Süden: Piraten und Grüne mit Sitzgewinn
Süden: Piraten und Grüne mit Sitzgewinn
VON NICOLAS ANEN UND LUC EWEN
Erstmals in den vergangenen 34 Jahren konnten Wähler aus dem Südbezirk kein Kreuzchen hinter den Namen Jean-Claude Juncker machen. 2013 hatte er mit 55 968 noch fast das Doppelte an Stimmen des Listenzweiten, Marc Spautz, erhalten. Diesmal fehlte er aber. Wohl einer der Gründe, warum die CSV im Süden Federn ließ.
5,33 Prozent verlor sie gegenüber 2013, was einen Sitz ausmacht. Dies hindert sie aber nicht daran, mit knapp 27 Prozent weiter stärkste Partei im Süden zu bleiben. Profilieren kann sich auf der Liste vor allem Georges Mischo. Nachdem er vor einem Jahr den Bürgermeistersitz in Esch/Alzette erobern konnte, wurde Mischo nun Drittgewählter auf der CSV-Liste – 2013 war er dort noch Zweitletzter.
Parteipräsident Marc Spautz behauptet sich an erster Stelle vor Félix Eischen. Bitter dürfte das Resultat für CSV-Generalsekretär Laurent Zeimet sein, der, wie 2013 bereits, den Sprung ins Parlament knapp verpasste.
Die Hälfte der LSAP-Gewählten kommt aus Düdelingen
Einbußen hinnehmen muss auch die LSAP. Seit 2004 (damals noch 32,25 Prozent) geht ihr Stimmenanteil im Süden kontinuierlich zurück auf heute 22,23 Prozent. Konnte sie 2013 einen siebten Sitz noch retten, ging dieser nun verloren.
Dafür ist für die LSAP aber weiterhin auf ihre Hochburg Düdelingen Verlass. Die Stadt ist neben Rümelingen die einzige Südgemeinde, in der die LSAP stärkste Kraft ist. Auffallend ist aber vor allem, dass nun die Hälfte der sechs Südabgeordneten der LSAP mit Mars Di Bartolomeo, Alex Bodry und nun auch Dan Biancalana aus Düdelingen stammen.
Jean Asselborn ist unangefochten an der Spitze. Mit 39 901 Stimmen ist er auch der Bestgewählte im Süden. Nicht zufrieden dürfte Gesundheitsministerin Lydia Mutsch mit ihrem Resultat sein. Sie landete auf dem achten Platz der LSAP-Liste.
Demokratische Partei verteidigt dritten Sitz
Ebenfalls verlieren, das tut die DP im Süden, doch hält sich dieser Verlust in Grenzen. So kann die Demokratische Partei den dritten Sitz, den sie 2013 gewonnen hatte, verteidigen. Dafür wird sie sich wohl auch bei Pierre Gramegna bedanken können. Der Finanzminister, der sich zum ersten Mal dem Wähler stellte, wurde auf Anhieb Listenerster und überholte damit Claude Meisch.
Der Bildungsminister verlor gegenüber 2013 fast 7 000 Stimmen. Was aber immer noch für den zweiten Platz auf der DP-Liste reichen sollte. Nicht mehr gewählt ist hingegen Fraktionssprecher Eugène Berger. Er ist vom zweiten auf den vierten Platz gerutscht.
Déi Gréng: Traversini kämpft sich nach vorne
Gewinner im Süden sind Déi Gréng. Die Partei gewinnt fast fünf Prozent hinzu, was einen dritten Sitz bedeutet. Auffallend ist hier vor allem, dass der Differdinger Bürgermeister Roberto Traversini, 2013 noch Drittgewählter, an Josée Lorsché vorbeigezogen ist und mit ihr den Platz getauscht hat. An Felix Braz führte, wie bereits 2013, kein Weg vorbei.
Fred Keup zieht nicht ins Parlament ein
Ebenfalls gewonnen, wenn auch nur leicht, hat die ADR. Ein Prozent mehr reicht aber nicht, um den erhofften dritten Sitz zu erhalten. Sodass Fred Keup, der Drittgewählter wurde, den Einzug ins Parlament verpasst.
Status quo heißt es für Déi Lénk. Wieder ist der Bestgewählte Marc Baum. Auf dem zweiten Listenplatz gibt es aber eine kleine Überraschung. Diesen konnte Myriam Cecchetti für sich gewinnen. Die einstige Déi-Gréng-Politikerin dürfte, aufgrund des Rotationsprinzips der linken Partei, in der Hälfte der Mandatsperiode nachrücken.
Die Kleinen außen vor
Keine Rolle spielen die kleinen Parteien. Während die KPL auf 1,78 Prozent zurückfällt, schafften es die beiden neuen Parteien, Demokratie und Déi Konservativ, nicht über die Einprozentmarke.
