Pacte logement 2.0: Gemeinden in der Pflicht
Pacte logement 2.0: Gemeinden in der Pflicht
Seit Jahren wird moniert, dass die Gemeinden zu wenig Wohnungen bauen. Tatsächlich sind mehr als die Hälfte der 102 Gemeinden nicht im Wohnungsbau aktiv. Das ist eine zentrale Feststellung zehn Jahre nach Einführung des Pacte logement 1.0.
Nun kommt also der Pacte logement 2.0. Er hat zwei große Ziele: die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum und die Mobilisierung von brach liegendem Bauland und leer stehenden Wohnungen. Gemeinden, die die Konvention unterzeichnen, werden vom Staat bezuschusst, aber nur, wenn sie tatsächlich Wohnungen bauen. Außerdem wird ihnen ein Wohnungsbauberater zur Seite gestellt.
Beim Pacte logement 1.0 war das anders. Er zielte darauf ab, Gemeinden, die wachsen, finanziell zu unterstützen, damit sie die notwendigen kommunalen Infrastrukturen bauen können: Schulen, Betreuungseinrichtungen, Kläranlagen und so weiter.
Am Dienstag fand eine Konsultierungsdebatte über den zweiten Wohnungsbaupakt im Parlament statt. Die Opposition erklärte sich in weiten Teilen mit dem neuen Wohnungsbaupakt einverstanden, legte aber auch eigene Vorschläge auf den Tisch.
"Sechs Jahre verfehlte Wohnungsbaupolitik"
"In den vergangenen sechs Jahren wurden keine neuen Akzente gesetzt", kritisierte gleich zu Beginn der Debatte Marc Lies (CSV). Er verteidigte den Pacte logement 1.0. Damals seien wichtige Komponenten eingeführt worden, die parteiübergreifend nicht infrage gestellt würden, wie zum Beispiel das Vorkaufsrecht für den Staat und die Gemeinden, die Zehn-Prozent-Regel, die besagt, dass bei größeren Projekten zehn Prozent der Wohnungen erschwingliche Wohnungen sein, also 20 oder 30 Prozent unter dem Marktpreis liegen müssen. Oder noch die Einführung von kommunalen Taxen - auf leer stehenden Wohnungen und brach liegendem Bauland - sowie die Steuerbefreiung beim Verkauf von Bauland an die öffentliche Hand. Lies forderte im Zusammenhang mit dem Vorkaufsrecht, das Gesetz anzupassen, um Gesetzesumgehungen zu unterbinden.
Zu den Vorschlägen der CSV zählt unter anderem die Schaffung einer sozialen Wohnfördergesellschaft "mylogement", die für den Ankauf und die Mobilisierung von Bauland sowie für den Bau und die Verwaltung von Wohnungen zuständig ist. Eine Plattform, die dieser Struktur angegliedert ist, soll die Bürger über das Wohnungsangebot informieren. Auch sollten die kommunalen Sozialämter personell und finanziell besser unterstützt werden, wenn sie sich um die Verwaltung von Wohnungen kümmern. Ferner sollten die staatlichen Subventionen für Gemeinden von 75 auf 90 Prozent erhöht werden, so Lies. Die diesbezüglichen Motionen der CSV wurden von den Mehrheitsparteien allerdings verworfen.
DP: Ein Baustein von vielen
Für die DP ist der Pacte logement 2.0 kein Allheilmittel, sondern lediglich ein Baustein von vielen, um der Wohnungsnot Herr zu werden. Der liberale Redner Max Hahn bemängelte, dass die Gemeinden das Vorkaufsrecht, das bereits im Pacte logement 1.0 eingeführt worden war, kaum genutzt haben. Dabei ist das Vorkaufsrecht das Instrument schlechthin, um an Bauland zu kommen. Aus diesem Grund soll das Vorkaufsrecht auch im Pacte logement 2.0 beibehalten werden.
Um die Baulandspekulation zu bekämpfen setzt die DP auf den Baulandvertrag, der sich noch in der Ausarbeitung befindet, und auf die Reform der Grundsteuer, die eine Spekulationssteuer überflüssig mache. Weiter forderte Hahn, den privaten Wohnungsmarkt nicht aus den Augen zu verlieren. Eine Verknappung des Angebots auf dem privaten Markt hätte eine Verteuerung zur Folge.
Max Hahn forderte genau wie LSAP-Sprecher Yves Cruchten, einen Subventionsmix. Neben den staatlichen Geldern, die in den Bau von Wohnungen fließen, müsse es auch weiterhin möglich sein, die staatlichen Gelder in den Bau von kommunalen Infrastrukturen zu investieren.
Ein Problem im aktuellen Pacte logement sind die zehn Prozent erschwingliche Wohnungen, die bei größeren Projekten gebaut werden müssen. Sie landen meist auf dem privaten Markt. Sie sollen künftig verpflichtend an die öffentliche Hand gehen und auch dort bleiben. Darüber war man sich parteiübergreifend einig.
Yves Cruchten, der noch vor einigen Wochen eine nationale Spekulationssteuer gefordert hatte, rückte am Dienstag von dieser Forderung ab und meinte, dass die Grundsteuerreform die Spekulationsfrage möglicherweise beantworten werde. Vorab aber hätten die Gemeinden die Möglichkeit, von ihrem aktuellen Recht Gebrauch zu machen, eine Taxe auf leer stehenden Wohnungen zu erheben. Bevor man weitere Maßnahmen zur Bekämpfung des Leerstands ergreife, sei es wichtig, eine genaue Analyse des Leerstands zu machen, meinte Cruchten.
