Wie die ADR mit der CSV eine "bürgerliche Koalition" bilden will
Wie die ADR mit der CSV eine "bürgerliche Koalition" bilden will
Stille. Tom Weidig, Präsident der ADR-Sektion Zentrum, ruft den Saal dazu auf, für verstorbene ADR-Parteimitglieder eine Schweigeminute abzuhalten. Ein Moment, der „uns näher bringt“, wie Weidig daraufhin erklärt. Nähe, das wird die ADR im Superwahljahr brauchen. „Aufregung, Enthusiasmus, Depression - es kann alles passieren. Wir werden unfair attackiert, persönlich angegriffen werden und uns manchmal nicht einig sein“, sagt Weidig seiner Partei hinsichtlich der Wahlen voraus. Und zeigt sich offensiv.
Denn beim Nationalkongress der Partei in Dommeldingen wollte die ADR nicht nur für ihre Inhalte werben. Sie wollte eine Warnung gegenüber der Konkurrenz aussprechen. „Sie sollen sich alle warm anziehen“, richtete sogar ADR-Präsident Fred Keup anderen Parteien aus. Diese Drohung in die Tat umzusetzen, ist ab Sonntag die Aufgabe des ehemaligen Lehrers. Er wurde nämlich beim Nationalkongress einstimmig zum Spitzenkandidaten der Partei für die Chamberwahlen gekürt.
„Ich bin bereit, die Verantwortung zu übernehmen“, teilte er, sichtlich gerührt von den Ovationen im Saal, den Kongressteilnehmern mit und gab sich angriffslustig: „Luc Frieden, Sam Tanson, Xavier Bettel, Paulette Lenert - sie alle fürchten sich vor den Wahlen. Wir aber freuen uns darauf.“
Grüne „Scharlatane“ und „Kaviar-Sozialisten“
Seitenhiebe, Häme, Sticheleien - den Mehrheitsparteien blieb beim Kongress der ADR keine Kritik erspart. Xavier Bettel (DP) bezeichnete Weidig als „Copy-Paste-Premier“, der es schwer haben würde, „vor all den Professoren, von denen er abgeschrieben hat, eine Rede zu halten“. Die „Kaviar-Sozialisten“ würden die Jugend in der Schule mit dem „woken Blödsinn der Gender-Ideologie“ indoktrinieren. Während Déi Gréng „Scharlatanerie“ betreiben, würde der Schöffenrat der Stadt Luxemburg Entscheidungen im „stillen Kämmerlein“ treffen und die Bürgermeisterin der Hauptstadt, Lydie Polfer (DP), im Kampf gegen die Kriminalität „massiv versagen“.
Und wie sieht sich die ADR im Gegensatz zu den politischen Gegnern? „Die ADR ist eine sympathische Partei“, gab die Präsidentin der ADR-Frauen, Sylvie Mischel, am Rednerpult zu verstehen.
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Blau-Rot-Grün und das „Establishment“ als Feindbild
Was die ADR ist, das definierte sie beim Nationalkongress aber vor allem dadurch, was sie nicht ist. Der Feind. Und das ist Gambia - das sogenannte „Establishment“, die „selbsternannte Elite“, eine „woke Minorität, die uns vorschreibt, wie wir zu reden haben, welche Wörter wir benutzen sollen und dass wir gendern müssen“, so Keup in seiner ersten Wahlrede am Sonntag. „Lasst uns in Ruhe mit 'Cancel Culture' und gendern und kümmert euch um die realen Probleme im Land.“
Luc Frieden, Sam Tanson, Xavier Bettel, Paulette Lenert - sie alle fürchten sich vor den Wahlen. Wir aber freuen uns darauf.
Fred Keup, Präsident und Spitzenkandidat der ADR
Die wahren Probleme der Bürger, das sind für die ADR unter anderem: die steigende Kriminalität im Land, die Demokratiefeindlichkeit der Regierung, die „Wachstumsfalle“, die Verbotspolitik der Regierung in puncto Klimaschutz, das Ende des Tanktourismus, der Untergang der Luxemburger Sprache oder das Ende der Monarchie.
Selbst das Thema Chancengleichheit hegt für die ADR so gewisse Probleme. „Gleichheit ist ein gefährliches Wort. Vor 90 Jahren haben die in der Sowjetunion von Gleichheit gesprochen. Wir sind aber gegen einen menschenfeindlichen Sozialismus“, echauffierte sich Keup vor der tobenden 200 Menschen starken ADR-Menge beim Kongress.
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ADR zielt auf eine „bürgerliche Koalition“ mit der CSV ab
Keup gab in seiner ersten Wahlrede für 2023 zudem den Ton an, was die Ambitionen der ADR nach Ende der Stimmenauswertung im Oktober anbelangt: Der ehemalige Geografielehrer wünscht sich eine „bürgerliche Koalition“. Mit der CSV. Weswegen auch Keup eine Botschaft für den Kandidaten der Christlich-Sozialen, Luc Frieden, in seiner Rede parat hielt: „Traue ihnen (Anm. d. Red.: Blau-Rot-Grün) nicht, Luc. Sie wollten 2013 keine Regierung mit dir bilden, sie wollen es auch heute nicht.“
Traue ihnen nicht, Luc (Frieden). Sie wollten 2013 keine Regierung mit dir bilden, sie wollen es auch heute nicht.
Fred Keup, ADR
Nur so könne sich Luxemburg von der „Seifenblasenwelt“ des Premiers Xavier Bettel und von seinen „Aposteln einer 'woken' Sekte“ befreien. Und durch den neuen Anstrich eines jungen Konservatismus, den Kandidat Fred Keup nun verkörpern soll.
Mit dem 42-Jährigen gibt sich die ADR nämlich den „jüngsten Spitzenkandidaten“, der momentan im Rennen ist und, laut Parteisprecher Fernand Kartheiser, „den mutigsten von allen“. Eine Entscheidung, die ohne große Überraschung verlief. Nach seiner Ernennung zum Präsidenten der Partei letztes Jahr war die Spitzenkandidatur Keups aus Sicht der Parteibasis der logische nächste Schritt. Für Keup geht es nun die Wahlen mit der Devise: „Wir werden Luxemburg nie aufgeben.“
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