Paulette Lenert: "Luxemburg hat sich recht gut geschlagen"
Paulette Lenert: "Luxemburg hat sich recht gut geschlagen"
Fünf Monate nachdem die Regierung den Ausnahmezustand verhängen musste, zieht Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) eine positive Bilanz: Luxemburg habe sich um Umgang mit der Corona-Pandemie bislang recht gut geschlagen, betonte sie am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz. Auf der Habenseite verbucht sie die geringe Sterblichkeitsrate von „nur“ 17 Todesfällen pro 1.000 Covid-Erkrankungen. In Deutschland sind es beispielsweise 42, in Belgien 132 und in Frankreich gar 158.
Positiv sei auch die gute medizinische Betreuung der Covid-Patienten, die schnelle Umorganisation des gesamten Gesundheitssystems, die Versorgung mit dem nötigen medizinischen Material sowie die systematische Isolierung der Infizierten.
Auf der „roten Liste“ mit den negativen Punkten notiert die Gesundheitsministerin die Einschränkungen bei den Grundfreiheiten, die zeitliche Verschiebung von medizinischen Interventionen während der akuten Phase, das Lockdown, das für viele Menschen schwer zu ertragen war und das gravierende wirtschaftliche Einbußen zur Folge hatte sowie die Schließung der Schulen.
Testen, testen, testen
„Wesentlicher Bestandteil der Pandemiebekämpfung sind und bleiben die Teststrategie sowie das Tracing“, erklärte die Gesundheitsministerin. „Weltweit hat kein anderes Land so intensiv getestet wie Luxemburg.“ Das erklärte Ziel bleibt denn auch unverändert: Die Infektionsketten sollen so schnell wie möglich durchbrochen werden, damit das Virus in Schach gehalten wird und damit es nicht erneut zu einem Lockdown kommt.
Weltweit hat kein anderes Land so intensiv getestet wie Luxemburg.
Paulette Lenert
Die Teststrategie wurde derweil in einigen Punkten angepasst. So werden beim Large scale testing (LST) nun vermehrt Haushalte getestet, während in den vergangenen Monaten eher nach Aktivitäten getestet wurde, etwa die Baubranche. Vor allem in den Landesteilen, in denen es zuletzt vermehrt zu Neuinfektionen kam, sollen mehr Familien getestet werden.
Es werden aber auch weiterhin einige Branchen gezielt unter die Lupe genommen, dazu zählen neben dem Gesundheitssektor und dem Gaststättengewerbe in der Landwirtschaft die Saisonarbeiter. Natürlich werden auch weiterhin all jene Personen auf Covid-19 untersucht, die Symptome aufweisen.
Kollektivurlaub und Schulbeginn
Hinzu kommt die spezielle Testreihe „Kollektivurlaub“. In Zusammenarbeit mit den Betriebsleitern sollen die Mitarbeiter der Baubranche davon überzeugt werden, sich nach ihrer Rückkehr testen zu lassen. Wer will, erhält einen Gutschein, den er in einem Labor einlösen kann. Im Gesundheitsministerium hofft man, auf diesem Weg mehr Leute zu einem Test zu bewegen, als dies über das LST bislang der Fall war.
Auch im Bildungsbereich soll verstärkt getestet werden. Das Ziel hier: Möglichst viele Schüler, Studenten und Lehrer sollen vor der Rentrée getestet werden.
Die Testreihe für Personen, die ins Ausland reisen wollen und deshalb einen negativen Bescheid vorweisen müssen, läuft weiter. Wie gewohnt, kann man über Myguichet einen Test beantragen, bei Dienstreisen kann man sich an das House of Entrepreneurship wenden. Diese Maßnahme war notwendig geworden, nachdem das deutsche Robert-Koch-Institut (RKI) Luxemburg Mitte Juli wegen der hohen Zahl der Neuinfektionen als Riskiogebiet eingestuft hatte.
Zwar war die Zahl der Neuinfektionen über den Zeitraum einer Woche zuletzt wieder unter die vom RKI vorgegebene Grenze von 50 Fällen gesunken, doch bislang ist nicht gewusst, ob und wann die Reisewarnung für das Großherzogtum aufgehoben wird.
Auch Reiserückkehrer können sich wie gewohnt testen lassen, etwa sofort am Flughafen Findel oder aber zu einem späteren Zeitpunkt, indem sie ihren Voucher in einem Labor einlösen.
Freiwillige Tests für alle Reiserückkehrer
Ab dem 17. August können sich auch Rückkehrer, die nicht über den Flughafen einreisen, testen lassen. Wie schon bei der Abreise kann man auch bei der Rückkehr einen Voucher für den Test über Myguichet beantragen.
Von obligatorischen Tests für alle Reiserückkehrer, so, wie dies in Deutschland beispielsweise der Fall ist, sieht die Regierung ab. Dies sei ein zu großer Eingriff in die persönlichen Freiheiten, erklärte die Gesundheitsministerin auf Nachfrage.
Das zweite Standbein, das laut Lenert zu den guten Ergebnissen im Umgang mit der Pandemie geführt hat, ist das Tracing. Zwischen dem 27. Juli und dem 2. August hat das 80-köpfige Tracing-Team 3.179 Personen kontaktiert, zwischen dem 3. und dem 9. August waren es 2.429. Bis zum 14. August wurden immerhin 40 Prozent der Neuinfektionen über den Weg des Tracings entdeckt.
Das Gesundheitsministerium setzt aber auch weiterhin auf Aufklärung und Sensibilisierung. So sollen die offiziellen Informationskampagnen gezielter werden: „Wir wollen jede Ecke der Gesellschaft erreichen“, betont Paulette Lenert. Daher wird die Kampagne in Zusammenarbeit mit den einzelnen Ministerien ausgearbeitet, um so gezielter auf die einzelnen Bevölkerungsgruppen eingehen zu können.
Die Centres de soins avancés ziehen um
Bei der Erstversorgung der Infizierten gibt es einige Neuerungen. Die Centres de soins avancés, die in der akuten Phase während des Lockdown errichtet worden waren, sind seit geraumer Zeit geschlossen, können aber zu jeder Zeit wieder in Betrieb genommen werden. Wenn Einrichtungen wie die Rockhal oder das Messezentrum irgendwann ihren normalen Betrieb wieder aufnehmen, stehen diese Räumlichkeiten nicht mehr zur Verfügung.
Eines der Zentren zieht daher in Kürze in die ehemaligen Räumlichkeiten der Nationalbibliothek um. Das neue Centre de consultations Covid könnte ab Samstag innerhalb von 24 Stunden den Betrieb aufnehmen, falls es nötig sein sollte. Man habe nach einer dauerhafteren Lösung für den ganzen Winter gesucht, so die Gesundheitsministerin. Kommende Woche wird sich entscheiden, wohin das CSA in Esch ausgelagert werden wird.
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