Zweite Covid-Welle: Lenert setzt auf Vorsicht und Voraussicht
Zweite Covid-Welle: Lenert setzt auf Vorsicht und Voraussicht
Derzeit steigen die Infektionszahlen wieder: Auch am Donnerstag wurden 50 Neuinfektionen gemeldet, 200 sind es bereits in dieser Woche. Von einer zweiten Covid-19-Welle wollte man aber noch nicht sprechen: Die Abgeordneten diskutierten am Donnerstag in einer von der CSV angefragten Aktualitätsstunde dennoch darüber, wie man sich darauf vorbereiten kann. Denn Experten erwarten sie im Herbst, wenn die Menschen aus dem Urlaub zurückkehren, die Schulen und die Betriebe wieder voll durchstarten und die Grippeviren zirkulieren.
"Wir sind uns einig, dass ein Shutdown der Wirtschaft und der Krankenhäuser für die normale Patientenversorgung nicht mehr möglich sein wird", sagte Claude Wiseler (CSV). "Auch Schulschließungen müssen vermieden werden - sie sind für die Bildung und die soziale Entwicklung unerlässlich und wir verstärken sonst die Unterschiede zwischen den Schülern." Seiner Meinung nach würden die Leute einen Lockdown auch nicht mehr akzeptieren.
Lenert reicht Gesetzesprojekt ein
"Es ist klar, dass wir auf die steigenden Infektionszahlen reagieren müssen. Private Partys sind inakzeptabel. Es müssen jetzt sofort klare und deutliche Empfehlungen veröffentlicht werden, damit jeder weiß, was Sache ist", forderte Claude Wiseler und verschloss sich keineswegs den von der Regierung am Mittwoch beschlossenen Verschärfungen für den privaten Bereich. Sie müssten allerdings verfassungskonform, kontrollierbar und sanktionierbar sein, damit sie im Horesca-Sektor eingehalten werden können.
Es müssen jetzt sofort klare Empfehlungen veröffentlicht werden, damit jeder weiß, was Sache ist.
Claude Wiseler
Das entsprechende Gesetzesprojekt reichte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) später im Laufe ihrer Rede ein und am kommenden Dienstag berät auch schon die Gesundheitskommission darüber.
CSV will Tracing App
Wiseler äußerte wiederum Zweifel an der Art, wie das Large Scale Testing organisiert wird. "Wir müssen die mangelnde Akzeptanz in der Bevölkerung in den Griff bekommen", forderte er. Er fragte auch, ob denn dann einen Monat lang nicht getestet würde, wenn die zweite Testphase ausgeschrieben wird und erst Ende August startet.
Im Namen der CSV wiederholte er die Forderung nach dem digitalen Tracing von Infektionsfällen mithilfe einer App. "Wenn wir das nicht vorbereiten, haben wir es nicht, wenn es gebraucht wird, weil das manuelle Tracing nicht mehr funktioniert." Wiseler stellte noch eine Reihe Fragen dazu, wie die Spitäler, die Logistik, die CSA, der ambulante Bereich, die Betten und das Personal bei einer zweiten Welle organisiert werden sollen.
Über Personalmangel in Spitälern sprechen
Für LSAP-Fraktionschef Georges Engel müsse eine zweite Welle mit allen Mitteln verhindert werden. Jeder müsse Verantwortung übernehmen und es in seinem Umfeld vorleben: Masken tragen, Distanzen einhalten, Hände waschen. "Die Strategie der Regierung ist gut, wir müssen sie alle weiter mittragen", forderte er.
Auch seine Kollegin von den Grünen, Josée Lorsché warnte: "Ein weiterer Lockdown oder eine Infektionskurve, die exponentiell steigt - beides wäre eine Katastrophe. Wenn verschiedene Kreise es nicht verstehen, muss der Gesetzgeber eingreifen. Wir müssen uns intelligent verhalten." Und die Regierung müsse über den Personalmangel in den Spitälern sprechen, forderte sie.
