Opposition wirft Regierung "kurzatmige Politik" vor
Opposition wirft Regierung "kurzatmige Politik" vor
Die Reaktionen auf die Meldung, dass die Corona-Regeln noch vor Ende des Jahres verschärft werden, ließen nicht lange auf sich warten. Die Oppositionsparteien sind über die plötzliche Kehrtwende der Regierung nicht begeistert. Nicht, weil die Regierung die Regeln verschärft, sondern weil das so kurzfristig passiert – eine Woche, nachdem das aktuelle Covid-Gesetz verabschiedet worden ist.
Piraten: Regierung hat nicht auf uns gehört
Die Piraten bemängeln, dass die Regierung jetzt das 2G-plus einführen möchte. „Wir haben bereits beim letzten Gesetz klargemacht, dass uns die Testmaßnahmen nicht weit genug gehen“, schreiben die Piraten in einer Pressemitteilung. „Die Regierung hätte auf uns hören sollen. Die wissenschaftliche Situation hat schon länger angedeutet, dass der CovidCheck Schlupflöcher hat“, heißt es in dem Schreiben.
Jeder Bürger müsse die Möglichkeit haben, sich täglich einem Schnelltest zu unterziehen. Mit dem 2G-plus im Gastronomiegewerbe sind die Piraten einverstanden, sofern die Hilfen für die Betriebe wie versprochen nach oben angepasst werden und die CovidCheck-App zügig aktualisiert wird.
Was die Schnelltestpflicht für nicht geboosterte Personen betrifft, fordern die Piraten, dass sie sich lediglich auf Personen bezieht, die bereits die Möglichkeit hatten, sich eine Auffrischungsimpfung zu holen. Andernfalls bestrafe man besonders die jungen Menschen, die erst später geimpft wurden und beim Boostern noch nicht dran sind.
Mit Blick auf das 3G-Regime am Arbeitsplatz ab dem 15. Januar fordern die Piraten, dass den Arbeitnehmern zusätzlich kostenlose Schnelltests zur Verfügung gestellt werden.
Kostenlose Tests für noch nicht geboosterte Personen, das fordert auch die CSV. Und sie hofft, dass die Regierung „rechtzeitig genug Tests bestellt hat“, so Co-Fraktionspräsidentin Martine Hansen. Die CSV begrüßt die Regelverschärfung, hat aber wie die anderen Oppositionsparteien kein Verständnis, dass diese Maßnahmen nicht schon vergangene Woche auf dem Tisch lagen. „Wir wussten schon letzte Woche, dass Omikron auf dem Vormarsch und die Variante hochansteckend ist“, so Hansen.
CSV: Text ist unpräzise
Probleme hat die CSV auch mit dem nun vorliegenden Text – wegen dessen Unklarheit, so Hansen. Unklar sei beispielsweise, welche Regeln bei öffentlichen Demonstrationen gelten. „Wenn im Gesetz nicht klar steht, dass bei Protestveranstaltungen Masken getragen werden müssen, kann die Polizei nicht intervenieren und es ist nicht möglich, Zuwiderhandlungen zu bestrafen“, sagt Hansen.
Unklar sei auch, inwiefern die Ausnahmeregelung für Jugendliche zwischen zwölf und 19 Jahren im Sport- und Kulturbereich – für sie gilt 3G statt 2G – nun auch im Freizeitbereich (z. B. Kino) gelte. Weiter sei unklar, inwiefern Schnelltests, die in der Schule gemacht werden, auch außerhalb Gültigkeit haben. „Uns wurde gesagt, sie würden auch außerhalb der Schulen gelten, aber es steht nicht im Text“, betont Martine Hansen.
„Nicht gut“ findet die Fraktionsvorsitzende zudem die Tatsache, dass Kinder unter zwölf Jahren von der Schnelltestpflicht ausgenommen sind. „In den Krankenhäusern beispielsweise brauchen sie keinen Schnelltest zu machen. Dabei wissen wir, dass gerade in dieser Alterskategorie die Inzidenz besonders hoch ist.“ Gerade mit Blick auf die neue Variante spricht Hansen sich für eine Testpflicht zum Beispiel ab sechs Jahren aus.
ADR: Man hätte Ausnahmen machen sollen
Fernand Kartheiser (ADR) wirft der Regierung vor, ständig auf Sicht zu fahren. Auch jetzt. „Omikron ist ja kein neues Phänomen“, meint Kartheiser, und will damit sagen, dass die Argumente, die jetzt ins Feld geführt werden, auch schon vergangene Woche hätten ins Feld geführt werden können.
Er bedauert, „dass die Maßnahmen die Horeca-Betriebe schädigen, für die Silvester eine Haupteinnahmequelle ist“, sowie die Studentenorganisationen, die alles fertig organisiert hatten. „Sie haben hohe Kosten und wissen jetzt nicht, wie sie klarkommen sollen“, so Kartheiser. Er ist der Meinung, man sollte an Silvester eine Ausnahme machen oder die neuen Maßnahmen erst am 2. Januar anlaufen lassen. „Was die Regierung macht, ist kurzatmige Politik.“
In Bezug auf das Plus-Regime spricht sich die ADR für die Bereitstellung von kostenlosen Tests aus, „weil wir niemanden aus dem gesellschaftlichen Leben ausschließen wollen“, so Kartheiser. „Die Tests sind eine bessere Garantie als die Impfung. Der Impfschutz lässt mit der Zeit nach, der Test ist aktuell und damit sicherer“, ist Kartheiser überzeugt.
Die Wiedereinführung der Maskenpflicht in den Schulen sieht der ADR-Abgeordnete dahin gehend kritisch, als er eine selektive Maskenpflicht vorzieht. Selektiv bedeutet alters- und situationsbezogen. Die allgemeine Maskenpflicht gehe zu weit und erschwere den Unterricht, besonders den Sprachunterricht.
Auch Déi Lénk beklagen das Navigieren auf Sicht der Regierung. „Es ist eine Frechheit, wenige Tage nach dem Votum, Maßnahmen vorzuschlagen, die man auch schon vergangene Woche hätte vorschlagen können“, sagt Nathalie Oberweis. Die Erkenntnisse, auf die Regierung sich jetzt berufe, hätten bereits vergangene Woche vorgelegen.
Déi Lénk sehen angesichts der aktuellen Lage sehr wohl die Notwendigkeit, große Menschenansammlungen zu reduzieren, „aber die Regierung hätte das Vorsichtsprinzip eben schon früher anwenden können. Das ist keine vorausschauende Politik“, so die linke Abgeordnete.
Der Staatsrat hat am Donnerstag sein Gutachten zu den Gesetzesänderungen vorgelegt und schlägt vor, zu präzisieren, dass bei Protestveranstaltungen Maskenpflicht gilt, da bei solchen Veranstaltungen kein CovidCheck stattfindet. Am Donnerstagnachmittag wird weiter am Text gearbeitet. Am Freitag kommt das Parlament auf Krautmarkt zusammen, um über die Änderungen abzustimmen.
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