Okaju: Kinder in Entscheidungen einbinden
Okaju: Kinder in Entscheidungen einbinden
Das Ombudscomité fir d'Rechter vum Kand (ORK) - heute Ombudsman fir Kanner a Jugendlecher (Okaju) - stellte am Donnerstag seinen Jahresbericht zur Kinderrechtslage in Luxemburg vor. Okaju-Präsident René Schlechter, dessen Mandat Ende Dezember endet, präsentierte auch eine Analyse dessen, was sich in einzelnen Themenbereichen seit 2013 getan hat.
Ein Punkt, der dem Okaju nicht gefällt, ist die Antwort der Luxemburger Regierung vergangenes Jahr an das Genfer Kinderrechtskomitee. Das Genfer Kinderrechtskomitee prüft die Konformität der nationalen Gesetzgebungen mit der UN-Kinderrechtskonvention. „Die Regierung hat dem Genfer Kinderrechtskomitee mitgeteilt, es gebe keinen Handlungsbedarf“, sagte René Schlechter.
Das Okaju sieht die Lage anders und findet, dass es sehr wohl Handlungsbedarf gibt. Das betrifft zum Beispiel das Recht des Kindes auf Informationen über die eigene Herkunft im Falle einer anonymen Geburt. René Schlechter begrüßte aber in diesem Zusammenhang, dass die Regierung hier nachbessert und einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hat.
Die Erwachsenen müssen Kindern Teilrechenschaft ablegen über Entscheidungen, die sie für die Kinder und Jugendlichen treffen.
René Schlechter, Okaju
Nachholbedarf sieht das Okaju auch bei der Einbindung von Kindern und Jugendlichen in Entscheidungen, die sie betreffen. Diese Aufforderung richtet sich an Familien, Gerichte und auch Schulen.
Besonders in der Covid-Krise sei es wichtig, Minderjährigen zuzuhören, sie zu fragen, wie sie die Maßnahmen erleben „und ihnen besser erklären, warum die Maßnahmen notwendig sind“, so der Okaju-Vorsitzende. „Die Erwachsenen müssen Kindern Teilrechenschaft ablegen über Entscheidungen, die sie für die Kinder und Jugendlichen treffen.“ Das Okaju fordert Teilhabe nicht nur in vereinzelten Bereichen, sondern „als Modell, wie man mit Kindern und Jugendlichen arbeitet und zusammen lebt“.
Kinderrechte in der Verfassung: Teilzufriedenheit
Das Okaju begrüßt, dass die Kinderrechte nach langem Hin und Her dann doch in die Verfassung aufgenommen wurden. Der Ombudsman bedauert aber, dass sie nicht in die Grundrechte aufgenommen, sondern unter den „Objectifs à valeur constitutionnelle“, also den verfassungsmäßigen Zielen verbucht wurden. Nicht zufrieden ist man auch, dass sie in Artikel 38 über das Recht auf Familie verankert sind („L’État veille au droit de toute personne de fonder une famille et au respect de la vie familiale.“). „Kinderrechte haben nicht zwingend etwas mit Familie zu tun. Sie gehen viel weiter“, so Schlechter.
Nachholbedarf gibt es Schlechter zufolge auch beim Statut der Pflegefamilien. „Sie haben das elterliche Sorgerecht, werden aber vor Gericht kaum oder gar nicht gehört.“
Das Okaju erlebt häufig Kinder, die mit ihrer Familie auf der Straße landen beziehungsweise alleinerziehende Mütter, die Gewalt erlebt haben und im Frauenhaus festsitzen, weil sie sich auf dem Wohnungsmarkt keine Wohnung leisten können. Hier fordert das Okaju die Regierung auf, sich prioritär auf die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu konzentrieren und den Fokus auf Familien mit Kindern zu setzen.
René Schlechter wies auch auf einen Fehler im System der staatlichen Hilfen für Familien hin, der unbedingt korrigiert werden müsse. „Für Familien, die auf der Straße landen und keinen Wohnsitz haben, entfällt beispielsweise das Kindergeld. Diese Familien rutschen immer weiter ab“, erklärte Schlechter. Die Hilfen müssten darauf ausgerichtet sein, die Familien zu stabilisieren, so Schlechter.
Wir wissen, dass die Kinder dort oft keinen Zugang zu Bildung haben und Hilfen, die sie bräuchten, dort nicht bekommen.
René Schlechter, Okaju
Flüchtlingskinder
Ein Punkt, der dem Okaju besonders am Herzen liegt, ist die Lage und der Umgang mit Flüchtlingskindern. René Schlechter begrüßte die Verbesserungen bei der Betreuung von geflüchteten Minderjährigen ohne erwachsene Begleitung. Er plädierte andererseits dafür, in Griechenland oder Italien anerkannte und von dort nach Luxemburg geflüchtete Familien nicht grundsätzlich nach Griechenland oder Italien zurückzuschicken. „Diese Menschen flüchten vor den schlechten Lebensbedingungen in diesen Ländern“, sagte Schlechter. „Wir wissen, dass die Kinder dort oft keinen Zugang zu Bildung haben und Hilfen, die sie bräuchten, dort nicht bekommen.“
2020 ist die Zahl der neuen Fälle, die vom Okaju behandelt wurden, im Vergleich zu den Jahren davor zurückgegangen. 2020 behandelte das Okaju 103 neue Dossiers, vergangenes Jahr waren es 129 und im Jahr davor 157 neue Fälle. In den meisten Fällen ging es um Probleme beim Besuchsrecht beziehungsweise das Okaju wurde angesucht, um Flüchtlingskindern und Flüchtlingsfamilien zu helfen.
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