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Offener Brief an Claude Meisch: "Vor vollendete Tatsachen gestellt"
Politik 3 Min. 27.07.2020 Aus unserem online-Archiv

Offener Brief an Claude Meisch: "Vor vollendete Tatsachen gestellt"

Das Bildungsministerium möchte die Arbeitsbedingungen des edukativen und psychosozialen Personals in den Schulen und Kompetenzzentren vereinheitlichen.

Offener Brief an Claude Meisch: "Vor vollendete Tatsachen gestellt"

Das Bildungsministerium möchte die Arbeitsbedingungen des edukativen und psychosozialen Personals in den Schulen und Kompetenzzentren vereinheitlichen.
Foto: dpa
Politik 3 Min. 27.07.2020 Aus unserem online-Archiv

Offener Brief an Claude Meisch: "Vor vollendete Tatsachen gestellt"

Michèle GANTENBEIN
Michèle GANTENBEIN
Fünf Gewerkschaften werfen Bildungsminister Meisch (DP) vor, die Arbeitsbedingungen des edukativen Personals im Bildungswesen verschlechtern zu wollen. Das Bildungsministerium reagiert.

Fünf Gewerkschaften wenden sich am Montag in einem offenen Brief an Bildungsminister Claude Meisch (DP). Sie werfen ihm vor, sich nicht an seine eigenen Aussagen zu halten und die Arbeitsbedingungen des edukativen und psychosozialen Personals im Bildungssystem ohne Verhandlungen mit den Sozialpartnern verschlechtern zu wollen. 


Die Gewerkschaften SPEBS/CGFP und APCCA/OGBL fordern seit Längerem eine Busbegleitung für Schüler mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Schüler wird im Bus regelmäßig bewusstlos - doch niemand hilft
Der Bustransport von Schülern mit Behinderungen in die Kompetenzzentren erfolgt ohne Begleitpersonal. Dabei ist in manchen Fällen eine Begleitung zwingend erforderlich, wie der Fall Tristan zeigt.

Was ist passiert? Das Bildungsministerium möchte die Arbeitsbedingungen des edukativen und psychosozialen Personals im Bildungswesen vereinheitlichen. In seiner Antwort auf eine parlamentarische Frage des Abgeordneten Sven Clement (Piraten) im März 2019 hatte der Bildungsminister angekündigt, die Arbeitsbedingungen gesetzlich zu regeln und diesbezüglich mit den Gewerkschaften und Personalvertretern zu verhandeln. Das ist laut den fünf Gewerkschaften aber nicht so abgelaufen. 

Stattdessen, so heißt es in dem offenen Brief, zirkulierten Anfang Juli von ministeriellen Beamten unterzeichnete Dokumente mit den neuen einseitig festgelegten und verschlechterten Arbeitsbedingungen. Auf Druck der Gewerkschaften sei das Ministerium zurückgerudert. Doch auch mit den abgeänderten Bedingungen sind die Personalvertreter nicht einverstanden

Die neuen Arbeitsbedingungen sollen lediglich für Personal gelten, das nach dem 1. September 2020 eingestellt wird. Das ist aus Sicht der Gewerkschaften eine Verbesserung. Womit sie aber nicht einverstanden sind, ist der Umstand, dass bei einem Wechsel innerhalb des Bildungssystems - zum Beispiel vom Fondamental ins Secondaire oder vom Secondaire in ein Kompetenzzentrum - die neuen Bedingungen gelten sollen.

Ein anderer Punkt: Obwohl die Fachkräfte in den Schulen mit den Kindern arbeiten, sollen sie in eine administrative Karriere eingestuft werden. Die neuen Arbeitsbedingungen gingen völlig an den tatsächlichen Anforderungen im Bildungswesen vorbei, heißt es in dem Schreiben. Unter den vom Ministerium festgelegten Bedingungen sei eine qualitativ hochwertige Arbeit mit Kindern und Jugendlichen nicht machbar, heißt es in dem Brief.

Man wolle keine Zwei-Klassen-Gesellschaft des edukativen und psychosozialen Personals im Bildungswesen. Neue Fachkräfte dürften auf keinen Fall unter schlechteren Bedingungen beschäftigt werden als das jetzige Personal, so noch die Gewerkschaften.

Sie fordern Bildungsminister Claude Meisch auf, mit ihnen in einen Dialog zu treten und die neuen Arbeitsbedingungen auszuhandeln statt über ihre Köpfe hinweg Entscheidungen zu treffen.

Bildungsministerium reagiert

Das Bildungsministerium sieht die Lage völlig anders. Auf Nachfrage hieß es am Montag, die Harmonisierung der Arbeitsbedingungen sei ein Wunsch der Gewerkschaften gewesen und diesem Wunsch sei man nachgekommen. „Wir erfinden nichts Neues“, erklärte Laurent Dura, chef de la direction générale de l'inclusion, „wir wenden lediglich geltendes Recht an“. 

Geltendes Recht anwenden bedeutet: Künftig soll das gesamte edukative und psychosoziale Personal gemäß den aktuellen gesetzlichen Bedingungen eingestellt werden. Das sei in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen, meinte Dura. Teile des Personals arbeiteten unter besseren Bedingungen, als die, die im Gesetz vorgesehen sind, „weil man sie ihnen zugestanden hat“. Das gelte beispielsweise für die früheren Ediff-Mitarbeiter (heute ESEB) oder Personal, das der Staat von den Gemeinden übernommen hat. Da aber alle heute Beschäftigten ihre Sonderbedingungen beibehalten, könne man nicht von Verschlechterungen sprechen, betonte Dura. 

Bei künftigen Rekrutierungen jedoch soll sich ausschließlich ans Gesetz gehalten werden. Das Gesetz verschaffe den Beschäftigten im Übrigen mehr Flexibilität. Durch das Zeitsparkonto sei es jetzt möglich, wöchentlich Überstunden zu machen und zusätzliche Urlaubstage zu sammeln. Außerdem sei es möglich, auch außerhalb der Schulferien Urlaub zu nehmen, was vorher nicht überall möglich gewesen sei.

Das edukative und psychosoziale Personal wird von fünf Gewerkschaften beziehungsweise Personalvertretungen repräsentiert: Syndicat du personnel de l’Éducation nationale œuvrant spécifiquement dans l’intérêt des élèves à besoins éducatifs spécifiques (SPEBS-CGFP), Association Luxembourgeoise des Éducateurs et Éducatrices (ALEE/CGFP), Syndicat Luxembourgeois des Educateurs gradués (SLEG/CGFP), Association du Personnel des Centres de Compétences et de l'Agence (APCCA/SEW/OGBL) und Association du Personnel du Centre et des Services psycho-sociaux et d’accompagnement scolaires (APPSAS).





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