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"Null Wachstum, wäre das eine Lösung?"
Politik 2 Min. 11.11.2016 Aus unserem online-Archiv
Zukunftspläne für Luxemburg

"Null Wachstum, wäre das eine Lösung?"

"Immer mehr bauen, immer weiter so?", lautete eine zentrale Frage der Podiumsdiskussion. Für Gast Gibéryen (ADR) fährt Luxemburg gegen die Wand: "Wenn das so weitergeht, ist in zehn, zwanzig Jahren alles zubetoniert".
Zukunftspläne für Luxemburg

"Null Wachstum, wäre das eine Lösung?"

"Immer mehr bauen, immer weiter so?", lautete eine zentrale Frage der Podiumsdiskussion. Für Gast Gibéryen (ADR) fährt Luxemburg gegen die Wand: "Wenn das so weitergeht, ist in zehn, zwanzig Jahren alles zubetoniert".
Foto: Marc Wilwert
Politik 2 Min. 11.11.2016 Aus unserem online-Archiv
Zukunftspläne für Luxemburg

"Null Wachstum, wäre das eine Lösung?"

Bérengère BEFFORT
Bérengère BEFFORT
Wie soll sich Luxemburg in den kommenden Jahrzehnten entwickeln? Minister und Oppositionspolitiker haben sich mit der Wachstumsfrage bei einer Podiumsdiskussion auseinandergesetzt.

(BB)  - "Es ist nicht nur ein abstraktes Gefühl. Im Verkehr, beim Landverbrauch sind die Sorgen der Menschen über negative Konsequenzen des Wachstums berechtigt", stellte Nachhaltigkeitsminister François Bausch gleich zu Beginn einer Podiumsdiskussion am Donnerstagabend klar. Dann folgte eine klare Ansage: "Wir können nicht mehr kreuz und quer drauf losbauen. Wenn wir so weitermachen wie in den letzten 25 Jahren, erwarten uns katastrophale Konsequenzen!"

Für die Regierung gilt es, das Wachstum besser zu steuern. Stichwort: Qualitatives Wachstum. Auf landesplanerischer Ebene, bei der Frage der wirtschaftlichen Entwicklung und der Schaffung neuer Arbeitsplätze, sowie in der Mobilität will die Regierung neue Entwicklungsziele stecken. Das Wachstum sei nicht per se schlecht, es müsse viel mehr in die richtige Bahn gelenkt werden, wollte die Koalition beschwichtigen.

Für David Wagner von Déi Lénk ist die Fragestellung allerdings schon im Ansatz falsch. Die gesamte wirtschaftliche Ausrichtung müsse hinterfragt werden, statt hier und da Flickwerk vorzunehmen.

So kam denn auch die Frage auf: "Null Wachstum, wäre das eine Lösung?"

Anders wirtschaften

"Ich bin wahrscheinlich der einzige Wirtschaftsminister in Europa, der sich fürs Wachstum entschuldigen muss", spöttelte Etienne Schneider. Würde Luxemburg von heute auf morgen jedenfalls gar kein Wachstum mehr verzeichnen, würde die Arbeitslosigkeit wieder in die Höhe schnellen. Die Staatsschuld würde explodieren. Eine wirtschaftliche Entwicklung sei also nicht wegzudenken. Allerdings müsse diese Entwicklung möglichst umweltfreundlich und effizient ausgerichtet werden, so Schneider.

"Wachstum wird nicht nur durch neue Arbeitsplätze geschaffen. Eine Möglichkeit ist auch, besser zu wirtschaften und die Produktivität durch neue Arbeitsweisen zu steigern", erklärte der Wirtschaftsminister.

Umdenken in der Mobilität

Eine andere Vorgehensweise stellte Staatssekretär Camille Gira bei der Mobilität in Aussicht: "Wenn wir es fertigbringen, dass die Leute morgens zunehmend auf Fahrgemeinschaften zurückgreifen, so dass mindestens zwei Personen in einem Auto sitzen, können wir den Straßenverkehr wesentlich entlasten". Zurzeit würde das Ministerium eine neue App ausarbeiten, um die Mitfahrgelegenheiten zu fördern.

Ein weiteres Beispiel für eine "qualitative Herangehensweise" skizzierte Wohnungsbauminister Marc Hansen: Neuer Wohnraum könne sich in Zukunft auch an anderen Konzepten wie Wohngemeinschaften und Kooperativen orientieren.

Opposition erwartet mehr

Für Claude Wiseler (CSV) bleibt dennoch die Frage, wie soziale Leistungen langfristig garantiert werden. Luxemburg müsse nicht nur für morgen, sondern auch für übermorgen planen, gab er zu bedenken.

Auch Gast Gibéryen (ADR) bewertete die Regierungspolitik kritisch. Luxemburg verzeichne Rekorde bei den Wachstumsraten und trotzdem weise der Staatshaushalt der Regierung hohe Defizite auf. Blau-Rot-Grün würde die Ursachen der Spirale und die langfristigen Folgen nicht genug berücksichtigen. Hier würde man vor der Wachstumsfalle kapitulieren.

Mehr Telearbeit und mehr Car-Sharing seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein, meinte seinerseits David Wagner. Die Antworten der Regierung würden das Scheitern eines Wirtschaftsmodells nur übertünchen, es müsse viel mehr ein grundlegendes Umdenken beim Konsum und der Lebensweise geben.

Minister François Bausch will den Diskussionsprozess nun in den kommenden Monaten  mit der breiten Öffentlichkeit fortsetzen. Ab Anfang 2017 sind eine Reihe Workshops vorgesehen. Im Herbst 2017 könnten Lösungsvorschläge in eine Reform des "Programme directeur" für die Landesplanung einfließen.


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