Analysen gefordert
"Wir brauchen Erfahrungswerte und Analysen der ersten Welle", verlangte Jeff Engelen (ADR): Wer war warum erkrankt und ist woran gestorben, wie sinnvoll waren und sind die einzelnen Maßnahmen, wie soziale Distanzierung oder Masken, war es sinnvoll alle Betrieb zuzumachen? "Wir müssen den Leuten erklären, dass sie mit den Einschränkungen leben müssen", war sein Vorschlag.
Marc Baum (Déi Lénk) wunderte sich über die "komische Diskussion", denn das Thema sollte die Vorbereitung einer zweiten Welle sein, aber keiner sage etwas dazu. Für ihn müsste man sich Gedanken machen, warum die Akzeptanz der Tests mit 25 Prozent so gering sei. Und man müsse Bilanz ziehen, ohne Vorwürfe zu machen, denn schließlich habe man absolutes Neuland betreten.
Wir sollten jetzt schon Gesetze vorbereiten und prophylaktisch schon die Gutachten einholen.
Marc Baum
"Haben wir richtig reagiert, als das Gesundheitssystem heruntergefahren wurde, gibt es andere Möglichkeiten, es aufrechtzuerhalten? Ich hoffe, darüber diskutieren zu können." Für ihn steht fest, dass ein zweiter Etat de crise nicht mehr gehe und auch die Chamber schnell die nötigen Gesetze und Maßnahmen treffen können muss. "Wir sollten von der Situation profitieren, jetzt schon Gesetze über das ganze Arsenal, das wir ja nun kennen, vorzubereiten und prophylaktisch schon die Gutachten einzuholen. Wir haben bei den Covid-Gesetzen zu lange gebraucht."
"Vorbereitungen laufen schon lange"
Lenert gab schließlich den gewünschten Überblick: "Die Vorbereitungen für die zweite Welle laufen schon lange, auch wenn sich keine abzeichnet, obwohl das Virus nachgewiesenermaßen wieder verstärkt zirkuliert. Wir bereiten uns ganz sachlich darauf vor, zu handeln."
Ich bin stolz darauf, dass wir nicht kapitulieren mussten und auf die große Solidarität.
Paulette Lenert
Sie erinnerte aber auch daran, dass die Kurve flach, die Zahl der Todesopfer gering gehalten werden konnte und keine Patienten ins Ausland verlegt werden mussten. "Ich bin stolz darauf, dass wir nicht kapitulieren mussten, keinen Materialmangel hatten und auf die große Solidarität." Von der ersten Stunde an habe jeder mitgemacht. "Das stärkt mich für die Zukunft und gibt mir Zuversicht - wir stehen heute besser da, als am Beginn der Pandemie."
Viele Strukturen sind nun aufgebaut
Ziel sei es nun, das Virus einzudämmen, denn die höheren Neuinfektionen seien nun mal da. "Die Centres de Soins Avancés, die aus dem Nichts aufgebaut wurden, haben gut funktioniert - viele andere Länder haben sie besichtigt - und sie können schnell und einfach wieder aufgebaut werden."
Man habe auch eine nationale Materialreserve, die von den Spitälern verwaltet werden soll, das Monitoring der Betten- und Intensivkapazitäten sowie der Infektionszahlen habe gut funktioniert und bestehe nun. Genau wie die Sanitärinspektion, die personell aufgestockt wurde, um das manuelle Tracing zu garantieren.
Schwachpunkt Krankenhauspersonal
"Die Personalreserve in den Spitälern bleibt der Schwachpunkt, wir sind dabei uns aufzustellen, wer wann in den Einsatz gehen kann", betonte Lenert. Man werde allerdings bei einer zweiten Welle nicht mehr alles in den Spitälern auf Covid-Patienten fokussieren. "Erste Anlaufstelle ist dann das CHL. Die Trennung zwischen den Covid- und Nicht-Covid-Patienten bleibt aber überall bestehen."
Nun werde man zunächst das Monitoring und Testen fortführen - die zweite Phase des Large Scale Testing werde vom Ministerium ausgeschrieben. "Wir haben genügend Kapazitäten, um die Tests bis dahin weiterzuführen. Die Prävalenz ist aber auch im Moment niedrig, sodass wir erst wieder ab August/September flächendeckend testen werden."
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