Reding: "Tendenz steigender Ungleichheiten"
Reding: "Tendenz steigender Ungleichheiten"
(stb) - In dem von der Arbeitnehmerkammer veröffentlichten Sozialpanorama 2016 werden die steigenden Inegalitäten zwischen jenen, die auf der oberen Einkommensstufe stehen, und jenen, die auf der unteren Einkommensstufe stehen, untersucht. Anlässlich der Vorstellung des Sozialpanoramas am vergangenen Donnerstag stellte Jean-Claude Reding, Präsident der Arbeitnehmerkammer, diesbezüglich fest: „Es gibt eine Tendenz steigender Ungleichheiten in der Gesellschaft.“
Die Steuerpolitik sei ein Instrument, um den wachsenden Inegalitäten entgegenzuwirken. Die Entlastung von Gering- und Mittelverdienern ist auch ein Anliegen der geplanten Steuerreform der blau-rot-grünen Koalition. So verkündete Premierminister Xavier Bettel (DP) bei der Vorstellung der Reform am 29. Februar, dass man „endlich Gerechtigkeit in das Steuersystem“ bringen wolle. Vizepremier Etienne Schneider (LSAP) sprach ebenfalls von einer „beispiellosen Umverteilung der Steuerlast“.
Verringerung der Ungleichgewichte durch Steuerreform?
„Die angekündigte Steuerreform könnte einen positiven Einfluss auf die wachsenden Inegalitäten haben“, äußerte sich Jean-Claude Reding vorsichtig optimistisch. „Es ist ein Schritt in die richtige Richtung.“ Der Präsident der Arbeitnehmerkammer bedauerte allerdings, dass Kapital weiterhin steuerlich begünstigt wird zu Lasten der Besteuerung von Einkommen. Denn die Besteuerung von Kapital sei ebenfalls ein wichtiges Element zur Bekämpfung von Ungleichheiten.
Tatsächlich werden durch die geplante Steuerreform die unteren und mittleren Einkommen spürbar entlastet. In der Praxis sollen die höheren Steuersätze erst später greifen und die Steuerkredite für Alleinerziehende, Arbeitnehmer und Rentner werden erhöht. Dadurch werden alle Einkommensschichten bis zu einem Jahreseinkommen von rund 215 000 Euro entlastet. Ab dieser Schwelle müssen die Steuerzahler durch die Einführung einer abgeschwächten „Reichensteuer“ mehr Steuern an den Fiskus abtreten.
Ob die geplante Steuerreform die in den letzten Jahren wachsenden Inegalitäten zwischen Gering- und Spitzenverdienern tatsächlich verringern kann, müssen aber erst künftige Erhebungen zeigen.
Schere geht auseinander
Im Sozialpanorama 2016 hat die Arbeitnehmerkammer das Verhältnis zwischen dem verfügbaren Einkommen von Spitzenverdienern (obere 20 Prozent) und dem verfügbaren Einkommen von Geringverdienern (untere 20 Prozent) untersucht. Steigt der Wert, geht die Schere zwischen Gering- und Spitzenverdienern auseinander.
2014 war Luxemburg eines der wenigen Länder, in denen der Wert im Vergleich zu 2013 leicht nach unten gegangen ist von 4,6 auf 4,4, obwohl zeitgleich der Wert innerhalb der EU-15 von 4,9 auf 5,2 gestiegen ist. Somit bekleidet Luxemburg die achte Position. In Frankreich ist ebenfalls ein leichter Rückgang zu verzeichnen von 4,5 auf 4,3 im Vergleich von 2013 zu 2014. In Deutschland ist der Wert von 4,6 auf 5,1 gestiegen. In Belgien ist der Wert im gleichen Zeitraum konstant geblieben und liegt bei 3,8.
Im Langzeitvergleich kann man für Luxemburg aber feststellen, dass die ungleiche Einkommensverteilung zwischen Gering- und Spitzenverdienern seit Ende der 90er-Jahre zugenommen hat. Die Werte sind allerdings starken Schwankungen unterworfen.
Armutsrisiko
von kinderreichen Familien
Die geplante Reform des Kindergeldes sieht eine Vereinheitlichung vor. Künftig wird ein Einzelbetrag von 265 Euro pro Kind ausbezahlt. Bisher stiegen die Beträge progressiv mit der Anzahl der Kinder. Gegen diese Neuausrichtung des Kindergeldes hatten die Gewerkschaften heftige Bedenken geäußert, da dadurch kinderreiche Familien benachteiligt würden.
Um die Arbeitnehmervertreter zu besänftigen, hat die Regierung Mitte März beschlossen, dass der Wert des Kindergeldes und der Chèques-services alle zwei Jahre untersucht und je nach Bedarf nach oben angepasst wird. Seit 2006 wurden die Beihilfen für Familien nicht mehr an die Inflation angepasst. Diese Desindexierung wurde von den Gewerkschaften als „schleichende Entwertung“ gebrandmarkt. Mit den geplanten Anpassungen kommt die Regierung den Forderungen der Gewerkschaft entgegen.
Ob dies aber ausreicht, um dem Armutsrisiko kinderreicher Familien entgegenzuwirken, ist fraglich. Aus dem Sozialpanorama 2016 geht hervor, dass im Zeitraum von 1998 bis 2014 das Einkommen von Familien mit drei oder mehr Kindern im Vergleich zum Durchschnittseinkommen der Gesamtbevölkerung um 1,6 Prozent zurückgegangen ist. Die Vereinheitlichung des Kindergeldes könnte diese Ungleichheiten noch weiter verstärken.
Hinzu kommt, dass das Armutsrisiko von Familien mit drei oder mehr Kindern von 1997 bis 2014 von 20 auf 32,4 Prozent gestiegen ist. Die von der Arbeitnehmerkammer angeprangerte Tendenz steigender Ungleichheiten zu Lasten kinderreicher Familien scheint also nicht aus der Luft gegriffen.
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