"Wirklich viel wissen die wenigsten"
"Wirklich viel wissen die wenigsten"
(Cl.F./ks) - Wie gut ist die heutige Jugend über den Zweiten Weltkrieg informiert? "Wirklich viel wissen die wenigsten", meint der Historiker Steve Kayser. Er leitet das "Centre de Documentation et de Recherche sur l'Enrôlement forché", das sich mit der Zwangsrekrutierung luxemburgischer Staatsangehöriger durch die deutsche Armee im Zweiten Weltkrieg beschäftigt.
"Der Unterschied zu meiner Generation besteht darin, dass die Großeltern der Heranwachsenden von heute mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr zu jener Generation gehören, die die Schrecken des Zweiten Weltkriegs als erwachsene Menschen am eigenen Leib zu spüren bekamen", sagt Kayser im Interview mit dem "Luxemburger Wort". "Demzufolge gibt es auch keine Zeitzeugen mehr in der engeren Verwandtschaft der Schüler, wodurch die Vermittlung der familieneigenen Erfahrungen während dieser schrecklichen Zeit arg ins Stocken geraten ist."
Der Zeitzeuge Gerd Klestadt erzählt in unserem Video von seinen Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg (in französischer Sprache):
Zeitzeugen-Aussagen sollen per Video festgehalten werden
Zwar spiele der Zweite Weltkrieg im Unterricht eine große Rolle und auch das Interesse der jungen Menschen sei da, doch fehle es unter anderem an einem angemessenen Schulbuch und aktuellem Lehrmaterial. "Letztendlich hängt es in manchen Fällen auch vom jeweiligen Lehrer ab, ob das Interesse der Schüler für dieses dunkle Kapitel der Menschheitsgeschichte geweckt wird." Kayser fordert daher, dass die Lehrpläne abgeändert werden. Es stelle sich die Frage, ob dem Zweiten Weltkrieg im Unterricht mehr Zeit eingeräumt werden müsse.
Ohne Zeitzeugen im Umfeld der Schüler sei das Bildungssystem mehr denn je gefragt, was die Vermittlung von Wissen über den Zweiten Weltkrieg anbelangt, meint Kayser. Historiker und Pädagogen müssten künftig zusammenarbeiten, um die Erinnerung wachzuhalten. "Die Technik spielt dabei eine entscheidende Rolle: Die modernen Kommunikationsmittel ermöglichen es uns heute, Dokumente aller Art überall und jederzeit verfügbar zu machen – auch oder gerade im Klassensaal. Aufzeichnungen von Interviews mit Zeitzeugen werden hier eine zentrale Rolle spielen."
Steve Kayser im Video über die Judenverfolgung in Luxemburg:
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