Unsichtbare Bedrohung
Unsichtbare Bedrohung
Das war es dann mit dem Inselstatus: Am Samstag teilten Gesundheitsministerin und Santé-Direktor mit, dass es auch in Luxemburg einen ersten Corona-Fall gibt, sodass sich das Großherzogtum nun in die Liste der vom Virus heimgesuchten Länder einreiht.
Indem sie diese schlechte Nachricht in besonnener und ruhiger Art überbringen, vermitteln Paulette Lenert und Dr. Jean-Claude Schmit, dass die zuständigen Instanzen die Lage im Griff haben. Ein starkes Signal mit Blick auf eine Bevölkerung, die aufgrund der Flut an Virusmeldungen – die von fundierten Erklärungen bis hin zu verbalen Panikattacken reichen – an Verunsicherung leidet.
Vom Optimismus- in den Realismusmodus
Wie weit diese souverän wirkende Strategie – inklusive Krisenstab und Hotline – aufrecht erhalten werden kann, hängt auch damit zusammen, ob (und wie) sich das Virus hierzulande ausbreitet. Denn wie schmal die Gratwanderung zwischen „im Griff haben“ und „außer Kontrolle geraten“ ist, erfuhr vorige Woche der deutsche Gesundheitsminister, der von einem Tag zum anderen vom Optimismus- in den Realismusmodus schalten musste – aufgrund nicht mehr nachvollziehbarer Infektionsketten.
Letztlich ist es der Globalisierung mit ihrer maximalen Mobilität geschuldet, dass die Europäer die Corona-Krise nicht mehr aus sicherer Entfernung, hinter einem geografischen Schutzschild, beobachten können. Europa ist mitten drin statt nur dabei. Anfang März 2020 haben die China-Klischees, dass eine Politik der Verschleierung, gepaart mit einer für hiesige Verhältnisse sonderbaren kulinarischen Kultur sowie ausbaufähigen hygienischen Standards die Verbreitung des Virus gefördert haben, ausgedient.
Naiv und sorglos
Dieser Tage müssen die Menschen auch in Europa gebetsmühlenartig an grundlegendste Regeln der Körperpflege erinnert werden – weil sie einen zu arglosen Umgang mit ihrem kostbarsten Gut, der Gesundheit, pflegen und dadurch zum Risikofaktor für ihre Mitmenschen werden. Im Nachhinein mag man immer schlauer sein: Rückblickend zeugt es allerdings von Naivität und Sorglosigkeit, dass im Vorfeld der Fastnachtsferien, ein traditioneller Termin massiver Mobilität, die Corona-Sensibilisierung europaweit auf Sparflamme kochte. Im krassen Kontrast dazu steht der nun angesagte Aktionismus – Beispiel Ausverkauf von Atemschutzmasken –, befeuert durch eine gewisse Hilf- und Ratlosigkeit. Denn im Zeitalter der Digitalisierung weiß zwar jeder, wie er sich gegen ein Computer-Virus wappnet, nicht aber gegen das Corona-Virus.
Dieses Virus, das eine direkte Bedrohung für die Gesundheit darstellt, bedroht indirekt – auch das ist eine Folge von Freizügigkeit und Globalisierung – die Wirtschaft. Noch kann das Ausmaß der Auswirkungen nicht erfasst werden; doch neben den betroffenen Branchen selbst – Beispiel Tourismusindustrie – sind auch hier die politischen Instanzen gefordert, „Business-as-usual“-Bedingungen zu erhalten.
Ein bisschen "Business as usual"
Wenn sich demnach Luxemburgs Finanz- und Wirtschaftsminister bis Mittwoch in Italien, zurzeit Europas Corona-Quelle Nummer eins, aufhalten, um die bilateralen Beziehungen zu pflegen, dann soll dies eben auch ein Stück Normalität vermitteln.
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