Sonndesfro: DP im Aufwind, Déi Gréng im Abwind
Sonndesfro: DP im Aufwind, Déi Gréng im Abwind
Die Corona-Krise hat das Wahlverhalten in Luxemburg verändert. Zwar nicht so stark wie das in anderen Ländern der Fall ist, dennoch zeichnen sich im Vergleich zu den Wahlergebnissen 2018 und zur Sonntagsfrage vom November 2019 deutliche Abweichungen ab.
Wenn am Sonntag Wahlen wären, ginge die DP als klarer Sieger hervor. Déi Gréng würden Federn lassen und die LSAP, die seit Jahren in der Gunst der Wähler verliert, könnte sich stabilisieren. Bei den Oppositionsparteien gewinnen ausschließlich Déi Lénk an Zustimmung. Alle anderen verlieren, allen voran die CSV. Zu diesem Ergebnis kommt die Sonntagsfrage, die von TNS Ilres zwischen dem 8. und 24. Juni 2020 im Auftrag des „Luxemburger Wort“ und RTL durchgeführt wurde.
Zunächst zum großen Gewinner. Die DP kommt bei der Erhebung auf 20,6 Prozent Zustimmung. Das ist ein Plus von 3,1 Prozent im Vergleich zu den Wahlen 2018 und ein Plus von vier Prozent im Vergleich zur Sonntagsfrage vom November 2019. Die LSAP kann sich nach dem Umfragetief von 2019 erholen und kommt auf 16,4 Prozent. Déi Gréng waren mit 15,1 Prozent der Stimmen der große Gewinner bei den Wahlen 2018, sie legten in der Gunst der Wähler im November sogar noch einmal zu (15,9 Prozent) und sacken nun auf 13,4 Prozentpunkte ab. Die CSV fällt mit 27,5 Prozent unter das Niveau von 2018, die ADR und die Piraten ebenfalls. Einzig die Linken legen um 2,3 Prozentpunkte zu.
CSV verliert zwei Sitze
Die Eigenarten des luxemburgischen Wahlsystems können zur Folge haben, dass auch geringfügige Verschiebungen beim Stimmenanteil Auswirkungen auf die Sitzverteilung haben. Bei der CSV führt das Minus von 1,4 Prozentpunkten im Vergleich zu 2018 zu einem Verlust von zwei Sitzen. Die größte Oppositionspartei käme auf 19 Mandate. Die Piraten verlieren einen Sitz, die ADR bleibt bei vier Sitzen, nachdem sie bei der Umfrage im November auf sechs Mandate gekommen war. Déi Lénk gewinnen einen Sitz dazu und wären mit drei Abgeordneten im Parlament vertreten.
DP gewinnt drei Sitze
Bei der DP reicht das Plus von 3,1 Prozent für drei zusätzliche Mandate. Mit 15 Sitzen hätte sie nur vier Mandate weniger als die CSV. Das wäre exakt das Verhältnis von 1999, als beide eine Koalition bildeten. Die LSAP behält ihre zehn Sitze trotz leichtem Stimmenverlust. Die Grünen kommen nur noch auf acht Sitze. Damit hätte die DP sieben Mandate mehr als die Grünen. Heute sind es drei Sitze Differenz.
Bei der Erhebung vom November hatte die Dreierkoalition ihre Mehrheit verloren. Dank der DP erreicht Blau-Rot-Grün jetzt eine komfortable Mehrheit von 33 Sitzen. Die einzig mögliche Zweierkoalition wäre eine Regierung aus DP und CSV mit 34 Mandaten.
Déi Gréng: eine Partei, die polarisiert
Bei der TNS-Ilres-Umfrage wurden die Wähler aufgefordert, die Arbeit der Regierung und der Opposition zu bewerten. Auf einer Skala von -5 (sehr schlecht) bis +5 (sehr gut) gaben die 1.811 Befragten der Regierung die Note 1,4. Das ist eine Steigerung im Vergleich zur Umfrage im Oktober 2019 (1,3). Vor den Wahlen im Juni 2018 wurde die Arbeit der Regierung sogar mit 1,6 bewertet.
Die gute Bewertung von damals verdankte die Regierung den Grünen, deren Arbeit mit 1,4 Punkten bewertet worden war. Im Oktober 2019 zeigte sich ein ganz anderes Bild. Déi Gréng, die über die Traversini- und die Datenschutzaffäre gestolpert waren, kamen nur noch auf 0,9 Punkte und erreichen jetzt den Wert Null. Das ist ein Minus von 1,4 Punkten in zwei Jahren.
Nun sind es die Liberalen, denen die Regierung die gute Bewertung verdankt. Die DP konnte ihren Wert von 1,0 (2018) auf 1,1 (2019 und 2020) steigern und hat damit den besten Wert aller Parteien. Die LSAP liegt bei 0,7 (2019: 0,8; 2018: 1,0) und die CSV bei 0,2 (2019: 0,3; 2018: 0,7). Die anderen Oppositionsparteien haben negative Werte, wobei die ADR mit -1,2 das schlechteste Ergebnis erzielt. Déi Lénk verschlechtern sich von 0,1 (2019) auf -0,5 Prozent, was allerdings im Widerspruch steht zu dem Stimmen- und Sitzzuwachs der Partei bei der Sonntagsfrage (siehe Grafik oben). Von der Arbeit der Opposition als Ganzes halten die Wähler nicht viel, wie man der Note Null entnehmen kann (2019: 0,2; 2018: 0,6).
Besonders gut bewertet wird die Arbeit der Regierung von Wählern im Wahlbezirk Zentrum (1,6), von den über 65-Jährigen (1,7) und den Frauen (1,6). Diese Ergebnisse decken sich mit denen der DP.
Bei der Einschätzung der Arbeit der Grünen gehen die Meinungen weit auseinander. Es sind vor allem die Jungwähler, die ihre Arbeit wertschätzen (0,6). Die 45- bis 54-Jährigen vergeben die Note -0,6. Die Frauen bewerten sie mit 0,3, die Männer mit -0,3. Grüne Politik kommt bei den hohen Einkommensschichten gut an (0,6), in den unteren Einkommensschichten ist man anderer Meinung (-0,3). Keine andere Partei hat derart auseinanderdriftende Werte.
Ausschlaggebend für den Sinkflug der Grünen ist die Tatsache, dass ganze 14 Prozent ihre Arbeit sehr schlecht (-5) bewerten, was mit Ausnahme der ADR (20 Prozent) bei keiner anderen Partei der Fall ist. Ein Wähler von sieben lehnt die Politik der Grünen demnach komplett ab.
Wer sind diese Wähler? Sie kommen vor allem aus dem Norden: 18 Prozent der Wähler im Nordbezirk haben die Note -5 vergeben. Es sind die über 45-Jährigen: 20 Prozent der 45-bis 54-Jährigen haben die schlechteste Note vergeben. Abgelehnt wird die grüne Politik vor allem von männlichen Wählern (17 Prozent) und von den unteren Einkommensschichten (20 Prozent). In den oberen Einkommensschichten lehnen immerhin noch neun Prozent der Wähler Déi Gréng rigoros ab.
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