Fußball: Weltklassetrainer am Tiefpunkt
Fußball: Weltklassetrainer am Tiefpunkt
(dpa) - Über die Gründe für den nicht für möglich gehaltenen Absturz des FC Liverpool rätselt Jürgen Klopp genauso wie der ein oder andere Fußballexperte. Eine Gewissheit hat der Welttrainer aber schon. Auf die Frage, ob er sich gerade an einem Tiefpunkt seiner Trainerlaufbahn befinde, antwortete Klopp: „Ich wünschte, ich könnte Nein sagen. Aber ja, es ist so.“
Ein wenig erinnert die rasante Talfahrt nach dem erlösenden ersten Meistertitel nach 30 Jahren und dem Champions-League-Triumph im Jahr zuvor an den Absturz in seiner letzten Saison bei Borussia Dortmund. Nach dem Doublé 2012 und dem Einzug ins Königsklassenfinale 2013 gab es Reibungsverluste mit Führungsspielern, die Profis wirkten ausgelaugt nach intensiven Jahren unter Heißmacher Klopp, sein System schien entschlüsselt. Nach dem 19. Spieltag war der BVB letzter.
Häufige Gereiztheit
Einiges davon wiederholt sich nun. Auch Klopps häufige Gereiztheit in Interviews erinnert bisweilen an 2015. Der ehemalige Spieler und Trainer der Reds, Graeme Souness, drückt aber die allgemeine Stimmung aus, wonach Klopp nicht als Hauptproblem angesehen wird. „Es ist in Ordnung, Fragen über den Manager zu stellen“, sagte Souness: „Aber es geht in erster Linie um die Spieler.“
So oder so drohen die Reds alles zu verspielen. Die Frage nach dem Warum ist eine große. „Es wäre ein Meisterstück, rauszufinden, wie man das über Nacht ändern könnte“, sagte Klopp.
„Der Zusammenbruch von Liverpool ist eines der schockierendsten Dinge, die ich je im Fußball gesehen habe“, twitterte TV-Experte Jan-Aage Fjörtoft. „Es ist unergründlich, wie eine so gute Mannschaft in so kurzer Zeit so durchschnittlich werden kann“, sagte Souness.
Und der englische Ex-Nationalspieler Jamie Carragher, der 21 Jahre für Liverpool spielte, erklärte: „Klopp hat seine Spieler immer Mentalitätsmonster genannt. Und er hatte recht. Inzwischen sind es eher Mentalitätszwerge.“
Willkommene Ablenkung
Nach unglaublichen sechs Heimniederlagen in Folge mit dem 0:1 gegen den Drittletzten Fulham als Tiefpunkt gewinnt das Schreckensszenario von einer Saison ohne Europacup für den Tabellenachten an Kontur. Die Champions League bietet so die letzte Titelchance und vielleicht sogar die letzte Möglichkeit auf Europa.
Im Achtelfinalrückspiel empfangen die Reds am Mittwoch in Budapest den Bundesliga-Zweiten RB Leipzig. Für Klopp erst einmal eine willkommene Ablenkung. Der Respekt vor dem Team von Julian Nagelsmann ist trotz des 2:0 im Hinspiel aber groß.
„Leipzig fliegt gerade in der Bundesliga“, sagte Klopp: „Die werden nicht aufgeben, nur weil sie 0:2 hinten sind. Das wird auch hart.“
In Dortmund wurde übrigens im April Klopps Abschied zum Saisonende angekündigt, der BVB schaffte noch eine Aufholjagd bis in die Europa League. Und Clubchef Hans-Joachim Watzke schrieb Jahre später in seinem Buch „Echte Liebe“: „Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn wir die gesamte Mannschaft ausgetauscht hätten – und nicht den Trainer. Denn so einen Trainer, das war mir klar, würden wir nie mehr wieder bekommen, gute Spieler aber schon.“
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