Die Piraten und die Partei-Hochburgen im Süden
Die Überraschung des Abends geht zweifelsohne an die Piraten. Nicht nur, dass sie ihren Stimmenanteil gegenüber 2013 verdoppeln konnten, sondern sie konnten vor allem einen Sitz im Parlament gewinnen. Dieser geht an den Spitzenkandidaten, den Petinger Marc Goergen.
Die Gemeinde Petingen ist damit nicht mehr nur eine CSV-Hochburg, sondern auch eine der Piratenpartei. In der Gemeinde, in der zwei Piraten auf der Ratsbank sitzen, ging mehr als jede zehnte Stimme (11,85 Prozent) an diese Partei. Die wird somit bei den Chamberwahlen viertstärkste Kraft vor der DP und hinter Déi Gréng, LSAP und CSV in Petingen. Letztere erreicht dort 29,99 Prozent der Stimmen.
Grüne Hochburg in Differdingen
In Differdingen, wo Déi Gréng unter Bürgermeister Roberto Traversini bei den Kommunalwahlen 2017 einen Erdrutschsieg hingelegt hatten und von drei auf sieben Sitze im Rathaus gestiegen waren, steigern die Grünen auch bei den Chamberwahlen ihr Resultat gegenüber vor fünf Jahren. Dies von 8,82 auf 17,91 Prozent und sie werden in der ehemaligen DP-Hochburg somit drittstärkste Partei hinter LSAP und CSV. Differdingen kann somit nun endgültig als Hochburg von Déi Gréng betrachtet werden.
Was die LSAP-Hochburgen angeht, so fällt in Düdelingen auf, dass Bürgermeister Dan Biancalana hinter seinem Vorvorgänger Mars Di Bartolomeo und Jean Asselborn, aber vor seinem Vorgänger Alex Bodry gewählt wurde. Auch auffällig: Musiker John Rech schafft es in seiner Heimatstadt auf den vierten Platz, vor Schöffin Claudia Dall'Agnol.
Die Nachwehen des Streits um die Umgehung von Niederkerschen
Im Korntal war neben den Gewinnen von Déi Gréng und den Piraten bei den Kommunalwahlen in Differdingen und Petingen, auch der Streit zwischen den Gemeinden Sassenheim und Käerjeng über die Umgehungsstraße von Niederkerschen im Vorfeld der Wahlen viel kommentiert worden. So hatte es in diesen beiden Gemeinden einen parteiübergreifenden Konsens gegeben. Im Rathaus in Beles (Sassenheim) gegen das Projekt der Umgehung und in dem in Niederkerschen (Käerjeng) dafür.
Was Sassenheim angeht, so scheint ihr Abstimmungsverhalten den beiden Schöffenratsmitglieder und LSAP-Abgeordneten nicht geschadet zu haben. Bürgermeister Georges Engel und Schöffin Simone Asselborn-Bintz hatten in der Chamber vor der Abstimmung zum Gesetz der Umgehung den Saal demonstrativ verlassen, um sich dem Fraktionszwang zu entziehen.
Andere Wahlverhalten in Sassenheim und Käerjeng
In Sassenheim ist Georges Engel, nach Jean Asselborn, Zweitgewählter auf seiner Liste, in Käerjeng dagegen nur Zehnter. Simone Asselborn-Binz ist in Sassenheim Dritte, in Käerjeng nur Zwölfte. Umgekehrt ist der Umgehungsstraßenbefürworter, Yves Cruchten, in Sassenheim nur Zehnter auf der LSAP-Liste, in Kaerjeng aber Zweiter.
Der Käerjenger Bürgermeister, Michel Wolter, ist in seiner Heimatgemeinde mit Abstand Erstgewählter auf der CSV-Liste, als Befürworter der Umgehung schafft er es in der Nachbargemeinde Sassenheim aber lediglich auf den sechsten Platz. Es scheint also klar, Umgehungsstraßenbefürworter haben es in Sassenheim schwerer als in Käerjeng und was die Gegner betrifft, so ist es halt umgekehrt.
Nur in Dippach gewinnt die LSAP Prozentpunkte hinzu
Doch der Fortsatz dieser Umgehung war auch ein Thema in Dippach. Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass als einzige Südgemeinde nur in Dippach die LSAP keine Prozentpunkte verliert, sondern im Vergleich zum Resultat von vor fünf Jahren von 19,73 auf 21,39 Prozent steigt.
Das könnte als Verdienst der dortigen Bürgermeisterin Manon Bei-Roller angesehen werden, die als Erstgewählte in ihrer Gemeinde auf der LSAP-Liste für eine Fortsetzung der Umgehung von Niederkerschen um Schouweiler und Dippach herum einstand. In diesem Zusammenhang war sie heftig von der Lëscht vun de Bierger, einer Lokalpartei die bei den Kommunalwahlen den Einzug ins Rathaus geschafft hatte, kritisiert worden. Das scheint ihr zumindest bei den Chamberwahlen in ihrer Heimatgemeinde nicht geschadet zu haben.

