Zwei neue Radiosender
Zwei neue Radiosender
(ml) - Nachdem der Radiosender DNR seine Tätigkeit eingestellt hat, steckt die luxemburgische Radiolandschaft erneut im Umbruch. Anfang Januar wird die Frequenz 107,7 MHz offiziell ausgeschrieben, heißt es beim „Service des Médias“. Aus verständlichen Gründen wurde darauf verzichtet, das öffentliche Vergabeverfahren zum Jahresende zu starten. Allerdings drängt sich die Frage auf, warum die Regierung so viel Zeit brauchte, um die Ausschreibung in die Wege zu leiten.
Die Lage ist recht kompliziert, da DNR über drei regionale und eine nationale Frequenz verfügte. Auf das Filetstück, die Hochleistungsfrequenz 107,7 MHz, haben RTL und das Soziokulturelle Radio schon seit längerem ein Auge geworfen.
Die Anwärter für diese Frequenz werden knapp einen Monat Zeit haben, um ihre Kandidatur einzureichen. Anschließend wird die Aufsichtsbehörde Alia (Autorité luxembourgeoise indépendante de l'audiovisuel) ein nicht bindendes Gutachten erstellen. Erst danach wird sich der Regierungsrat damit befassen. Es ist davon auszugehen, dass zwei bis drei Monate nach Ende der Bewerbungsfrist eine Entscheidung fällt.
Fest steht: Die Kandidaten müssen einen handfesten Businessplan aufweisen können. So soll eine kurze Überlebensdauer des neuen Senders verhindert werden, betont der „Service des Médias“. Des Weiteren sollen die Anwärter ihr Konzept beschreiben und ihre Erfahrungen in dem Bereich erläutern. Sollte keiner der Bewerber dem erwünschten Profil entsprechen, sei eine zweite Ausschreibung möglich.
Dem „Service des médias“ zufolge, soll der zukünftige Sender neben Musik u.a. auch Nachrichten ausstrahlen. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass das Programm einen Mehrwert zu dem bestehenden Angebot darstelle. Bereits Anfang des Jahres hatte die Alia dem geplanten französischsprachigen RTL2 - ein Gemeinschaftsprojekt der Medienhäuser RTL und Saint-Paul – eine Absage erteilt, u.a. mit der Begründung, RTL habe gewissermaßen schon ein Monopol.
Die Frequenz 107,7 soll unter keinen Umständen dazu dienen, die Reichweite eines bestehenden Senders zu verbessern, so der „Service des Médias“. Damit dürfte auch das Soziokulturelle Radio aus dem Rennen sein.
Luxemburgische Sprache unerwünscht
Die Medienabteilung bestätigt darüber hinaus, dass die Frequenz 107,7 von einem Sender genutzt werden soll, der seine Programme vorzugsweise nicht in luxemburgischer Sprache ausstrahlt. Kritiker bemängeln, dass die Ausschreibung demnach bereits im Vorfeld auf einen französischsprachigen Sender zugeschnitten sein könnte.
Ob die RTL-Gruppe, die fast alle nationalen Frequenzen in der Hand hält, erneut ihre Fühler nach 107,7 MHz ausstreckt, bleibt abzuwarten. Prinzipiell spreche nichts gegen die Vergabe an eine marktführende Mediengruppe, heißt es beim „Service des medias“. Die Voraussetzung dafür wäre, dass mit dem neuen Sender der Pluralismus nicht in Gefahr gerate. Fraglich ist aber, ob der Grundidee des Mediengesetzes von 1992 zur Liberalisierung der elektronischen Medien in diesem Fall überhaupt noch Rechnung getragen wird.
Bei der Ausschreibung der Frequenz 107,7 soll niemand von vorne herein ausgeschlossen werden, bestätigt der „Service des Médias“. Demnach haben im Prinzip auch ausländische Sender die Möglichkeit, für die Frequenz 107,7 MHz zu kandidieren. Vorstellbar wäre z.B., dass ein ausländischer Anbieter, der an einer luxemburgischen Gesellschaft beteiligt ist, eine Kandidatur einreicht.
Nach dem Sendestopp von DNR werden nun auch die regionalen Frequenzen 94,3, 102,9 und 104,2 MHz neu aufgeteilt. Dies ist die Aufgabe der unabhängigen Alia. Seit Anfang Dezember steht fest, dass Radio Ara die Frequenz 102,9 MHz erhält, doch eine Ausschreibung dafür gab es nicht. Wer hier einen Skandal wittert, liegt jedoch falsch. Radio Ara wurde bevorzugt, da seine Frequenz 103,3 MHz seit geraumer Zeit durch NRJ im belgischen Léglise gestört wird. Dem Gesetz nach kann die Alia in solchen Fällen auf eine Ausschreibung verzichten.
Die bisherige Ara-Frequenz 103,3 MHz wird unterdessen mit den beiden ehemaligen DNR- Regionalfrequenzen 94,3 und 104,2 MHz zusammengeführt. So kann demnächst ein neuer Regionalsender auf Quotenfang gehen. Das bestehende Netzwerk ist allerdings wegen der geringen Reichweite unattraktiv. Zusammen mit dem „Institut Luxembourgeois de Régulation“ (ILR) liefen Bemühungen, das bestehende Netzwerk aufzuwerten, sagte Alia-Direktor Romain Kohn dem „Wort“.
Ziel sei es, die Reichweite zu verbessern, damit die Frequenzen von einem kommerziellen Sender genutzt werden können. Mehrere Optionen stehen zur Wahl. Einerseits könnten die Frequenzen hinter dem Komma leicht nach oben oder nach unten korrigiert werden. Andererseits könnten die Standorte der Sender gewechselt werden, so Kohn.
In beiden Fällen sei jedoch eine Absprache mit den ausländischen Behörden unumgänglich. Im Übrigen müssten alle Änderungen in einer großherzoglichen Verordnung festgehalten werden. Hier sei man auf die Hilfe der Regierung angewiesen, sagt Kohn. Aufgrund all dieser Tatsachen wird es wohl noch einige Monate dauern, bevor dieses „Dreierpack“ offiziell ausgeschrieben werden kann.
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