Parlamentarischer Rückblick mit viel Druck
Parlamentarischer Rückblick mit viel Druck
Normalerweise steht der Juli für den Aufbruch in den erholsamen Urlaub, doch beim Jahres-Rückblick auf die Parlamentsarbeit am Montag, musste die größte Oppositionspartei ihrem Ärger noch vor der Sommerpause Luft machen. Das Credo der CSV-Fraktion: Die Regierung regiert nicht mehr, sie reagiert und schließt dabei die Oppositionsparteien aus.
Doch bevor sie austeilte, ließ Fraktionschefin Martine Hansen das parlamentarische Jahr Revue passieren. Von den Themen her fokussierte sich die Fraktion auf die vorherrschenden Probleme der Gesellschaft: den Wohnraummangel, das Gesundheitswesen und die Umwelt. „Wir haben aktuell eine Gesundheitskrise, daraus entsteht eine wirtschaftliche und soziale Krise, doch die Wohnkrise gibt es bereits seit langem und hat für die Menschen Priorität“, so Hansen.
Die CSV-Fraktion hatte ein Paket mit 23 konkreten Maßnahmen ausgearbeitet, um das Wohnproblem zu bekämpfen. Darauf sei die Regierungsmehrheit nicht eingegangen. „Auch wenn wir uns davon nicht demotivieren lassen, ist das eines der Zeichen, dass konstruktive Oppositionsarbeit von der Mehrheit nicht erwünscht ist“, beschrieb Hansen die Lage. Gesamt gesehen hätte die Fraktion der blau-rot-grünen Mehrheit immer wieder konstruktive Vorschläge gemacht. Elf Gesetzesvorschläge und 16 Änderungsanträge innerhalb eines Jahres. „Dies ist mehr, als die Mehrheit innerhalb einer Legislaturperiode in ihren Oppositionszeiten hingekriegt hätte“, so Hansen. Damit riskiere man, dauerhaft aneinander vorbeizureden.
Von der Regierung abgetan
Dass die Regierung die Oppositionsparteien in vielen Bereichen ausschließe und ignoriere, sei auch kein CSV-eigenes Empfinden. Die gemeinsame Pressekonferenz der Oppositionsparteien Mitte letzter Woche, sei der Beweis dafür. „Dialog und Transparenz sind nicht gegeben“, beschrieb Hansen das Problem, „die anderen Parteien kommen zu demselben Ergebnis.“
Das, was die Regierung beschließe, sei nicht konkret genug. Dieses Problem existiere nicht erst seit Corona. Der Klima- und Energieplan im letzten Jahr sei ein Trauerspiel gewesen, so Hansen: „Die Ziele sind klar, aber wie man diese konkret umsetzt, daran fehlt es.“ Es gebe eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Regierungspolitik. „Wir hatten konkrete Forderungen gestellt, die auch machbar gewesen wären. Die Umstellung auf eine nachhaltige und umweltschonendere Öffentliche Verwaltung bis 2040“, so die Fraktionsvorsitzende, „doch auch dies wurde abgeschmettert.“
Dieses Problem sehe man auch immer wieder bei der Bekämpfung der Pandemie. „Wir haben keine klaren Regeln, was Covid-19 angeht“, bemängelte die Fraktionsvorsitzende. Die konfusen Aussagen der Regierung würden dazu führen, dass die Leute nicht wissen, an was sie sich halten sollen. Darüber hinaus habe das zügige Ansteigen der Fallzahlen in den letzten Tagen gezeigt, wie schnell manuelles Tracing an seine Grenzen kommt. Martine Hansen forderte am Montag klar und deutlich eine Contact-Tracing-App.
Auch die anderen CSV-Abgeordneten sprachen ihren Unmut aus. Gilles Roth beschrieb die Situation des Parlaments bildhaft: „Wir waren das Stimmvieh für den Notstand, danach wurden wir fallen gelassen.“ Als Beispiel dafür nannte er die Intransparenz, mit der der Finanzminister die bisherige Wirtschaftskrise angehe.
Ende Juni wurde ein Darlehen von 350 Millionen Euro aufgenommen, damit die Gehälter und Pensionen der Staatsbeamten bezahlt werden konnten. „Doch wir wurden darüber nur durch Zufall in der Budget-Kommission in Kenntnis gesetzt“, so Roth. Deshalb fordert der CSV-Abgeordnete einen „Kassensturz im September“, damit die Bürger erfahren, wie es um die Staatskassen steht.
Carpe-Diem-Regierung
Von der außenpolitischen Arbeit der Regierung ist man bei der CSV auch nicht überzeugt. Die wiederkehrenden Grenzschließungen haben laut Léon Gloden bewiesen, dass „diese Regierung keinen Einfluss auf der europäischen Ebene hat“. Darüber hinaus sei die für die Großregion zuständige Ministerin Corinne Cahen (DP) in diesem Dossier vollkommen abwesend gewesen.
Gloden hat auch das Gefühl, dass Minister sich an den Diskussionen in der Abgeordnetenkammer nicht beteiligen würden. „Die Minister schlafen lieber in der Chamber, um dann am nächsten Tag erholt vor den Mikrofonen auftreten zu können“, so seine Kritik.
Des Weiteren seien viele Mängel, die der damaligen CSV-Regierung vorgeworfen wurden, nicht besser geworden. „Der bürokratische Aufwand bei den Bebauungspläne wurde immer noch nicht reduziert“, so Gloden. Darüber hinaus macht sich der Abgeordnete Sorgen wegen der „Langsamkeit“, mit der die Regierung auf die Wirtschaftskrise reagiert: „Wir müssen jetzt die Rahmenbedingungen setzen, nicht erst im Herbst, dann ist es zu spät.“
Bei allen Rednern kam immer wieder die Wortneuschöpfung einer „Carpe-Diem-Regierung“ auf. Damit wolle man als CSV aufzeigen, dass „die Regierung in den Tag hinein lebt“, und nur auf die Probleme reagiere. Léon Gloden forderte in diesem Zusammenhang mehr Perspektiven und Weitsicht von der Exekutive.
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