"Tortour oder Madame on Tour"
"Tortour oder Madame on Tour"
(ml) - In Luxemburg sind Frauen in der Politik noch immer unzureichend vertreten. Am Donnerstag befasst sich das Parlament mit der Gesetzvorlage 6892, die den Parteien die Einführung einer Geschlechterquote samt Koppelung an die Parteienfinanzierung vorschreibt. Auch auf kommunaler Ebene gilt Handlungsbedarf: Von insgesamt 105 Bürgermeisterposten werden nur 13 von Frauen bekleidet. Die Sozialisten möchten einen Beitrag für mehr Frauenbeteiligung leisten. Mit einer neuen Initiative haben sie ihrer Partei allerdings einen Bärendienst erwiesen.
"Madame on Tour - Eng Posch voller Iddien" lautet das Motto einer neuen Kampagne, die die LSAP am 24. November in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Chancengleichheit startet. Auf dem Logo ist eine rote Damentasche abgebildet, die mit einem Kussmund verziert ist. Ziel ist es, mehr Frauen dazu zu bewegen, sich an den Kommunalwahlen 2017 zu beteiligen. Ein Wohnwagen, der mit dem Slogan geschmückt ist, wird in den kommenden Tagen durch das Land fahren.
"Mir si keng Poscheketten!"
Ob das lobenswerte Ziel der Kampagne tatsächlich erreicht wird, darf bezweifelt werden. In den sozialen Netzwerken zeigen sich viele Nutzer entrüstet über das Slogan. "Madame t'emmerde oder Mir sinn keng Poschekette", ärgert sich auf Facebook Danielle Igniti. Die Leiterin des Düdelinger Kulturzentrum "opderschmelz" war früher selbst LSAP-Parteimitglied.
Inzwischen wurde ihr Facebook-Eintrag bereits mehrfach geteilt und reichlich kommentiert. Ideen befinden sich im Kopf, nicht in einer Damentasche, meint ein User. Die Kampagne sei ein Schlag ins Gesicht für all jene Frauen, die sich seit Jahren dafür einsetzen würden, um sich von derart dämlichen Klischees zu befreien.
"Der Gipfel der Ironie"
Chancengleichheit zu thematisieren und gleichzeitig eine kleine rosa Damentasche zu zeigen, sei der Gipfel der Ironie, bemerkt ein weiterer Nutzer. Die Sozialisten können vielleicht die Damentaschen bei den kommenden Wahlen als Rettungsgürtel benutzen, heißt es weiter. Auch DP-Generalsekretär Marc Ruppert hat sich auf Twitter spöttisch zu Wort gemeldet und lässt sich auf ein Wortspiel ein: "Tortour oder "Madame on tour"?
Parteichef Claude Haagen räumt gegenüber dem "Luxemburger Wort" ein, dass er nicht mit derart heftigen Reaktionen gerechnet habe. Dennoch sollte man der Sensibilisierung eine Chance geben. Im Vorfeld der Kampagne habe er sich nicht eingemischt, so Haagen. Sie sei von Frauen entworfen worden und beruhe auf einer Initiative der LSAP-Zentrumsbezirkspräsidentin Cécile Hemmen. Ob eine Werbeagentur eingeschaltet wurde, entziehe sich seiner Kenntnis.
Die Kampagne bleibe nicht unbemerkt und habe somit bereits ein Ziel erreicht, unterstreicht der LSAP-Parteichef. Den Kritikern rät er, sich selbst Gedanken zu machen, wie man eine frauenfreundlichere Kampagne gestalten könne. Trotz der Entrüstung in den sozialen Medien sieht Claude Haagen keinen Grund, die Kampagne abzubrechen.
Ziemlich bedeckt hält sich auch der LSAP-Generalsekretär Yves Cruchten. Der genaue Inhalt der Kampagne sei ihm nicht bekannt. Offensichtlich hätten die Macher Gebrauch von Stereotypen gemacht. Ob damit bewusst eine Provokation ausgelöst werden sollte, könne er nicht bestätigen, so Cruchten. Cécile Hemmen, die Initiatorin der Kampagne, war bislang noch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
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