Endlich Legende
Endlich Legende
Lionel Messi hat das spektakuläre Duell mit Kylian Mbappé gewonnen, eine ganze Nation erlöst und steht als Weltmeister nun auf einer Stufe mit Argentiniens Fußballgott Diego Maradona. Der Superstar führte die Albiceleste im atemberaubenden Finale gegen Frankreich zum 4:2 im Elfmeterschießen, nach 120 Minuten hatte es 3:3 gestanden.
Für Argentinien ist es der erste WM-Titel seit 36 Jahren – in seinem letzten Spiel auf der größten Bühne traf Messi doppelt, löste das Versprechen ein, auf das eine gesamte Generation gewartet hatte. Er wird seine Karriere als Legende beenden. Auch im Elfmeterschießen verwandelte Messi. Torwart Emiliano Martinez hielt zudem gegen Kingsley Coman, Aurélien Tchouaméni verfehlte das Tor.
Es war Messis WM, dieses Finale allerdings prägte er gemeinsam mit Mbappé. Nervenstark erzielte Messi zunächst die Führung per Foulelfmeter (23.'), gedankenschnell leitete er den rasend schnellen Konter zum 2:0 durch Angel di Maria (36.') ein, intuitiv stand er für den Abstauber zum zwischenzeitlichen 3:2 (108.') richtig.
Mbappé allerdings dirigierte gleich zweimal Frankreichs fulminantes Comeback. Zunächst traf der Superstar innerhalb von 97 Sekunden doppelt (80.', Foulelfmeter, 81.'), das 3:3 besorgte er nach einem Handelfmeter (118.'). Am Ende war Frankreich dennoch entthront – mal wieder gelang dem Titelverteidiger kein zweiter Triumph, seit 1958/1962 (Brasilien) ist dieser Fluch ungebrochen.
Jetzt Rekordspieler
Messi dagegen hat in Katar in mehrfacher Hinsicht WM-Geschichte geschrieben: Als erster Spieler traf er in der Gruppenphase, im Achtel-, Viertel- und Halbfinale sowie im Endspiel. Zudem verlässt er die Bühne als WM-Rekordmann, mit 26 Einsätzen liegt er vor Lothar Matthäus. Er hat endlich den Titel, den es für den Legendenstatus in Argentinien braucht, er wird auf ewig als Baumeister dieses Erfolges gelten – wie Maradona 1986, wie Mario Kempes 1978.
Das Finale dieser viel kritisierten WM war zuvor schon stilisiert worden zum Duell zwischen Messi und Mbappé, zwischen jung und alt. Bei Paris Saint-Germain sind sie Teamkollegen, im Kabinengang des Lusail-Stadions begrüßten beide sich nun lächelnd – sie betraten dann mit gänzlich unterschiedlicher Grundhaltung den Rasen.
Messi blickte grimmig in Richtung des goldenen Pokals, als die Nationalhymne erklang, die gesamte Startelf sang leidenschaftlich, schrie geradezu, als wollte sie die 40.000 argentinischen Fans im Stadion noch übertönen. Als dann die Marseillaise ertönte, lächelte Mbappé, er wirkte völlig entspannt – die Szenen waren durchaus ein Vorbote dessen, was kommen sollte.
Denn schon die ersten Minuten gehörten vor 88.966 Zuschauern Argentinien. Die Südamerikaner waren bissiger, gedankenschneller, gewannen zahlreiche Zweikämpfe im Mittelfeld, kombinierten sich gefährlich nah an das Tor von Hugo Lloris. Der 35-Jährige stellte am Sonntag einen WM-Rekord für Torhüter auf, es war sein 20. Einsatz.
Wichtigster Elfmeter der Karriere
Zu Beginn bekam er trotz Argentiniens Überlegenheit kaum etwas zu tun, war beim ersten Abschluss dann aber doch chancenlos. Ousmane Dembelé hatte di Maria im Strafraum leicht, aber doch entscheidend am Fuß getroffen. Messi wirkte beim vielleicht wichtigsten Elfmeter seiner Karriere tiefenentspannt – und verwandelte sicher.
Auf der Tribüne rastete seine Familie mit Ehefrau Antonela und den drei Kindern aus, auf dem Rasen verschwand Messi unter seinen Mitspielern. Argentinien wurde nun immer selbstbewusster, der Konter über Messi, Julian Alvarez, Alexis Mac Allister und di Maria hatte geradezu entwaffnende Wucht. Es stand 2:0, di Maria weinte bereits vor Glück.
26 Tage nach der sensationellen Auftaktpleite gegen Saudi-Arabien (1:2) spielte Argentinien wie ein Weltmeister, hart und versiert zugleich, Frankreich wechselte schon in der ersten Hälfte doppelt. Marcus Thuram und Randal Kolo Muani kamen, der Weltmeister blieb dennoch lange hilflos – bis ein Foul an Kolo Muani Mbappé die Chance vom Punkt brachte. Frankreichs Ausgleich entstand dann ausgerechnet aus einem Ballverlust Messis, das Happy End gab es später dennoch.
Mit dem argentinischen Triumph endete eine WM, wie es sie noch nie gegeben hatte: in höchstem Maße umstritten, in aller Gnadenlosigkeit gepusht mit vielen Milliarden und einer Politik der warmen Hand – und ohne Rücksicht auf Ressourcen oder Menschenleben. Verlegt in den Winter wegen sonst unerträglicher Hitze. Am Ende war es: ein einziger katarischer Sieg.
Das Sportswashing des WM-Gastgebers war nach einer unruhigen ersten Woche von Erfolg gekrönt. Das Golf-Emirat bekam sein perfekt organisiertes, fröhliches arabisches, nordafrikanisches und auch südamerikanisches Fußballfest, auch wenn es austauschbar wirkte. Im Finale standen Mbappé und Messi, die Megastars von Paris Saint-Germain, das Katar gehört.
Nörgler und Moralapostel waren plötzlich jene, die noch auf Missstände verwiesen. Gianni Infantino führte es den Europäern genüsslich vor.
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