So soll sich die Armee bis 2035 entwickeln
So soll sich die Armee bis 2035 entwickeln
Sieben Prinzipien, acht Zielsetzungen, sieben Herausforderungen: So lassen sich die Leitlinien der luxemburgischen Verteidigungspolitik bis 2035 in drei Zahlen resümieren. Heute hat Minister François Bausch (Déi Gréng) das 72-seitige Dokument den Mitgliedern des zuständigen parlamentarischen Ausschusses vorgestellt.
Die Überarbeitung der Leitlinien aus 2017 ist zum einen dem veränderten internationalen Kontext, insbesondere dem russischen Überfall auf die Ukraine und der Destabilisierung der Sahel-Zone, wo Luxemburgs Armee bis Ende 2022 engagiert war, geschuldet. Zum anderen bezieht das Papier Stellung zur NATO-Strategie aus dem Herbst 2021 und liest sich wie eine Zusammenfassung bereits in die Wege geleiteter beziehungsweise angedachter Verteidigungsprojekte, beispielsweise das von der NATO verlangte belgisch-luxemburgische Bataillon, das ab 2028 einsatzbereit sein soll.
Geradezu sehnsüchtig wartet man beim Militär auf das überarbeitete Armeegesetz, das den Spielraum in puncto Einstellungen und Laufbahnen erweitert.
Das binationale Bataillon beschreibt beispielhaft die große Herausforderung der Armee: die personelle Aufstockung. Soll die Einheit rund 700 Streitkräfte umfassen, bedeutet dies für Luxemburg, dass eine weitere Kompanie zusammengestellt werden muss. Geradezu sehnsüchtig wartet man beim Militär auf das überarbeitete Armeegesetz, das den Spielraum in puncto Einstellungen und Laufbahnen erweitert. „Seit zwei Jahren lässt das Gutachten des Staatsrates auf sich warten“, gab Minister Bausch gestern zu bedenken – und hofft dennoch vor Ende der Legislaturperiode auf grünes Licht im Parlament.
Mit Blick auf die Herausforderungen von morgen ist zudem wichtig, Personal mit den geeigneten Profilen und Qualifikationen zu rekrutieren, beispielsweise im Bereich der Cyber-Verteidigung, wo Luxemburg unter anderem eine Cyber Defence Cloud und eine Cyber Range betreiben will. Die anderen drei Bereiche sind die klassischen Verteidigungsfelder zu Land und in der Luft, sowie die Weltraumpräsenz - und dort in erster Linie der Kommunikationssatellit GovSat und der Beobachtungssatelliten LUXEOYSys (dessen Finanzierung hohe politische Wellen schlug).
Neben dem Personal stellt das Budget die zweite hohe Herausforderung der Verteidigungspolitik dar. Bis 2028 sollen die Investitionen auf ein Prozent oder knapp eine Milliarde Euro gesteigert werden; davon sollen zwei Prozent in die Forschung fließen. Die NATO verlangt von ihren Mitgliedern einen Aufwand von rund zwei Prozent, gemessen am BIP; derzeit liegt Luxemburg bei 0,71 Prozent (573 Millionen Euro).
Ein beachtlicher Investitionsfaktor sind die betagten Infrastrukturen: Für 183 Millionen Euro wird das Militärzentrum auf dem Härebierg modernisiert; die Instandsetzung des Munitionsdepots in Waldhof kostet 81,5 Millionen Euro. Die Erneuerung des Fuhrparks ist bereits in die Wege geleitet: Im September 2022 setzte François Bausch seine Unterschrift unter jenen Vertrag, mit dem sich die Armee den Erwerb von 80 Aufklärungsfahrzeugen sichert. Kostenpunkt: 367 Millionen Euro.
Zwei Aspekte, die dem Minister am Herzen liegen
Die Leitlinien behandeln auch zwei Punkte, die dem Verteidigungsminister besonders am Herzen liegen. Einerseits der Klimawandel, der nunmehr auch Bestandteil der NATO-Strategie sei, wie Bausch betonte. Die luxemburgische Armee will ihren Beitrag leisten und bis zum Ende des Jahrzehnts 45 Prozent CO2 einsparen; bis 2050 werden Netto-Null-Emissionen angestrebt. 2022 wurde erstmalig der Emissionswert ermittelt und kompensiert.
Andererseits die Nutzung der künstlichen Intelligenz zu militärischen Zwecken – Stichwort tödliche autonome Waffen. Vor rund zwei Wochen fand zu dem Thema eine hochrangige Konferenz an der Uni Luxemburg statt. Bis zum Sommer will der Minister ein Papier mit „roten Linien“ vorlegen, das technologische, völkerrechtliche, deontologische und ethische Aspekte behandelt.
Auch wenn in den Leitlinien das Prinzip der dualen Nutzung zurückbehalten wird, so ist das Militärkrankenhaus, das noch auf die vorige Legislaturperiode und den damaligen Ressortminister Etienne Schneider (LSAP) zurückgeht, zurzeit keine Option. Der Ball liege bei der Santé, die die Vorgaben formulieren müsse, so François Bausch. Luxemburg will stattdessen ein sogenanntes „Medical Surgical Team“ formieren, das NATO-Vorgaben entspricht.
Zu den Prinzipien, an denen sich Luxemburgs Verteidigungspolitik orientiert, gehören das Bekenntnis zum Multilateralismus und zur Transatlantischen Allianz und, damit zusammenhängend, die Solidarität, beispielsweise durch die Entsendung von Soldaten. Konkret zeigt sich dies heute durch die Beteiligung an den „Enhanced Vigilance Activities“ der NATO: Seit März sind 27 luxemburgische Soldaten in Rumänien stationiert; die Kampfverbände sollen die Ost-Flanke des Bündnisses absichern. In Litauen engagiert sich Luxemburg derweil bis Ende 2025 an der „Enhanced Forward Presence“-Mission der NATO.
Darüber hinaus sollen die internationalen Verteidigungsanstrengungen gemäß der „Pooling“- und „Sharing“-Methoden auf viele Schultern verteilt werden - so wie dies heute schon bei den A400M-, Awacs- „Multi Role Tanker Transport“-Flotten der Fall ist. Und Luxemburgs Verteidigungspolitik bleibt eingebettet in die sogenannte „3D“-Außenpolitik des Landes: „Diplomatie, Development, Defence“.
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