Vernichtendes Gutachten des Syfel
Vernichtendes Gutachten des Syfel
(DS) - Nach dem Syvicol hat nun auch der Syfel sein Gutachten zum Gesetzentwurf von Innenminister Dan Kersch vorgelegt, mit dem die Kirchenfabriken abgeschafft und der neue Kirchenfonds ins Leben gerufen werden sollen. Das Urteil des belgischen Verfassungsexperten Francis Delpérée fällt äußerst kritisch aus.
Zuerst die Verfassung und dann der Rest
Delpérée kritisiert bei der Neuordnung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirchen ganz allgemein die Vorgehensweise der Regierung. Anstatt zuerst die betreffenden Artikel 22 und 106 in der Verfassung zu ändern, habe die Regierung in einem ersten Schritt mit den Glaubensgemeinschaften verhandelt und schließlich im Januar 2015 die entsprechenden Konventionen unterschrieben. Die beiden Artikel regeln das generelle Verhältnis zwischen dem Staat und den Glaubensgemeinschaften (22), bzw. die Verpflichtungen des Staates für die Gehälter und Renten der Geistlichen und Laienhelfer (106).
„Il est pour le moins surprenant de constater que le processus constitutionnel, parlementaire et législatif, tel qu'il s'est engagé au Luxembourg a emprunté une voie qui se situe à contre-sens des procédures prescrites“, schreibt der belgische Verfassungsexperte. Und weil die Reihenfolge nicht eingehalten wurde, stelle sich die Frage, ob alle nachfolgenden Schritte überhaupt rechtens sind. Für Delpérée ist dies nicht der Fall.
Nach der Verfassungsänderungen hätten die Regierung und die Vertreter der Glaubensgemeinschaften erst in einem zweiten Schritt die Konventionen aushandeln und unterschreiben dürfen. Anschließend hätte sich das Parlament mit diesen Texten befassen müssen. Erst in einer vierten Etappe hätten schließlich all diese Vorgaben in Gesetze gegossen werden dürfen. Für Delpérée ist die Vorgehensweise der Regierung nicht akzeptabel.
Die Enteignungsfrage
Was nun die Hauptkritik des Syfel, die Enteignung der Kirchenfabriken anbelangt, verweist der belgische Rechtsexperte auf Artikel 16 der Verfassung: „Nul ne peut être privé de sa propriété que pour cause d’utilité publique et moyennant juste indemnité, dans les cas et de la manière établis par la loi“, heißt es dort.
Die Regierung hat mit dem Bistum über das Vermögen der Kirchen verhandelt und entschieden, dass die Liegenschaften in den Kirchenfonds überführt werden, obwohl weder der Staat noch das Bistums Eigentümer ist. Dies sei aber laut Verfassung nicht zulässig.
Sollte das Vermögen dennoch den Besitzer wechseln und an den Fonds gehen, müssten die Kirchenfabriken entschädigt werden. Doch von einer möglichen Entschädigung ist weder in der Konvention noch in dem Gesetzentwurf die Rede.
Unklares Statut beim Fonds
Delpérée beanstandet auch, dass es in Bezug auf die Statuten des Fonds nach wie vor keine Klarheit gibt. Einerseits werde der Fonds als eine „nationale Kirchenfabrik“ mit dem Statut einer juristischen Person öffentlichen Rechts (personne morale de droit public) dargestellt. Dann ist wieder die Rede von einer Stiftung „d'utilité publique“, also einer juristischen Person des Privatrechts, die im Allgemeininteresse handelt (personne morale de droit privé investie d'une tâche d'intéret général). Ein bisschen öffentliches Recht und ein bisschen Privatrecht sei aber nicht möglich, so der belgische Verfassungsexperte abschließend.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
