Wählen Sie Ihre Nachrichten​

Diese Websites haben Nachholbedarf bei der "User Experience"
Politik 7 Min. 17.03.2023
Digitalisierung in Luxemburg

Diese Websites haben Nachholbedarf bei der "User Experience"

Das staatliche Infoportal guichet.lu wurde bereits 2014 ins Leben gerufen. Das Design der Website hat sich seither weiterentwickelt.
Digitalisierung in Luxemburg

Diese Websites haben Nachholbedarf bei der "User Experience"

Das staatliche Infoportal guichet.lu wurde bereits 2014 ins Leben gerufen. Das Design der Website hat sich seither weiterentwickelt.
Foto: Guy Jallay
Politik 7 Min. 17.03.2023
Digitalisierung in Luxemburg

Diese Websites haben Nachholbedarf bei der "User Experience"

Emilie CHESNÉ
Emilie CHESNÉ
Luxemburg ist in Europa ein Vorreiter bei der Digitalisierung der Verwaltung. Doch selbst der Musterschüler hat noch einige Hausaufgaben zu erledigen – etwa bei der Barrierefreiheit.

„Der Papierkram nervt Sie? Steigen Sie auf digital um!“. Mit diesen Worten startete das Ministerium für soziale Sicherheit am Mittwoch eine große Kommunikationskampagne, um die Neuerungen auf seinen Websites zu bewerben. Diese digitalen Entwicklungen umfassen unter anderem die Rubrik „Online-Dienste“ auf der Website des Ministeriums, in der alle digital zugänglichen Verwaltungsvorgänge der Sozialversicherung aufgelistet sind.

Was das Ministerium als Fortschritt verkauft, ist eigentlich ein Muss. Gemäß der eGovernment-Strategie 2021–2025“ müssen alle öffentlichen Dienste in Luxemburg bei der Digitalisierung einen Zahn zulegen. Das Ziel ist es, bis 2025 eine zu 100 Prozent digitale Verwaltung zu erreichen. Davon ist Luxemburg nicht mehr weit entfernt: Im Jahr 2022 waren hierzulande bereits 92 Prozent der öffentlichen Dienstleistungen online verfügbar, wie aus der "e-Government-Benchmark" der EU-Kommission hervorgeht. 

Luxemburg erscheint sogar als einer der europäischen Vorreiter in diesem Bereich und wurde in dieser Untersuchung als drittbestes Land eingestuft.

Allerdings heißt es in der Studie auch, dass „die luxemburgischen Online-Dienste nicht im ganzen Land so weitverbreitet zu sein scheinen“. So werden digitale Dienste zwar von 79 Prozent der luxemburgischen Bevölkerung genutzt (EU: 71 Prozent). Doch bei den Internetauftritten der öffentlichen Dienste gibt es noch Raum für Verbesserungen. Man wolle sicherstellen, „dass niemand bei der Digitalisierung auf der Strecke bleibt“, beschreibt die Kommunikationsbeauftragte Paula Almeida die Aufgaben des Ministeriums für Digitalisierung.

Bedürfnisse der Nutzer im Mittelpunkt der Überlegungen

In der von der Europäischen Kommission durchgeführten Studie wurde Luxemburg insbesondere für seine Fähigkeit gelobt, die Entwicklung seiner Websites auf die sogenannte „User Experience“ auszurichten. Luxemburg erhielt für dieses Kriterium eine Bewertung von 95 Prozent, während der EU-Durchschnitt bei 88,3 Prozent lag. Um dieses Ergebnis zu erreichen, muss man allerdings wissen, was die Nutzer wollen, und sie daher direkt befragen.

Dies hat zum Beispiel die Chamber getan, indem sie ihre Nutzer in den Mittelpunkt der Neugestaltung ihrer Website gestellt hat, die im Oktober 2022 an den Start ging. „Verschiedene Nutzergruppen wurden mehrmals und in unterschiedlicher Form – Workshops, Workshops, Fragebögen – einbezogen“, sagt Sarah Brock. Die Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit des Parlaments präzisiert, dass „es sich um einen regelmäßigen Prozess handelt, den die Kammer fortsetzen wird: Die Panels werden in den kommenden Wochen erneut befragt“. 

Der direkte Kontakt mit der Abgeordnetenkammer wird auch durch eine „Ideenbox“ aufrechterhalten, die auf der Startseite der Website zu finden ist, um die Vorschläge der Nutzer zu sammeln.

„Wer sind die Nutzer auf unserer Plattform? Wer nutzt sie noch nicht? Wie können wir sie attraktiver machen?“ All diese Fragen stellten sich Philippe Herremans und sein Team von Letzshop vergangenen Jahr durch eine Umfrage bei Kunden. Das Ziel: die 2018 gestartete und unter anderem vom Wirtschaftsministerium finanzierte lokale E-Commerce-Website anzukurbeln. Das Ergebnis: „Wir haben eine Reihe von Verbesserungen im Zusammenhang mit der Navigation und dem Prozess der Produktsuche identifiziert“, so Philippe Herremans.

Zugang zu öffentlichen Informationen

Bei der Untersuchung von Letzshop.lu wurde eine spezifische Challenge ausgemacht: die Mehrsprachigkeit. „Die Nutzer geben manchmal den Namen eines Produkts auf Französisch ein, obwohl sie sich in der deutschen Version der Website befinden und umgekehrt. Wir haben daher Verbesserungen am Browser vorgenommen, damit die Seite in beiden Versionen nach dem Begriff sucht.“

Den Zugang zu Informationen zu erleichtern, ist eine der Prioritäten der befragten öffentlichen Websites. Und die Aufgabe kann sich schnell als komplex erweisen, wenn es zum Beispiel darum geht, eine Website wie guichet.lu aufzubauen. Denn dieses Portal ist die wichtigste Anlaufstelle für Bürger und Unternehmen, um die meisten ihrer Verwaltungsformalitäten zu erledigen. Es vereint nicht weniger als 500 Verwaltungsformulare, mehr als 500.000 persönliche Bereiche und etwa 1.700.000 übermittelte Vorgänge allein im Jahr 2022.

