Regierung bleibt hart
Regierung bleibt hart
(mig) - Etwas mehr als anderthalb Stunden dauerte die Anhörung der Bürgerinitiative "Fir de Choix" am Mittwoch vor den Mitgliedern der zuständigen parlamentarischen Ausschüsse und Bildungsminister Claude Meisch. Kurz vor der Sitzung hatten rund zwei Dutzend Anhänger der Initiative vor dem Parlamentsgebäude mit Protestplakaten auf ihr Anliegen aufmerksam gemacht.
Die Bürgerbewegung setzt sich für den Erhalt der Wahlfreiheit zwischen Religions- und Werteunterricht ein und hat seit Dezember über 25.000 Unterschriften gesammelt. Am Mittwoch hatten die Initiatoren die Gelegenheit, ihre Argumentation vor den Ausschussmitgliedern und dem zuständigen Minister vorzutragen.
"Einige Abgeordnete, wie Eugène Berger, Claude Adam oder auch Minister Claude Meisch gaben uns zu verstehen, dass sie unsere Argumentation nachvollziehen können, dennoch rückt der Minister nicht von seiner Position ab", sagten die Vertreter der Bürgerinitiative nach dem Treffen.
Die Sprecherin der Initiative, Marcia Dechmann, wirft der Regierung vor, sich auf keine Diskussion einzulassen, "nicht über den Zeitpunkt der Einführung des Werteunterrichts, nicht darüber, ob der Werteunterricht in der Grundschule oder im Secondaire eingeführt werden soll, nicht über den Vorschlag eines Religionenunterrichts, nicht über die Möglichkeit einer Dispens für Schüler, die außerhalb der Schule einen Religionsunterricht besuchen. Wo bleibt da der Dialog?", so Dechmann. "Wir haben 25.000 Unterschriften, wir haben gute Argumente, doch der Regierung ist das letztlich alles völlig egal."
Position der Regierung
Bildungsminister Claude Meisch sieht die Sache anders. Beim Modell nach der Vorstellung der Regierung habe der Schüler die Wahl, sich dank der Wissensvermittlung im einheitlichen Werteunterricht für eine eigene Wertestruktur zu entscheiden. Die Möglichkeit, sich mit allen religiösen und nicht-religiösen Weltanschauungen auseinanderzusetzen, habe er im aktuellen zweigleisigen System nicht, sagte der Bildungsminister.
CSV: "Mehrheit zwingt Menschen ihre Wahl auf"
Nach Ansicht von CSV-Fraktionschef Claude Wiseler geht die Regierung beim Werteunterricht ähnlich vor wie bei der Familienpolitik mit der Abschaffung der Erziehungs- und Mutterschaftszulage. "Sie nimmt den Menschen die Möglichkeit, sich für das eine oder andere zu entscheiden." Das Argument, die Wahl bestehe darin, religiöse Bildung im privaten Raum stattfinden lassen, sei inakzeptabel, so Wiseler. "Die Mehrheit trifft ihre Wahl und zwingt den Menschen diese Wahl im Bereich Werteunterricht wie in vielen anderen Bereichen auf. Das ist nicht korrekt."
Alles in allem habe die Sitzung an der Haltung der Regierung nichts geändert. "Selbst der aus historischer Sicht außergewöhnliche Vorschlag der Glaubensvertreter von vergangener Woche sich zusammenzutun, um einen kollektiven Religionenunterricht anzubieten, wurde innerhalb einer halben Stunde vom Schreibtisch gefegt mit dem Verweis, es stehe nicht im Regierungsprogramm. Das ist nicht in Ordnung", so Wiseler.
Ausarbeitung des Unterrichtsprogramms
An der Ausarbeitung des Unterrichtsprogramms werden laut Claude Meisch sowohl Religions- als auch Ethiklehrer beteiligt werden. Um zu gewährleisten, dass die Diskussionen in ruhigen Bahnen verlaufen, werden in der Programmkommission noch zwei Experten aus dem Religions- und dem Ethikbereich sowie ein Moderator hinzugezogen. Zur Rentrée 2016/17 soll der neue Werteunterricht anlaufen.
Eine Freistellung vom Werteunterricht für Schüler, die außerhalb der Schulzeit einen Religionsunterricht besuchen, kommt für den Minister nicht in Frage, weil: "Wir bieten jungen Menschen die Möglichkeit, ihre Werte herauszubilden. Wir zwingen niemandem Werte auf. Somit sehe ich keinen Anlass für eine Dispens."
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