Sam Tanson: „Wir schaffen die allgemeine Datenspeicherung ab"
Sam Tanson: „Wir schaffen die allgemeine Datenspeicherung ab"
Künftig sollen personenbezogene Daten im Bereich der elektronischen Kommunikation nicht mehr generell gespeichert werden. Bislang ist dies nämlich der Fall, weshalb sich Luxemburg in der Vergangenheit mit mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) konfrontiert sah. Nun wird der nationale Rechtsrahmen angepasst. „Wir schaffen die allgemeine Datenspeicherung ab“, sagte Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng) bei der Vorstellung des entsprechenden Gesetzesprojektes am Mittwoch. Genauer geht es um „die Abschaffung des Prinzips der allgemeinen und undifferenzierten Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten, so wie sie bisher in den Artikeln 5 und 9 des Telekom-Gesetzes vorgesehen sind“.
Unter gewissen Bedingungen dürfen Daten auch weiterhin gespeichert werden, wenn zum Beispiel eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit besteht.
Sam Tanson, Justizministerin
Von der Regel zur strikten Ausnahme
„Die personenbezogene Datenspeicherung wird unter strikten Vorgaben zur Ausnahme und ist nicht mehr die Regel. Damit tragen wir den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs in Bezug auf die Vorratsdatenspeicherung, die als nicht verhältnismäßig erklärt wurde, Rechnung. Unter gewissen Bedingungen dürfen Daten aber auch weiterhin gespeichert werden“, erklärte die Ministerin, die auf die Herausforderungen in diesem Kontext hinwies: einerseits den Schutz der Privatsphäre, andererseits die nationale Sicherheit zu garantieren und gegen schwere Kriminalität vorzugehen. „Es geht darum, das Gleichgewicht zwischen diesen beiden Missionen zu finden, die wir als Staat haben.“
Das nun vorliegende Gesetzesprojekt hat lange auf sich warten lassen, immerhin geht das erste Urteil des EuGH auf das Jahr 2014 zurück. „Luxemburg hat lange dafür plädiert und auch darauf gehofft, dass eine europäische Lösung gefunden wird, immerhin beschränkt sich Kriminalität oft nicht nur auf einen Mitgliedstaat. Einheitliche Regeln und eine harmonisierte Herangehensweise wären sinnvoll gewesen, jedoch gehen die Meinungen je nach Mitgliedstaat zu weit auseinander“, gab Sam Tanson zu bedenken und erinnerte daran, dass es in dem Gesetzesprojekt um die sogenannten Verkehrs- und Standortdaten – demnach rein um Metadaten – gehe und nicht etwa um den Inhalt von Telefongesprächen, sondern vielmehr darum, „wer mit wem um wie viel Uhr telefoniert hat“. Das strafrechtliche Verfahren hinsichtlich des Abhörens von Telefongesprächen sei strenger geregelt.
Wichtige Informationen im Fall einer schweren Straftat
Bis dato werden diese Daten von den Betreibern grundsätzlich sechs Monate gespeichert. „Wenn die Polizei im Rahmen einer Untersuchung im Kontext einer schwerwiegenden Straftat wie einem Mordfall wissen will, wen das Opfer kurz vorher noch angerufen hat, können sie auf Anordnung der zuständigen Autoritäten diese Daten bei den Telefonbetreibern anfragen. Nach den rezenten Urteilen des Europäischen Gerichtshofs ist dieses generalisierte Speichern aller Verkehrs- und Standortdaten nicht mehr möglich. Mit diesem Gesetzesprojekt werden striktere Bedingungen festgelegt“, präzisierte die Ministerin. Der Zugang zu den Daten durch die Polizei und den Geheimdienst sei durch den EuGH nicht infrage gestellt.
Allgemeine Speicherung von IP-Adressen bleibt
Die Telekom-Anbieter dürfen also nicht mehr wie bisher alle Metadaten speichern. „Eine der Ausnahmen für generalisiertes Speichern von Daten gilt für Situationen, in denen eine ernste Bedrohung für die nationale Sicherheit besteht. Die allgemeine Speicherung von IP-Adressen bleibt für eine begrenzte Zeit ebenfalls möglich. Bestand hat auch die generalisierte Speicherung von Identifizierungsdaten der Nutzer von elektronischen Kommunikationsmitteln. Das gezielte Zurückbehalten von Daten anhand eines geografischen Kriteriums beispielsweise ist erlaubt. Eine weitere Ausnahme ist der sogenannte ,Quick Freeze‘, also die umgehende Sicherung von Daten ab einem gewissen Moment (Anm. d. Red: zum Zweck der Strafverfolgung)“, listete Tanson auf.
Piratepartei: „Freifahrtschein, um Daten zu sammeln“
Die Piratepartei spricht sich in einer Mitteilung für die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung aus. Es sei nicht verhältnismäßig, dass die privaten Daten einer ganzen Bevölkerung „wie mit dem Staubsauger aufgesaugt werden“. „Dat digitaalt Bréifgeheimnis, de Schutz vun der Anonymitéit an d'Onscholdsvermuddung mussen an engem demokratesche Rechtsstaat héichgehale ginn“, so die Piraten, die zwar begrüßen, dass die Regierung den genannten Urteilen nun endlich Rechnung tragen wolle, den Gesetzesentwurf aber nicht als Verbesserung sehen. Es handele sich weiterhin um einen Freifahrtschein, um Daten zu sammeln. „Et riskéiert een, dass d'Kommunikatioun op alternativ Plattformen (Dark Web) ausweecht“, warnt die Piratepartei vor möglichen Nebeneffekten, die nicht mehr kontrolliert werden könnten.
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