In diesem Fall „ist die Baumstruktur der Website – das heißt die Gruppierung der Vorgänge nach Themen und Gegenstand – von entscheidender Bedeutung“, sagt Dany Thielen. Das erleichtert den Internetnutzern, die Information zu finden, die sie suchen. Die Kommunikationsbeauftragte des Zentrums für Informationstechnologien des Staates (CTIE) erklärt, dass auf guichet.lu „das die Seitenvorlage für jede Beschreibung der Verwaltungsvorgänge, sei es für Bürger oder für Unternehmen, identisch ist“.

Im gleichen Bemühen um Harmonisierung stützt sich das CTIE, die die staatlichen Websites gestaltet, auf ein Bezugsmodell für Websites-Normalisation namens „Renow“. Explizite Überschriften, Kategorisierung und Hierarchisierung der Informationen, grafische Hinweise oder auch Hinweise auf Aktualisierungen sind nur einige der rund 100 Punkte, die in dieser Checkliste enthalten sind.

Verständliche Sprache statt Fachchinesisch

Wenn sich Online-Angebote an alle Bürger richten wollen, müssen sich die Betreiber auch mit der Sprachenfrage befassen – gerade in einem multikulturellen Land wie Luxemburg. Das hat kürzlich auch Letzshop.lu erkannt. „Eine der wichtigsten Erkenntnisse unserer Umfrage unter unseren Nutzern ist, dass wir fast keine Expats erreichen, die Französisch und Deutsch nicht beherrschen“, betont der Plattform-Direktor. Es war also dringend notwendig, die Seite auch auf Englisch zu übersetzen. Dies wurde Anfang des Jahres umgesetzt.

Aber selbst Texte in der Muttersprache können auf manche Bürger so kompliziert wie Chinesisch wirken. Dany Thielen von der CTIE erklärt: „Die Verwaltungssprache ist oft sehr technisch. Die Gesetze sind für einen Bürger nicht leicht zu verstehen, außerdem gibt es oft sehr spezifische Ausnahmen.“ Teil des 14-köpfigen Redaktionsteams der Website guichet.lu sind daher auch Juristen, die in der Lage sind, die Inhalte allgemein verständlicher zu formulieren.

Fast die Hälfte der öffentlichen Websites sind nicht konform  

Um wirklich von allen verstanden zu werden, müssen öffentliche Websites aber auch an Menschen mit Lese- und Sprachschwierigkeiten oder geistigen Einschränkungen denken. Die Website Guichet.lu und die Website der Abgeordnetenkammer gibt es auch in einer vereinfachten Version nach der Methode „Facile à lire et à comprendre“ (FALC) für Französisch und Leichte Sprache für Deutsch. Ein unerlässlicher Schritt, denn, so Dany Thielen, „das Anbieten von Inhalten, die für Menschen geeignet sind, die Schwierigkeiten haben, bestimmte Texte zu lesen und zu verstehen, ist ein Schritt zur digitalen Inklusion“.

Gerade in diesem letzten Punkt hinken viele öffentliche Websites aber noch hinterher. Mehr als die Hälfte von ihnen, so das Ergebnis eines Audits, das vom „Portail de l'accessibilité numérique“ der Regierung veröffentlicht wurde, haben im Hinblick auf Barrierefreiheit Verbesserungsbedarf. Zu den schlechtesten Schülern gehören die Website der Universität Luxemburg, inondations.lu oder letzshop.lu.

Im Gegensatz zur Qualität der Nutzererfahrung ist die Barrierefreiheit jedoch obligatorisch. Nach einem europäischen Rechtsakt aus dem Jahr 2015 hat Luxemburg 2019 ein Gesetz über die Zugänglichkeit von Websites und mobilen Anwendungen von Organisationen des privaten Sektors verabschiedet. Für Letzshop gibt Philippe Herremans zu, dass sie „bis 2023 nicht alles erreichen können, aber wir werden damit beginnen, eine Sitemap zur Verfügung zu stellen, die für Sehbehinderte sehr nützlich ist. Wir werden auch alle unsere Mitarbeiter für dieses Thema sensibilisieren, um es bei allen zukünftigen Entwicklungen zu berücksichtigen.“

Für eine Website wie Letzshop, die eine Punktzahl von 26 Prozent erreicht hat, ist es noch ein weiter Weg bis zur 100-prozentigen Konformität. Diese Websites haben also große Baustellen vor sich, denn die Inklusion muss in jeder Phase ihrer Entwicklung berücksichtigt werden. Kontrastreiche Farben, aussagekräftige Ersatztexte für Bilder und kohärente Titel sind in der Tat alles „Details“, die Menschen mit Behinderungen daran hindern, wie alle anderen im Web zu surfen.

Der Bericht kommt zum Schluss, dass der öffentliche Sektor bei der Barrierefreiheit mehr denn je eine Vorreiterrolle spielen muss. Die Regierung kann dieser Schlussfolgerung nur zustimmen, denn die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Websites ist in erster Linie Teil ihres öffentlichen Auftrags. Andererseits dient es als Beispiel, um auch den Rest des Landes für den „digitalen Wandel“ zu begeistern.

Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und Instagram und abonnieren Sie unseren Newsletter.


Lesen Sie mehr zu diesem Thema

Inhalte online stellen ist inzwischen eine bedeutende Dienstleistung – doch was geschieht, wenn es sich um illegale Inhalte handelt?