Xavier Bettel: „Am liebsten wäre ich Premier“
Xavier Bettel: „Am liebsten wäre ich Premier“
Premierminister Xavier Bettel (DP) will es nochmal wissen. Dass der 49-Jährige hinsichtlich der Parlamentswahlen im Oktober das Amt des Premiers weiterhin anstrebt, hatte Bettel bereits im Interview mit dem „Luxemburger Wort“ bestätigt: „Ich bin voller Energie und Motivation, um weiterzumachen.“ Im RTL-Neujahrsinterview mit Moderatorin Caroline Mart bekräftigte Bettel unter anderem erneut sein Verlangen danach, auch nach den Wahlen weiterhin im Chefsessel sitzen zu wollen.
Für den Premierminister galt es mit dieser Antwort, Gerüchte zu entkräften, nach welchen Bettel einen anderen Posten etwa auf europäischer Ebene auf dem Radar haben könnte. Trotz „attraktiver Jobangebote“ sei es „unverantwortlich, instabile politische Zeiten herbeizuführen“. In der Vergangenheit habe Bettel bereits entsprechende Angebote abgelehnt - unter anderem die Stelle als Präsident des Europäischen Rats. Und das, obwohl ihm die Stelle noch vor dem jetzigen Europaratspräsidenten Charles Michel angeboten wurde. „Werde ich also die Chance nach den Wahlen haben, Premier sein zu dürfen, werde ich mein Mandat annehmen“, so die Ankündigung des Premierministers.
Wahlkampfstimmung in der Regierungsmannschaft nicht erwünscht
Trotz seiner hohen Ambitionen hinsichtlich der Chamberwahlen formulierte Bettel einen offenen Appell an seine Regierungsmannschaft, dem Wahlkampffieber Einhalt zu gebieten: „Wir haben ein Mandat bis zu den Wahlen. Ich wäre froh, wenn wir es fertigbringen, keine Wahlkampfstimmung intern in der Familie aufkommen zu lassen.“ Der Zusammenhalt in der Regierung basiere auf einem Vertrauensverhältnis, den es zu respektieren gelte. „Wir sind nämlich keine Fusion der drei Parteien. Wir haben eher drei verschiedene DNA.“
Ich wäre froh, wenn wir es fertigbringen, keine Wahlkampfstimmung intern in der Familie aufkommen zu lassen.
Premierminister Xavier Bettel (DP)
Sollten sich die Prognosen der von RTL und „Luxemburger Wort“ in Auftrag gegebenen „Sonndesfro“ bestätigen und die DP nach den Wahlen an zweiter Stelle landen, zeigt sich Bettel bereit, ein Ministeramt zu bekleiden und das des Premierministers abzugeben - sonderlich froh darüber, wäre er allerdings nicht. „Ich muss gestehen, am liebsten wäre ich Premier. Mannschaftsgeist gilt aber natürlich auch, wenn man nicht Chef ist“, sagte Bettel gegenüber Mart.
Trotz des Konkurrenz-Verhältnisses, in dem sich beide Protagonisten hinsichtlich der Wahlen befinden werden, hege er dennoch eine gute Beziehung zur aktuellen Vize-Premierministerin und der vorausgesagten Favoritin auf das Amt des Premierministers Paulette Lenert (LSAP). In der Zeit der Corona-Pandemie sei eine Freundschaft entstanden, die der Premier sehr schätze. „Ich habe die schlechten Nachrichten übermittelt und Frau Lenert hat die Menschen beruhigt. Wir waren ein gutes Duo.“
Steuerreform, Arbeitszeitverkürzung, „gedeckelter“ Index - dreimal „Nein“
Obwohl sich Bettel im RTL-Interview nicht darauf festlegen wollte, welche Themen hinsichtlich der Wahlen relevant sein könnten, gab es über die Sendezeit verstreut hier und da einen Happen für die Wähler. Arbeitszeitverkürzung, gedeckelter Index, Wohnungsbau, Steuerreform - für den Premier galt es als Regierung - vor allem aber als DP - klar Position zu den Themen zu beziehen.
Einer dieser Happen war die Frage nach einer möglichen Arbeitszeitverkürzung, die von der LSAP innerhalb der Regierungskoalition herbei gewünscht wird. Premier Bettel schien allerdings wenig Euphorie in Verbindung mit dem Thema zu verspüren. „Arbeitszeitverkürzung wird es mit uns nicht geben. Es sollte für mich weiterhin à la carte ablaufen. Wenn ich mehr oder weniger arbeiten möchte, kann ich das mit meinem Chef zusammen arrangieren.“
Was die lang herbeigesehnte Steuerreform anbelangt, die ebenfalls vonseiten der LSAP unterstützt wird, bekräftigte Bettel den Willen der DP, weiterhin in Zukunft auf einen größeren finanziellen Spielraum zu warten. Wer eine soziale Politik machen wolle, müsse sich diese auch leisten können. „Ich gehöre zu denen, die wissen, dass man vorher Geld verdienen muss, bevor man es ausgibt.“
Ich gehöre zu denen, die wissen, dass man vorher Geld verdienen muss, bevor man es ausgibt.
Premierminister Xavier Bettel (DP)
Auch gegen den gedeckelten Index stellte sich Bettel quer. Für eine Umsetzung bräuchte es eine politische Mehrheit, die aktuell nicht gegeben sei. Ebenso seien die Gewerkschaften im Moment nicht dazu bereit, das Thema anzugehen. „Die Gewerkschaften haben uns vor der letzten Tripartite gefragt, nicht über den gedeckelten Index zu diskutieren“, argumentierte der Premier, warum die Idee nicht an der Tagesordnung steht.
Telefonate mit Putin und Selenskyj - Bettel bereut nichts
Der Staatsminister teilte nebst der innenpolitischen Aktualität seine Einschätzung über den Ausgang des Krieges in der Ukraine. Aus Luxemburger Sicht wünscht sich der Premier den Fortbestand der Solidaritätswelle, die seit Anbeginn des Krieges herrscht. Das Schlimmste wäre, so Bettel, wenn die Berichterstattung hierzulande den Krieg normalisieren würde. „Ein Krieg dauert immer und wir haben eine internationale Verpflichtung, die Ukraine weiterhin zu unterstützen.“
Bettel zeigte sich zögerlich angesichts der Aussagen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dass in einem Szenario, in dem die Ukraine und Russland sich an einem Verhandlungstisch zusammensetzen würden, Russland „Sicherheitsgarantien“ benötige. „Es ist schwer. Entweder man gewinnt den Krieg oder man verhandelt. Ich bin kein Experte, ich sehe nur, dass es eine schwierige Situation ist.“ Die Hoffnung des Premiers sei es, beide Parteien würden von sich aus in Verhandlungen treten - diese Möglichkeit sei zum aktuellen Zeitpunkt jedoch unwahrscheinlich.
Entweder man gewinnt den Krieg oder man verhandelt. Ich bin kein Experte, ich sehe nur, dass es schwierige Situation ist.
Premierminister Xavier Bettel (DP)
Das Momentum für Verhandlungen sei längst überschritten worden, sagte Bettel. Und das, obwohl anfangs ein Lichtblick sichtbar gewesen sei, als er noch mit beiden Kriegsparteien in Kontakt gestanden habe. Zu den alternierenden Telefonaten mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sagt Bettel: „Ich bereue nichts.“
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