Presserevue: Wir sind keine Helden
Presserevue: Wir sind keine Helden
(ml) - Luxemburgs Verwaltungskommission trug während des Zweiten Weltkriegs eine Mitschuld an der Deportation der Juden, heißt es in dem Bericht, den die Experten um Historiker Vincent Artuso verfasst haben.
"Die hässliche Seite der Geschichte", so die Schlagzeile im "Tageblatt". Der ehemalige LSAP-Abgeordnete Ben Fayot, der dazu beitrug, dass die vorige Regierung den Bericht in Auftrag gab, begrüßt es, dass die von Jean-Claude Juncker erwähnte "Grauzone" dabei ist zu verschwinden. Wenn Luxemburg mehr als nur gezwungenermaßen mit den Besatzern zusammengearbeitet hat, sei eine Entscheidung seitens der Regierung an die Opfer und deren Nachkommen angebracht, so Fayot.
Steve Kayser, der Direktor des "Centre de documentation et de recherche sur l'enrôlement de force", schlussfolgert: "Der Mythos 'Luxemburger waren alle Resistenzler' ist nun vorbei. Es gibt seriöse Indizien, denen man nachgehen muss", so Kayser. Dies sei keine "Erinnerungspflicht" sondern eine "geschichtliche Pflicht".
Vieles bleibt noch zu tun, sagt der Historiker Vincent Artuso dem"Tageblatt": "Es gibt noch immer 900 Menschen, die im Krieg aus Luxemburg verschwanden und von denen bislang jede Spur fehlt. Es wäre interessant, ihr Schicksal zu verfolgen." Claude Wolff hofft in ihrem Kommentar, "dass dem Artuso-Bericht das zweifelhafte Schicksal jener Untersuchung erspart wird, die Experten zwischen 2002 und 2009 über die Plünderung jüdischen Besitzes erstellten. Ihre Schlüsse wurden zwar veröffentlicht, jedoch nie diskutiert oder gar ausgewertet."
"Tabu-Bruch" titelt das"Wort". Es sei nie zu spät, meint Dani Schumacher in ihrem Kommentar. Die historische Aufarbeitung habe spät eingesetzt. Vielleicht komme sie gerade noch rechtzeitig. Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit würden in Europa schon wieder "üppige Blüten" treiben". Der Artuso-Bericht belege, dass sich die Verwaltungskommission allzu bereitwillig den Befehlen des Gauleiters untergeordnet hat:
"Nein wir sind keine Helden. Jetzt haben wir es schwarz auf weiß.(...) Das Verstörende an dieser Erkenntnis ist, dass sie 70 Jahre auf sich warten ließ und erst zu einer Zeit möglich wird, in der es immer weniger Zeitzeugen gibt. Das Thema Kollaboration wurde zwar nicht verschwiegen, aber bis dato fast ausnahmslos an den 'Gielemännercher' festgemacht."
Der"Journal" spricht von unbequemen Wahrheiten. Der Artuso-Bericht sei ein wichtiger Meilenstein. Das Dokument werfe viele neue Fragen auf, denen man nachgehen müsse, z.B. was genau mit den Gütern geschah, denen die Juden beraubt wurden. Es bleibe abzuwarten, wie die Politik mit dem Bericht umgehen wird, betont Claude Karger:
"Es wäre ein starkes Signal, wenn die Chamber am Ende geschlossen dem Regierungschef das Mandat erteilen würde, sich öffentlich für die Beihilfe von Luxemburger Verwaltungen an der Vernichtung der jüdischen Bevölkerung zu entschuldigen. Noch stärker das Signal, wenn er das im Beisein des Staatschefs täte."
"Der Dschungel der Sporttrainer", so der Aufmacher im "Quotidien". Das Umfeld der Coaches und Personal Trainers sei in Luxemburg überhaupt nicht reglementiert, betont Thomas Nielsen, der Präsident der Vereinigung der Sporttrainer. Deshalb gebe es viel Spielraum für verdächtige Praktiken. Dies stelle ein großes Problem für die öffentliche Gesundheit dar. In Luxemburg könne jeder, ohne Diplom und Anerkennung, sich als Sporttrainer ausgeben. Dem Sportministerium sei das Problem seit einem Jahr bekannt. Bisher habe es jedoch nichts dagegen unternommen.

