Regierung bereitet das Land auf Covid-Welle vor
Regierung bereitet das Land auf Covid-Welle vor
Lange mussten die Abgeordneten am Montag warten, bis die Regierung die Gesetzestexte über die neuen Einschränkungen (s. unten) vorlegte, die der Regierungsrat am Freitag beschlossen hatte. Zu den bereits bekannten Maßnahmen kam nun noch dazu, dass sich in Geschäften mit einer Verkaufsfläche von 400 qm oder mehr nur noch ein Kunde pro zehn qm aufhalten darf. Einkaufen gehen soll kein Spaß-Event mehr sein.
Um 16.30 Uhr wurden die Abänderungen an den Gesetzen verschickt, um 17 Uhr traf sich der parlamentarische Gesundheitsausschuss und um 19.30 Uhr trat Gesundheitsministerin Paulette Lenert vor die Presse, um auf die Kritiken zu antworten. Vor allem die nächtliche Ausgangssperre zwischen 23 Uhr und sechs Uhr stößt auf Unverständnis.
„Das gab es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr, das ist ein No-Go“, ärgerte sich Marc Baum (Déi Lénk), „Damit steht jeder unter Generalverdacht und es wird nicht gezielt dort interveniert, wo Probleme bestehen. Es macht keinen Sinn und ist unverhältnismäßig zur Zielsetzung.“
Die Situation in den Schulen, beim Schülertransport und überhaupt im öffentlichen Transport, wo die Menschen sehr eng aneinander stehen, sei dagegen kein Thema. Baum wies die Ministerin auch darauf hin, dass das Verbot von Ansammlungen von mehr als 100 Personen die verfassungsrechtliche Versammlungsfreiheit aushebelt und hier noch nachgebessert werden muss.
Widersprüche und Inkohärenzen
Es sei auch widersprüchlich, die Leute aufzufordern, zu Hause zu bleiben und dennoch den Horesca-Sektor geöffnet zu lassen. Am meisten ärgerte ihn, dass die Regierung sich so gar nicht vorbereitet hatte, obwohl klar war, dass im Herbst eine zweite Welle kommt. „Es gab keine Gesetzestexte, keine Stufenpläne - die Regierung hat die letzten vier bis fünf Monate nicht genutzt und das ist fahrlässig.“
„Wo bleibt der Beweis, dass eine generelle Ausgangssperre etwas bringt?“, fragte auch Sven Clement (Piraten), der sich über die mangelnde Kohärenz bei den Abstands- und Masken-Regeln für die Cafés und Restaurants, für die Öffentlichkeit und in den Schulen ärgerte. Die Ausgangssperre werde er nicht mittragen.
CSV: „Es müssen Restriktionen kommen“
Die CSV wird dagegen die neuen Restriktionen mittragen. „Für uns ist es wichtig, dass schnell härter durchgegriffen wird. Uns fehlen aber noch weitere Maßnahmen, wie eine allgemeine Maskenpflicht in den Schulen und im öffentlichen Transport Regeln, um überfüllte Transportmittel zu verhindern“, sagte Fraktionschefin Martine Hansen.
Für uns ist es wichtig, dass schnell durchgegriffen wird.
Martine Hansen, CSV
Da man den Text erst eine halbe Stunde vor der Sitzung erhielt und in der Diskussion erst kennenlernte, wird er am Dienstag in der Fraktion im Detail durchgenommen. „Für uns gibt es noch offene Fragen bei den Ansammlungen und der Sitzpflicht, wenn es mehr als zehn Personen sind. Was ist, wenn man sich nicht setzen kann?“
Paulette Lenert rechtfertigt die späten Änderungen
Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) erklärte dann im Detail, warum nicht schon früher reagiert worden war. „Wir haben den Leuten die ganze Zeit über schon viel abverlangt und waren verglichen mit dem Ausland auf einer ganz vorsichtigen Schiene.“
„14 Tage zuvor waren noch alle Indikatoren stabil“, machte sie geltend. Rückblickend wäre es Spekulation gewesen, Maßnahmen zu ergreifen und das hätte uns in Erklärungsnot gebracht.„ Heute müsste dagegen auf absolute Vorsicht übergegangen werden, um die Kurve, die noch nicht exponentiell ist, innerhalb der nächsten drei Wochen zu stabilisieren. “Wir wollen nicht mehr abwarten."
Minimum an Strafe 100 Euro
Lenert nannte es einen „Paradigmenwechsel, dass wir versuchen, die Bewegungen und Interaktionen zurückzuschrauben. “Wir wollen ein Maximum an Normalität erhalten, wollen keinen Lockdown, können aber auch nicht einfach weitermachen." Sie sprach von einer doppelten Vorsicht, dass neben der Sitzpflicht und der Distanz von zwei Metern auch noch die Maskenpflicht gilt, wenn mehr als zehn Personen sich treffen.
Was die Sanktionen anbelangt, so steigen die Strafen saftig an: Das Minimum wird von 25 auf 100 Euro erhöht. Die Spannbreite für Fehlverhalten der Bürger liegt künftig bei 100 bis 500 Euro. „Wir führen keine neue Kategorie ein, aber die verstärkte Maskenpflicht, die Sitzpflicht mit Maske, die Sperrstunde und die Regelung in den großen Einkaufsläden kann nun auch zu Strafen führen.“
CNS bereitet dritte Phase vor: Mehr Flexibilität für Spitäler
Die CNS teilte am Montag mit, dass sie den Krankenhäusern alle Flexibilität gibt, ihr Personal in der zweiten Welle nach Bedarf einsetzen zu können: Erhöhung der Grenzen der Personalstärke, Wechsel zwischen Abteilungen, Mobilisierung, etc. Es wird zudem der gesamte Gesundheits- und auch Pflegesektor mobilisiert und eine konstruktive Zusammenarbeit im gesamten Sektor aufgebaut. Das sei unumgänglich, zumal die Rekrutierung außerhalb der Grenzen nicht mehr denkbar ist.
Die CNS entbindet die Krankenhäuser von allen administrativen Aufgaben, die von Pflegepersonen geleistet werden, um diese für die Betreuung der Patienten freizustellen. Gemeinsam mit der Agence eSanté und in Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern, der Ärzteschaft und den Pflegenetzwerken wird an Lösungen für die Telemedizin gearbeitet, um Hospitalisierungen von Patienten, die kein Krankenhaus brauchen im häuslichen Rahmen zu ermöglichen.
Arbeitsminister erhöht Arbeitszeit
Auch Arbeitsminister Dan Kersch (LSAP) bringt Gesetzesänderungen ein: Die gesetzliche Maximal-Arbeitszeit für das Personal in bestimmten öffentlichen und halb-öffentlichen Sektoren, wie in der Pflege, in Laboren oder in Kinderbetreuungsstrukturen wird auf 60 Stunden pro Woche und zwölf Stunden pro Tag erhöht.
Das sei erforderlich, weil es alarmierende Anzeichen gibt, dass sich mehr und mehr Arbeitnehmer im Gesundheitssektor mit Covid-19 anstecken oder in Quarantäne sind. Es sollen nun auch private Betriebe die Möglichkeit bekommen, Personal für den öffentlichen Dienst abzustellen - wie die Luxair beispielsweise Leute für das Tracing. Am Montag stellte Kersch die Maßnahme, die bis 31. Dezember gelten soll, in der Beschäftigungskommission vor.
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