss man viel größere Risiken eingehen und aggressiver spielen.“
Für die Sportler, Trainer, Fans und Funktionäre im Badminton ist dieser Vorstoß nichts Neues. Bereits 2018 versuchte Hoyer Larsen, das aus seiner Sicht eingerostet Zählsystem zu durchbrechen – ohne Erfolg.
Bundesliga macht es vor
Bei der entscheidenden Abstimmung unter den BWF-Mitgliedsverbänden scheiterte der Vorschlag des Präsidenten vor allem an den Stimmen der asiatischen Großmächte wie Japan, Südkorea, Indien, Taiwan, Malaysia und Indonesien. Hoyer Larsen weiß, dass sich an der Skepsis dieser Nationen in den vergangenen beiden Jahren wenig geändert hat.
Ich weiß, dass ich damit auch meinen Posten riskieren kann.
Poul-Erik Hoyer Larsen
Wie es mit dem neuen System weltweit laufen könnte, zeigt das deutsche Oberhaus. In der Bundesliga wird bereits seit mehreren Jahren bis elf gespielt. Als Spitzenspieler des Zweitligisten Wiebelskirchen musste sich auch Mann damals umstellen. „Vor allem für Profispieler, die ihre ganze Karriere auf diese 21 Punkte fixiert sind und ihr Training danach ausrichten, würde eine Änderung eine große Herausforderung darstellen. So etwas kostet viel Zeit und Nerven.“
Dabei können sich vor allem die erfahrenen Badmintonspieler an den bislang letzten gravierenden Eingriff in ihr Zählsystem erinnern. 2006 kippte der Weltverband die damals geltende Regel, dass Akteure nur bei eigenem Aufschlag Punkte erzielen können. Gleichzeitig wurde die Punktzahl eines Satzes von 15 auf die heutigen 21 angehoben. „Der Unterscheid wäre jetzt sogar noch größer als damals“, bemerkt Mann, der sich als Nummer 184 der Weltrangliste Hoffnungen auf eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio machen darf.
Versammlung verschoben
Für ihn gäbe es eine bessere Variante, ein neues Zählsystem einzuführen. „Wenn eine Änderung kommen muss, dann müsste sie bei den Kindern beginnen und nicht bei den Erwachsenen. Das ist ganz logisch.“ Innerhalb von sechs, sieben Jahren hätten sich dann alle daran gewöhnt, ohne, dass es viel Ärger oder Auseinandersetzungen geben würde.
Durch das Corona-Virus liegt Hoyer Larsens Plan aktuell auf Eis. Die nächste Generalversammlung des Weltverbandes sollte ursprünglich während der Team-Weltmeisterschaft im Mai in Dänemark stattfinden und wurde bereits auf August verschoben. Doch auch dieser Termin wackelt.
Unabhängig vom Zeitpunkt will Hoyer Larsen seine Vision Wirklichkeit werden lassen – und geht damit ein großes persönliches Risiko ein. „Ich habe vor zwei Jahren verloren, das stimmt“, sagte er TV2. „Aber ich bin davon überzeugt, dass eine neue, kürzere Zählweise den Badmintonsport voranbringen wird. Deshalb halte ich daran fest. Ich weiß, dass ich damit auch meinen Posten riskieren kann.“
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