Staatsanwaltschaft prüft Vorwürfe der Impfdrängelei
Staatsanwaltschaft prüft Vorwürfe der Impfdrängelei
Noch ist die Kritik an der Affäre um die frühzeitige Impfung der Verwaltungsratsmitglieder der Hôpitaux Robert Schuman (HRS), Jean-Louis Schiltz, Michel Wurth und Claude Seywert, nicht verstummt, und schon sorgt mit dem früheren Wirtschaftsminister Henri Grethen (DP) ein weiterer Ex-Politiker für Aufregung. Wie der Radiosender 100,7 am Montag berichtete, hat Grethen in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Hospices Civils der Hauptstadt, am 19. Februar das Vakzin von einem der mobilen Impfteams erhalten.
Das Pikante daran: Zu dem Zeitpunkt war die Affäre um Schiltz, Wurth und Seywert längst bekannt und es war klar, dass die Mitglieder der Verwaltungsräte nicht prioritär geimpft werden sollen. Der Direktor der Santé, Dr. Jean-Claude Schmit, hatte dies nach den Enthüllungen des Radiosenders 100,7 klargestellt.
Wie zuvor Jean-Louis Schiltz verteidigt auch Henri Grethen, der ebenfalls Vorsitzender der President Fondation Kräizbierg ist, seine frühzeitige Impfung mit seiner erforderlichen physischen Präsenz in den Häusern. Er habe sich auf Wunsch der Direktion impfen lassen, erklärte Grethen gegenüber RTL.
Grethen entschuldigt sich
Am Dienstag entschuldigten sich Henri Grethen und die Direktion der Hospices civils der Stadt Luxemburg schließlich offiziell für die vorgezogene Impfung. In einer Pressemitteilung heißt es: „Le président de la commission administrative et la direction des Hospices civils de la Ville de Luxembourg s'excusent pour la vaccination précoce de Monsieur Grethen.“ Man habe zu keinem Zeitpunkt den Bewohnern oder anderen Personen eine Impfung vorenthalten wollen.
Die Verantwortlichen der Hospices civils verweisen in ihrem Schreiben ebenfalls darauf, dass sie seit dem Beginn der Pandemie alles daran gesetzt haben, um die Bewohner und die Mitarbeiter zu schützen.
Ein Fall für den Staatsanwalt
Der Abgeordnete Sven Clement (Piraten) will es nicht dabei belassen und hat sich in einem Brief an die Generalstaatsanwältin Martine Solovieff gewandt, um sie von den Vorfällen in Kenntnis zu setzen. Er bezieht sich dabei auf Artikel 23 (2) der Strafprozessordnung, der besagt, dass Staatsdiener, aber auch Mandatsträger, die Kenntnis von einer möglichen Straftat oder eines Deliktes haben, verpflichtet sind, den Vorfall bei der Staatsanwaltschaft zu melden: „Es geht um Gerechtigkeit. Wenn wir wollen, dass die Menschen Vertrauen in den Rechtsstaat haben, können wir nicht wegsehen, wenn einzelne Leute sich vordrängeln“, erklärt Sven Clement auf Nachfrage.
Wenn wir wollen, dass die Menschen Vertrauen in den Rechtsstaat haben, können wir nicht wegsehen, wenn einzelne Leute sich vordrängeln.
Der Impfstoff gehöre dem Staat, der seinerseits eine Konvention mit den einzelnen Krankenhäusern und Senioren- oder Behinderteneinrichtungen abgeschlossen habe, so Clement weiter. In den nun bekannt gewordenen Fällen hätten sich die Kliniken aber nicht an die Vorgaben gehalten.
Keine Einzelfälle
Der Abgeordnete geht davon aus, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt. Eigenen Aussagen nach haben sich in den vergangenen Tagen mehrere Personen bei ihm gemeldet, um ihn über Unregelmäßigkeiten bei der Impfreihenfolge zu informieren. Namen will Clement nicht nennen. Nur so viel: Es gibt seinen Informationen zufolge Fälle von Vordrängelei in fast allen Häusern.
Auf Nachfrage bestätigte der Pressesprecher der Justiz, dass die Generalstaatsanwältin die Informationen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet hat. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass eine Voruntersuchung in die Wege geleitet wird, um zu prüfen, ob die Verfehlungen schwerwiegend genug sind, um eine Untersuchung einzuleiten. Mögliche Anklagepunkte wären „Vertrauensbruch“ (Abus de confiance) beziehungsweise „Vorteilsnahme“ (Prise illégale d'intérêts).
Konkret bedeutet dies wohl, dass die Staatsanwaltschaft zunächst prüft, was überhaupt in der Konvention steht, die der Staat mit den einzelnen Einrichtungen abgeschlossen hat. Bislang ist das Dokument noch nicht publik. Erst wenn der Inhalt bekannt ist, kann auch untersucht werden, ob ein überhaupt ein Straftatbestand vorliegt.
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