Der LSAP-Sprecher warnte davor, die Gemeinden mit den Folgekosten alleine zu lassen und forderte, den Pacte logement zu einem verpflichtenden Instrument für die teilnehmenden Gemeinden zu machen. Zudem müsse man darauf achten, dass der Wohnungsbauberater eine reelle Hilfe sei und die Bereitstellung eines Beraters nicht mit zusätzlichen Prozeduren, Vorschriften oder Sanktionen verbunden sei.
ADR: Enregistrement-Kosten auf Null setzen
Die ADR stehe voll und ganz hinter dem Pacte logement 2.0, sagte ADR-Sprecher Roy Reding. Er forderte allerdings, dass es sich bei den zehn Prozent ausschließlich um Mietwohnungen und nicht um Verkaufswohnungen handeln solle. Die Regierung müsse ferner alles daran setzen, den Menschen den Zugang zu einem Eigenheim zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang forderte er, wie die CSV, eine Erhöhung der Staatsgarantie. Sie liegt heute bei 148.691 Euro. Reding verlangte, die Enregistrement-Kosten beim Kauf einer Wohnung auf Null zu setzen und die TVA logement auf allen Wohnungen unverzüglich auf drei Prozent zu senken, "ohne Obergrenze und ohne Prozeduren".
Déi Lénk: Leerstand besteuern
David Wagner von Déi Lénk vertrat die Meinung, dass Gemeinden entgegen den Behauptungen sehr wohl über die Möglichkeit verfügen, leerstehende Wohnungen via Personenregister zu identifizieren und zu besteuern. Wagner forderte die Regierung auf, die Gemeinden über den Pacte logement 2.0 dazu zu verpflichten, "innerhalb der nächsten zwei Jahre ein Register von leer stehenden Wohnungen aufzustellen und bis spätestens 2022 eine kommunale Taxe einführen und ab dann alle zwei Jahre einen Bericht erstellen", so Wagner. Wagner forderte wie Yves Cruchten, dass die Gemeinden über eine Änderung der Gemeindegesetzgebung zur Schaffung von erschwinglichem Wohnraum verpflichtet werden sollen und dafür dann auch die nötigen Mittel bereitgestellt bekommen.
Für Wagner steht außer Frage, dass Baulandspekulanten mit hohen Steuern bestraft werden müssen, denn: "Es gibt kein Recht, mit seinem Reichtum andere Menschen in die Armut zu treiben", so Wagner. "Greift das nicht, sollten wir Artikel 16 der Verfassung anwenden, der den Staat dazu ermächtigt, im Rahmen der Gemeinnützigkeit gegen eine gerechte Entschädigung zu enteignen, so wie es auch in einigen Gesetzen vorgesehen ist", so Wagner.
Ferner schlug der linke Abgeordnete vor, dass Gemeinden, wenn sie Bauland verkaufen, dieses Bauland an den staatlichen Fonds verkaufen.
Die Piraten verlangen, dass der Staat massiv Wohnungen schafft und diese für zehn Euro pro Quadratmeter anbietet. "Die Regierung muss endlich Nägel mit Köpfen machen", forderte Marc Goergen. Der Pacte logement 2.0 sei nichts weiter als ein Kompromiss zwischen mehreren Akteuren im Wohnungsbauwesen. Da es sich aber um eine minimale Verbesserung des Pacte logement 1.0 handle, wolle man der Regierung nicht im Wege stehen, so der Piraten-Sprecher, "in der Hoffnung, dass kommendes Jahr weitere konkrete Maßnahmen auf den Tisch kommen".
Innenministerin Taina Bofferding (LSAP) kündigte ihrerseits drei Instrumente für kommendes Jahr an. Ihr Ministerium arbeite an einer Vereinfachung der Prozeduren im Falle einer punktuellen PAG-Änderung, damit die Gemeinden schneller vorankommen. Die Baulandverträge befänden sich auf der Zielgeraden und sollen so schnell wie möglich in die Prozedur gehen. Und auch das Remembrement ministériel werde bald Realität werden. Mit diesem Instrument können Flächen innerhalb des Perimeters umgelegt werden, um zu verhindern, dass Bauprojekte am Widerstand einzelner Eigentümer scheitern.
Auch Wohnungsbauminister Henri Kox (Déi Gréng) weiß, dass der Pacte logement 2.0 nicht alle Probleme lösen wird, aber einige. "Über die 10-Prozent-Regel könnten zusätzlich zu den 4.000 bestehenden öffentlichen Mietwohnungen in den kommenden 15 Jahren 7.500 Wohnungen dazukommen", meinte Kox, allerdings unter der Voraussetzung, dass pro Jahr 5.000 Wohnungen gebaut werden, was derzeit nicht der Fall ist. Dann läge man bei einem Anteil von 3,5 Prozent an erschwinglichen Wohnungen. "Die Frage, die wir beantworten müssen, ist, ob uns 3,5 Prozent genügen oder ob wir fünf oder mehr Prozent wollen?", so der Wohnungsbauminister. In dem Fall müsste der Prozentsatz von zehn auf 20 oder 30 Prozent angehoben werden.
Kox rechnete vor, dass in den Jahren 2008 bis 2017 im Rahmen der 10-Prozent-Regelung 830 erschwingliche Wohnungen gebaut wurden, die quasi alle auf dem privaten Markt gelandet sind. Das neue Gesetz soll dafür sorgen, dass die zehn Prozent an die öffentliche Hand gehen und dort auch bleiben. Das Pacte-logement-Gesetz soll im Frühjahr auf den Instanzenweg gehen.
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