Wahlk(r)ampf
Wahlk(r)ampf
Wahlkampf in Luxemburg. Entlang der Straßen reiht sich ein Wahlplakat an das nächste. Landauf, landab tingeln die Kandidaten von Wahlveranstaltung zu Wahlveranstaltung. Dass das bisweilen mühsam sein kann, zeigt sich beim klassischen Format der Wahlversammlungen, bei denen die Kandidaten sich persönlich vorstellen und zu einem bestimmten Themenbereich die Ideen ihrer Partei erörtern – vor allem im eher dünn besiedelten Osten des Landes.
So zum Beispiel auf einer CSV-Wahlversammlung im Kulturzentrum von Wasserbillig. Der Andrang ist begrenzt. Viele Stühle bleiben unbesetzt. Zuerst werden Videos der einzelnen Kandidaten gezeigt. Die Vorträge der Kandidaten auf dem Podium dauern mehr als eine Stunde. Einzelne Zuhörer fangen an zu gähnen und blicken auf die Uhr. Mehr Geld für Kinder und Familien. Mehr Investitionen in Bildung und Forschung. Den Standort Luxemburg stärken. Steuerliche Entlastungen für die Bürger. Wahlversprechen und Wahlkampf gehören nun einmal zusammen. Anschließend können die Besucher Fragen stellen. Doch nur zwei der rund 40 Zuhörer melden sich zu Wort. Ein wirklicher Gedankenaustausch zwischen Politik und Bürgern findet nicht statt.
Erst beim „Patt“ suchen einzelne Bürger das direkte Gespräch mit den Kandidaten. Viele sind eh eingefleischte CSV-Anhänger. „Nun weiß ich aber, wem ich zwei Stimmen geben werde und wem keine“, so ein Besucher – das stark auf Personen zugeschnittene Wahlsystem Luxemburgs lässt grüßen.
Weniger ist manchmal mehr
Etwas intensiver gestaltet sich die Diskussion bei einer Wahlversammlung im Kulturcafé in Grevenmacher. In einem deutlich kleineren Rahmen machen hier die DP-Kandidaten des Ostens den Bürgern ihre Aufwartung. Die Gaststube ist voll besetzt und die Atmosphäre locker. Allein schon die geringere Distanz zwischen Kandidaten und Zuhörern sorgt für einen ungezwungeneren Austausch, im Gegensatz zu dem eher sterilen, für die begrenzte Anzahl der Zuhörer überdimensionierten Kulturzentrum in Wasserbillig – weniger ist manchmal mehr.
Zunächst präsentieren sich die Kandidaten und stellen ihre politischen Prioritäten – freilich gespickt mit zahlreichen Wahlversprechen wie etwa einem kostenlosen öffentlichen Transport – vor, gefolgt von einem munteren Frage- und Antwortspiel. Ideen und Anregungen aus dem Publikum werden von den Kandidaten bereitwillig aufgegriffen, die für jedes Anliegen natürlich eine Antwort parat haben.
Generell bieten diese Wahlveranstaltungen den weniger bekannten Kandidaten eine Tribüne, um sich beim Wahlvolk einen Namen zu machen. So schauen denn auch einige Zuhörer genau hin, wie einzelne Kandidaten auf Fragen oder Kritik reagieren.
Wie eine Wahlversammlung auch verlaufen kann, zeigen Déi Gréng, die zum Thema Mobilität ins Kulturzentrum von Biwer geladen haben. Sie erhalten von Nachhaltigkeitsminister François Bausch prominente Unterstützung. Zunächst stellen sich die Ost-Kandidaten kurz vor. Anschließend doziert Bausch über die Herausforderungen, um Mobilität trotz des Bevölkerungswachstums neu zu organisieren. Die Botschaft: Vieles wurde in die Wege geleitet, aber es bleibt noch viel zu tun, um nötige Veränderungen umzusetzen.
Doch die Zuhörer interessieren sich weniger für die großen strategischen Fragen, sondern für die konkreten Veränderungen vor Ort. Ein Beispiel: Warum fährt der Zug in Wecker derzeit weniger häufig als noch vor einem Jahr? Die Diskussionen verlieren sich oft im Klein-Klein der Lokalpolitik. Derweil Bausch versucht, ruhig und gelassen auf jede Frage eine Antwort zu geben, gehen die grünen Kandidaten unter. Erst beim anschließenden „Patt“ haben sie die Möglichkeit, mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen.
Geringe Resonanz
Eher ungezwungen verläuft der Kontakt mit den Wählern auf den „Kandidatentreffen“, wie zum Beispiel im Café „Beim Beichtstull“ in Berburg, wo die LSAP-Kandidaten das Gespräch mit den Bürgern suchen. Keine langen Reden und Vorträge, sondern ein zwangloses Zusammentreffen in der gemütlichen Atmosphäre einer Gaststätte – eine Alternative zu den Vorträgen auf klassischen Wahlversammlungen.
Dennoch hält sich auch hier der Andrang in Grenzen. Nur eine Handvoll Bürger finden sich ein. Einige interessieren sich mehr für die Fußball-Champions-League, die zeitgleich auf einem großen Fernseher übertragen wurde, als für die LSAP-Politiker.
Das Beispiel zeigt, wie schwer es ist, Menschen für den Wahlkampf zu begeistern, unabhängig vom Format der Wahlveranstaltung. Außerdem besuchen viele nur die Versammlungen der Parteien, denen sie ohnehin ihre Stimme geben wollen. Wechselwähler erreicht man so kaum. Auf Wahlveranstaltungen trifft man auch eher auf ein betagtes Publikum. Junge Menschen bilden die Ausnahme.
Von den Kandidaten wird derweil viel abverlangt. Denn neben ihrem Beruf müssen sie fast jeden Tag in die Arena. Für Familie und Privates bleibt wenig Zeit. Hinter vorgehaltener Hand geben einige zu, dass sie froh sind, wenn der Wahlkampf endlich vorbei ist.
