Sexuelle Gewalt in Luxemburg kein Einzelfall
Sexuelle Gewalt in Luxemburg kein Einzelfall
(ml) - "Die Zukunft gestalten" heißt die jüngste Studie des UNICEF-Forschungszentrums Innocenti, die am Donnerstag offiziell vorgestellt wird. Forscher haben in 41 Industrieländern die Lage der Kinder aus der Perspektive der nachhaltigen UN-Ziele analysiert. Beim internationalen Vergleich wurden insgesamt 25 Indikatoren erfasst. Das Wichtigste vorneweg: Jedes fünfte Kind lebt in einer relativen Armut, jedes achte weist Defizite in der Nahrungsmittelversorgung auf.
Von den 41 untersuchten OECD- und EU-Staaten erzielt Norwegen die besten Ergebnisse, danach folgen Deutschland und Dänemark. Rumänien, Bulgarien und Chile bilden das Schlusslicht. Luxemburg rangiert an 14. Stelle und liegt somit im ersten Drittel der erstellten Rangliste. Aus dem luxemburgischen Blickwinkel betrachtet, fallen die Ergebnisse sehr unterschiedlich aus.
Trauriger Rekord
Die Gewalt, die Erwachsene auf Minderjährige ausüben, scheint in Luxemburg besonders ausgeprägt zu sein. Laut Unicef-Studie geben 13 Prozent der Frauen im Alter zwischen 18 und 29 Jahren an, dass sie vor ihrem 15. Lebensjahr mindestens einmal Opfer von sexueller Gewalt gewesen seien. Die Quote ist doppelt so hoch wie der internationale Durchschnittswert. Besorgniserregend für Luxemburg ist auch diese Zahl: Nahezu ein Drittel der befragten Frauen behauptet, vor dem 15. Lebensjahr wenigstens einmal körperliche Gewalt erlitten zu haben, die von einem Erwachsenen ausging.
Der Unicef-Bericht forscht nicht nach den Ursachen der Gewalt. Die Tatsache, dass sexuelle und physische Übergriffe in den einzelnen Ländern aufgrund der kulturellen Gegebenheiten unterschiedlich eingestuft werden, könnte eine mögliche Erklärung für das schlechte Abschneiden Luxemburgs sein. Zudem ist davon auszugehen, dass hierzulande die Frauen offener über das Thema reden als dies in manch anderen Ländern der Fall ist, meint Jan Vandemoortele, der an der Unicef-Studie mitgewirkt hat.
Ein Viertel der Kinder lebt in Armut
Ein leidiges Problem bleibt die Kinderarmut. Auch hier schneidet Luxemburg im internationalen Vergleich schlecht ab: Rund ein Viertel der Kinder im Alter zwischen 0 und 17 Jahren leben in einem Haushalt, dem weniger als 60 Prozent des Durchschnitteinkommens zur Verfügung steht.
"Diese Tendenz wirkt sich negativ auf den sozialen Zusammenhalt aus", unterstreicht die Direktorin von Unicef Luxemburg, Sandra Visscher. Bei der Umverteilung des Reichtums gebe es noch viel Luft nach oben. Noch immer würden derzeit vielen Jugendlichen Chancen verbaut. Viele von ihnen bekämen im späteren Berufsleben die Folgen davon zu spüren. Dank der Sozialtransfers kann die Armutsquote immerhin um 40Prozent verringert werden.
Hohe Luftverschmutzung
Auch bei der Bekämpfung der Luftverschmutzung im urbanen Raum ist das Großherzogtum ins Hintertreffen geraten. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge darf ein Kubikmeter Luft maximal zehn Mikrogramm Feinstaub enthalten. Laut der jüngsten Unicef-Studie wird hierzulande der Grenzwert um drei Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten. Die hohe Luftverschmutzung habe insbesondere bei Kindern verheerende Folgen für die Gesundheit, betont Sandra Visscher.
In anderen Bereichen kann Luxemburg hingegen punkten. Lediglich 2,4 Prozent der 15- bis 19-Jährigen besuchen keine Schule, nehmen nicht an einer Ausbildung teil und sind auch nicht berufstätig. Der Durchschnittswert der 41 Industriestaaten liegt bei 7,1 Prozent. Nur sechs Prozent der Minderjährigen in Luxemburg stammen aus einem Haushalt, in dem alle Erwachsene erwerbslos sind.
Geringer Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen
Zudem leiden hierzulande verhältnismäßig wenig Jugendliche unter Alkoholsucht. 5,3 Prozent der 11- bis 15-Jährigen gibt zu, im vergangenen Monat mindestens einmal unter dem Einfluss von Alkohol gestanden zu haben. Seit Jahren ist der Trend in Luxemburg rückläufig. Des Weiteren sind auch Teenagerschwangerschaften sowie die Kindersterblichkeit im Vergleich zu den anderen Ländern eine Seltenheit.
Die Unicef-Studie ruft die Regierungen dazu auf, die Kinder bei der Umsetzung der nachhaltigen Ziele verstärkt in den Vordergrund zu stellen. Außerdem wird dazu aufgerufen, zusätzliche Anstrengungen bei der Bereitstellung von verlässlichem Zahlenmaterial zu machen.
Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und Instagram und abonnieren Sie unseren Newsletter.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
