Diego Maradona: Die "Hand Gottes" wird 60
Diego Maradona: Die "Hand Gottes" wird 60
(sid) - Diego Armando Maradona bekommt am Freitag zu seinem 60. Geburtstag ein mehr als symbolisches Geschenk. Nach einer ewig langen Corona-Zwangspause rollt nun auch wieder in Argentiniens Liga der Fußball. Mit der „Hand Gottes“ als Trainer von Gimnasia y Esgrima La Plata in der Auftaktpartie, mit einer Zeremonie vorab als Verneigung vor dem WM-Genie von 1986.
Im Juni hatte sein Arzt noch die Glaubensgemeinde Maradonas schockiert. „Diese Pause, diese Quarantäne, die familiären Probleme sind fürchterlich für ihn“, schilderte Leopold Luque. Der ernannte Fußballgott, der mit der Rückennummer 10 vor allem in seinen goldenen 1980er-Jahren ein Wunder nach dem anderen wirkte, durchleide „in den schlimmsten Momenten Alkoholexzesse“.
„Diego existiert in keiner anderen Welt als auf einem Fußballplatz“, sagt schon immer Argentiniens Fußballdekan Cesar Luis Menotti. Und Maradona entstieg einmal mehr der Asche, arbeitete auf Laufband und Fahrradergometer Kilo um Kilo ab, spielte sich gar mit seinem Hausarzt im Garten wieder Bälle zu.
Die Angst geht weiter um
Trotz der im Juli 2019 eingesetzten Prothese im rechten Knie werden die von Arthrose gekrümmten O-Beine dennoch nie mehr die alten. Das Gehen fällt schwer, das Sitzen wird zur Gewohnheit.
Vor einem Monat tauchte er dann endlich auf, sorgte mit einem an die Plexiglasscheibe eines Raumfahrerhelms erinnernden Gesichtsschutz für Gelächter in sozialen Netzwerken, ließ sich von Stürmer Nicolas Contin umarmen, der im Nachhinein positiv auf Covid-19 getestet wurde. Am Dienstag traf es gar eine Person aus seinem Trainerstab.
Und so geht erneut die Angst um die lebende Legende um, schließlich war im August einer seiner Schwäger, Raul Machuca (77), am Virus verstorben. Was er sagt, was er macht, alles ist Nachricht. So ist es seit jenem 20. Oktober 1976, als er wenige Tage vor seinem 16. Geburtstag als Profi der Argentinos Juniors ins Rampenlicht rückte - und nie mehr raustrat.
Vielleicht hatte er nicht die Tore eines Pelé, nicht die Trophäen eines Messi, aber an seine Magie kam bisher keiner ran. Am 22. Juni 1986, heute offiziell Tag des Fußballs in Argentinien, zeigte er im WM-Viertelfinale gegen England (2:1) seine größten Tricks, schlug erst schlitzohrig mit der „Hand Gottes“ zu, erzielte dann nach einem Solo über den halben Platz an sechs Engländern vorbei das WM-Tor des Jahrhunderts.
Schüsse auf Journalisten
Im Finale von Mexiko-Stadt kam Deutschland und sein tödlicher Pass auf Jorge Burruchaga, der den einstigen Wuschelkopf mit dem 3:2-Siegtreffer endgültig auf den Thron hievte.
Maradona und die Deutschen: Vier Jahre später beim WM-Finale in Rom (0:1) endete die Geschichte anders. Bei der WM 2010 ging er als Coach der Seleccion gar mit 0:4 im Viertelfinale unter. Auf Clubebene führte er den SSC Neapel, wo sie ihn auch wegen zweier Meistertitel ewig verehren, über Lok Leipzig und Bayern München dann im Finale gegen VfB Stuttgart 1989 zum Gewinn des UEFA-Cups.
Maradona war Heißblut, verließ in Spanien 1982 seine erste WM nach einem üblen Tritt gegen einen Brasilianer mit Rot, schoss schon mal mit einem Luftgewehr auf vor seinem Haus lauernde Journalisten. Agierte oft wie aufgeputscht, wie 1994, als er mit Ephedrin gedopt seine letzte WM verspielte.
Kein Kokain, aber Alkohol
Und mehr als ein Mal hätte ihm Kokain, dem er schon 1984 in Barcelona verfiel, fast das Leben genommen. „Was Kokain angeht, ist Diego völlig clean, aber beim Alkohol hat er Rückfälle“, versichert sein Hausarzt heute. Er muss nun regelmäßig Antidepressiva nehmen, „kann nachts nicht schlafen, ist dann tagsüber todmüde“.
Der Fußball hat Maradona auf dem Platz viel gegeben, und außerhalb des Rasens noch mehr genommen. Auch familiär. Mit seiner Ex-Frau Claudia Villafane und drei weiteren Müttern seiner offiziell fünf Kinder, gar selbst mit dem Nachwuchs liegt er im ständigen Clinch.
„Der Ball und er kamen zusammen auf die Welt, wie beim Tango“, ist sich Menotti dennoch sicher. Am Freitag tanzt „el Pibe de Oro“, der Goldjunge, endlich wieder. Wegen des Virus vielleicht allein daheim. Melancholisch.
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