Patentbox und Steuerpraxis: Junckers Glaubwürdigkeit im Visier
Patentbox und Steuerpraxis: Junckers Glaubwürdigkeit im Visier
(lb) - In den Vorwürfen, die "Der Spiegel" diesen Samstag an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker richtet, geht es um Steuerrecht und Steuerdumping, aber auch um Glaubwürdigkeit. So stellt das Magazin die Frage in den Raum wie es sein kann, dass sich Juncker auf EU-Ebene als Vorkämpfer gegen schädlichen Steuerwettbewerb gibt, zugleich aber während seiner langjährigen Amtszeit in Luxemburg Steuerpraktiken gefördert habe, die schon seit Jahren von anderen Ländern als "missbräuchlich" bezeichnet werden.
In der Kritik steht die "Obstruktionspolitik" Luxemburgs, aber auch anderer Länder, im Rahmen der Besteuerungsregeln für Großkonzerne. Diese lange gepflegte Blockadehaltung habe es den anderen EU-Staaten stets erschwert, gegen exzessive Steuererleichterungen vorzugehen. Als Beispiel dienen diesmal nicht die Steuervorbescheide (Rulings) selbst, sondern die sich oft dahinter verbergende "Patentbox", die 2007 in Luxemburg eingeführt wurde und es erlaubt, Großkonzerne für Lizenzeinnahmen aus Patenten niedriger als üblich zu besteuern.
So basiert sich "Der Spiegel" auf interne EU-Papiere, die belegen würden, dass Großkonzerne von der Patentbox profitierten, indem sie Lizenzen, Copyrights und Patente an ihre Tochterfirma in Luxemburg überschrieben, ohne dass die diesbezügliche wirtschaftliche Aktivität in Luxemburg erfolgte. Den Anreiz - der Steuersatz sinkt bei der Patentbox von 29,22 auf 5,84 Prozent - empfinden andere EU-Länder schon seit Jahren als Nachteil für die eigene Steuerkasse.
Juncker als Schlüsselfigur
Kritisiert wird zudem, dass Luxemburg - sowie die Niederlande und Belgien, die dieselbe Steuerpraxis einsetzten um Firmen in ihr Land zu locken - sich stets zur Wehr setzten, wenn die Vertreter der anderen EU-Länder kontrovers über die potenzielle Schädlichkeit dieses Finanzmittels diskutierten.
Vorwürfe seien stets zurückgewiesen und Beschlüsse, die das eingerichtete System bedrohen könnten, blockiert worden. Im Fokus steht hierbei Junckers Rolle als langjähriger Regierungschef und Schlüsselfigur in der europäischen Finanzpolitik. Selbst Europaparlamentarier, die der Sache auf den Grund gehen wollten, wurde der Zugang zu internen Dokumenten erschwert und die brisanten Passagen geschwärzt.
Aktuelle Thematik
Aktuell steht die Thematik der "Obstruktionspolitik" im Zusammenhang mit der Erstellung des Abschlusspapiers des Sonderausschusses zur Luxleaks-Affäre, das noch im November vom EU-Parlament verabschiedet werden soll. Hier soll kein politischer Verantwortlicher genannt werden, weil den Parlamentariern wichtige Akten immer wieder verweigert wurden. Vor einigen Wochen hatte "Der Spiegel" Juncker zudem Falschaussagen im Zusammenhang mit dem Krecké-Bericht vorgeworfen.
Laut dem "Spiegel" steht der ehemalige Premier zudem unter Beschuss, weil er im Rahmen des Berichts des Taxe-Sonderausschusses zu Steuervorbescheiden nicht genug Druck auf seine Landleute ausübe. Erst letzte Woche hatte Sven Giegold, der Koordinator der Grünen im Steuer-Ausschuss des Europaparlaments, die luxemburgische Regierung angeprangert, weil sie den Parlamentariern wichtige Informationen zu den Steuerrulings vorenthalten habe.
