Wahlpflicht für alle
Wahlpflicht für alle
(ml) - Am 11. Mai starten die Parteien offiziell ihre Referendumskampagne, um in den vier verbleibenden Wochen bei den Bürgern für ihre Position zu werben. Auch das Parlament will eine breite Diskussion zum Referendum lostreten. Das erste von insgesamt sechs Rundtischgesprächen findet am Freitagabend in Mamer statt.
Laut Politmonitor, den TNS Ilres im Auftrag von "Luxemburger Wort" und RTL zwischen dem 23. April und dem 3. Mai durchgeführt hat, bekunden 71 Prozent der Wähler Interesse am Referendum und der vorausgehenden Kampagne. Besonders die 18- bis 24-Jährigen schenken dem Thema viel Bedeutung. Etwas weniger groß ist die Begeisterung bei den Menschen im Alter zwischen 25 und 49 Jahren. Keine wesentlichen Unterschiede gibt es diesbezüglich beim Bildungsniveau der Befragten.
Wenig Interesse an Informationsveranstaltungen
Ob die Parteien bei ihren Diskussionsrunden viel bewirken werden, darf allerdings bezweifelt werden. Lediglich vier Prozent der Luxemburger haben bis jetzt an einer Informationsveranstaltung teilgenommen. 73 Prozent derjenigen, die den Meetings fernblieben, haben auch nicht vor, dies in den kommenden Wochen nachzuholen.
Überhaupt scheinen Politik, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände nur bedingt einen Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Wahlberechtigten zu haben. Am meisten orientieren sich die Wähler (26 Prozent ) an der Familie, den Freunden und Bekannten.
Erst danach folgen die Medien (22 Prozent) und die Partei, die man bevorzugt (18 Prozent). Die öffentlichen Veranstaltungen spielen unterdessen eine sehr unbedeutende Rolle. Nur neun Prozent der Wähler lassen sich von ihnen beeinflussen.
Um sich eine Meinung zum Referendum zu bilden, informieren sich die Wähler auf verschiedenste Weise. An erster Stelle stehen die Zeitungen (68 Prozent), gefolgt vom Radio (60 Prozent). Insgesamt greifen die Wähler häufiger auf Freunde und Bekannte als auf das Fernsehen zurück. Weniger als die Hälfte der Luxemburger nutzt die Internetseiten der Presseorgane, um beim Thema Referendum auf dem Laufenden zu sein. Weit abgeschlagen sind in dieser Hinsicht die sozialen Medien (18 Prozent) .
Mehrheit für Wahlpflicht
Luxemburg und Belgien sind die einzigen Länder in Europa, wo die Teilnahme an Wahlen nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht ist. 77 Prozent der Luxemburger befürworten dies. Bei den ausländischen Mitbürgern treten immerhin noch 63 Prozent dafür ein.
Sollte das Wahlrecht für Ausländer in die Verfassung aufgenommen werden, ist eine Mehrheit der Luxemburger der Ansicht, dass die Wahlpflicht für alle gelten müsse. Bei den Ausländern liegt dieser Wert sogar noch höher.
Atypische Situation in Luxemburg
Luxemburg ist anders als seine Nachbarn: Derzeit dürfen nur 42 Prozent der Einwohner ihre Stimme bei Parlaments- und Europawahlen abgeben. Für die Luxemburger stellt diese Tatsache jedoch ein weitaus weniger großes Problem dar als für die Ausländer. Auch bei der Frage, ob es problematisch ist, wenn die Beschäftigten aus der Privatwirtschaft in der Wählerschaft unterrepräsentiert seien, ist ein ähnlicher Trend festzustellen.
Im Großherzogtum stellt die Generation 60 plus etwa ein Drittel der Wähler dar. Nur die Hälfte der Luxemburger stört es jedoch, wenn die Wähler im Schnitt älter sind als die Gesamtbevölkerung bzw. die Angestellten aus dem Öffentlichen Dienst überdurchschnittlich stark im Stimmvolk vertreten sind.
Die Regierung will das politische Mitwirken der Bürger verstärken. Erwartungsgemäß stößt dieses Vorhaben bei den Wählern auf wenig Kritik. Jeweils drei Viertel der Befragten begrüßen die verschiedenen Formen der politischen Mitgestaltung: Referendum zu einem spezifischen Thema, Petitionen und Volksinitiativen, mit denen die Bürger Unterschriften sammeln können, damit ein Gesetzentwurf ausgearbeitet wird.
Dass Ausländer und Luxemburger nicht immer auf der gleichen Wellenlänge sind, zeigt dieses Beispiel: Angenommen sie würden mehr als zehn Jahre im Ausland leben, empfinden weniger als die Hälfte der Luxemburger das Bedürfnis, am politischen Leben und an den Wahlen dieses Landes teilzunehmen. Bei den Ausländern sind es beinahe doppelt so viele.
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