Turmes: „Luxemburg darf seine Seele nicht verlieren“
Turmes: „Luxemburg darf seine Seele nicht verlieren“
Die Entwicklung des Landes voranbringen, ausreichend Wohnraum schaffen und für eine gute Lebensqualität sorgen, ohne zu viel Fläche zu versiegeln. „Das ist kein Widerspruch“, sagte Landesplanungsminister Claude Turmes (Déi Gréng) am Dienstag bei einer Pressekonferenz, bei der er zwei Umfragen des Meinungsforschungsinstituts Ilres vorstellte. Die erste: Was bedeutet Lebensqualität für die Menschen und wie soll sich das Land entwickeln? Die zweite: Wie stehen die Bürger zur Flächenversiegelung und zum Flächenverbrauch?
Aus den Antworten geht hervor: Den Menschen ist wichtig, Natur um sich herum zu haben. Acht von zehn Befragten sind der Ansicht, dass der Flächenverbrauch gedeckelt und die Flächenversiegelung bei künftigen Bauprojekten begrenzt werden sollten. Diese Vorstellungen decken sich mit den Zielen im neuen Programme directeur der Landesplanung, das Minister Turmes im Herbst auf den Weg gebracht hat.
Das Programme directeur sieht eine sukzessive Reduzierung des Bodenverbrauchs und der Flächenversiegelung vor. Turmes zufolge werden aktuell jährlich rund 170 Hektar versiegelt. Das entspricht 240 Fußballfeldern. Bis 2035 soll die Versiegelung auf 91,25 Hektar (25 Ar pro Tag) heruntergefahren werden, 2050 soll sie bei null liegen. Um die Bodenversiegelung zu reduzieren, sollen bereits versiegelte Flächen wie beispielsweise Industriebrachen neu genutzt werden. 600 Hektar könnten so neu erschlossen werden.
„Der Luxemburger will alles“
Lebensqualität bedeutet für die Menschen neben dem Zugang zur Natur auch eine gute Verkehrsanbindung sowie Zugang zu Gesundheitsleistungen und Geschäften. Sie wollen in ruhiger Lage wohnen und es soll sauber sein. Vorschläge wie die multifunktionale Nutzung von öffentlichen Gebäuden, höheres Bauen im urbanen Raum, das Nachverdichten von bestehenden Wohnvierteln und eine stärkere Besteuerung von ungenutztem Bauland finden großen Anklang bei den Befragten.
Der Luxemburger ist sehr anspruchsvoll, er will alles.
Tommy Klein, Ilres
Auch die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum ist für viele Menschen eine Priorität, den Baulärm aber wollen sie lieber nicht vor der Haustür. Wenig begeistert sind die Menschen im Übrigen auch von der Vorstellung, auf einen Parkplatz vor ihrer Haustür verzichten zu müssen. „Der Luxemburger ist sehr anspruchsvoll, er will alles“, fasste Tommy Klein von Ilres die Umfrageergebnisse zusammen.
Claude Turmes ist bestrebt, die Wünsche Realität werden zu lassen. Dazu brauche es aber - besonders in bestehenden Wohnvierteln - eine neue Raumplanungskultur „und keine Wildwest-Entwicklung, wie wir sie derzeit haben“. Anders als bei neuen Wohnvierteln, „wo wir beginnen, richtig gut zu werden“, fehle es bei der Quartier-Renovierung an einem geeigneten Planungsinstrument, das alle Probleme (Mobilität, Zugang zu Dienstleistungen usw.) zusammen analysiert. Ein solches Planungsinstrument ist in Ausarbeitung und soll im Rahmen einer Quartier-Renovierung in Differdingen (4.000 Häuser) zum Einsatz kommen. Claude Turmes will das Projekt im April vorstellen.
Um den Wunsch der Bürger nach mehr Natur zu erfüllen, sind Turmes zufolge in drei Agglomerationsschwerpunkten (Nordstad, Zentrum, Süden) Grünflächen geplant. Im Norden sollen Parklandschaften entstehen. Im Süden des Landes, wo sich viele Industriebrachen befinden, will die Regierung ein grenzüberschreitendes Raumentwicklungsprojekt (Minett Unesco Biosphere) umsetzen. Im Zentrum ist ein Grüngürtel geplant - dort sollen durch die Straßeninfrastruktur getrennte Grünflächen wieder miteinander verbunden werden, beispielsweise mittels Überbauungen - Beispiel Bambësch in Strassen.
Keine Akzeptanz ohne Bürgerbeteiligung
Klar ist für Minister Turmes, dass solche Projekte nicht über die Köpfe der Menschen hinweg, sondern nur im Dialog mit den Bürgern umgesetzt werden können. Deshalb sollen die Bürger bei der Gestaltung mitreden und mitgestalten können. Das 3D-Kataster soll den Menschen ein Bild verschaffen, wie die Wohnviertel in Zukunft aussehen werden.
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