Zuversicht in Marrakesch
Zuversicht in Marrakesch
Schneller als erwartet ist das Pariser Abkommen zum Klimaschutz in Kraft getreten. Das darin verankerte Ziel, die Erderwärmung auf unter zwei Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen, liegt zwar noch in weiter Ferne, aber immerhin stimmt die Richtung. Bei der am Montag in Marrakesch beginnenden Klimakonferenz geht es nun darum, an diesem Fahrplan zu mehr Klimaschutz zu feilen.
Das Spitzentreffen in der marokkanischen Metropole wird wohl kaum mit einem kollektiven Freudentaumel wie beim Pariser Gipfel im Dezember 2015 enden. Marrakesch gilt als Arbeits- und Umsetzungskonferenz. Das macht diese 22. UN-Klimakonferenz nicht weniger wichtig. Nach der Vision von Paris geht es jetzt um das Kleingedruckte, um klare Regeln, wann und wie jedes Land seinen Fortschritt im Klimaschutz belegt und beschleunigt.
Paris war zwar ein Meilenstein, hat aber einen bedeutenden Makel: Der Vertrag beruht auf Freiwilligkeit. Die Länder verpflichten sich, nationale Klimapläne vorzulegen – mehr nicht. Die Ziele können weder überprüft, noch – bei Nichteinhaltung – sanktioniert werden.
In Paris wurden viele kritische Fragen auf die nächsten Jahre verschoben. Eines der heißesten Eisen, die nicht konsequent angefasst wurden, heißt „Loss and damage“. Dabei geht es um die Frage, ob Länder für Schäden und Verluste durch den Klimawandel entschädigt werden sollen. Die Industriestaaten tun sich schwer damit, ihre „historische Verantwortung“ anzunehmen, und finanziell für Schäden, wie etwa die zunehmenden Dürren in Mali oder den steigenden Meeresspiegel in Kiribati, geradezustehen. Das Zögern der reichen Länder verschont auch sie nicht vor den Folgen ihres energieverschwenderischen Lebensstils. Schon heute sind weltweit Millionen Menschen auf der Flucht vor den Auswirkungen des Klimawandels. Viele von ihnen sehen in Europa ihre rettende Insel.
In Marrakesch wird sich bald zeigen, ob der politische Schwung von Dauer ist.
Zum Glück lassen sich die Menschen und Organisationen, die gegen den Klimawandel kämpfen, nicht von wissenschaftlichen Schreckensszenarien entmutigen. Die meisten Klimaschützer sehen das Glas derzeit eher halbvoll als halbleer. Der Klimavertrag von Paris hat eine Dynamik ausgelöst, die anhält. Weitere Erfolge sind das globale Abkommen zum Verzicht auf FKW-Treibhausgase in Klimaanlagen und Kühlschränken, genau wie der erste Klimadeal in der Zivilluftfahrt. In Marrakesch wird sich bald zeigen, ob der politische Schwung von Dauer ist.
Ein Ereignis könnte den Enthusiasmus jäh zunichte machen. Am 8. November, einen Tag nach Beginn der Konferenz, wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Donald Trump, der republikanische Kandidat, leugnet den vom Menschen gemachten Klimawandel als chinesische Erfindung. Vom Pariser Abkommen könnten die USA zwar nicht mehr zurücktreten – zum Klimaschutz aber kann kein Land gezwungen werden.
Wenn Umweltministerin Carole Dieschbourg bald in das als „Perle des Südens“ bezeichnete Marrakesch reist, hat sie ehrgeizige Pläne im Gepäck. Wie Schweden hat sich auch Luxemburg im Vergleich zu den übrigen EU-Mitgliedern die prozentual höchste Last bei der Reduzierung der CO2-Menge um 40 Prozent bis 2030 aufgebürdet. Bis 2017 soll der nun schon dritte Aktionsplan ausformuliert sein, um dieses nationale Ziel zu erreichen. Spätestens dann wird es Zeit, die ökologischen Kosten und die Steuereinnahmen durch den Tanktourismus gegeneinander aufzurechnen.
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