Nach "LuxLeaks": "OpenLux" nimmt Finanzplatz unter die Lupe
Nach "LuxLeaks": "OpenLux" nimmt Finanzplatz unter die Lupe
(SC/TJ) - Ende 2014 machte Luxemburg weltweit Negativschlagzeilen: Die sogenannten LuxLeaks zementierten den Ruf des Großherzogtums als Steuerparadies. Dokumente, die von Whistleblower an Journalisten mehrerer internationaler Publikationen weitergegeben worden waren, zeigten, wie es internationalen Konzernen systematisch ermöglicht wurde, ihre Steuerausgaben auf ein Minimum zu reduzieren.
Rund sechs Jahre später deutet nun eine gemeinsame Recherche, an der unter anderem die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ), „Le Monde“ und „Miami Herald“ beteiligt waren, darauf hin, dass sich seither offenbar nicht viel geändert hat: „Trotz aller Skandale und Ermittlungen zieht die Steueroase Luxemburg weiterhin internationale Konzerne und vermögende Personen an und macht es diesen leicht“, so die SZ nach einjährigen Untersuchungen am Montag. Das öffentliche Registre des bénéficiaires économiques, das es Briefkastenfirmen schwerer machen sollte unentdeckt zu bleiben, sei „weitgehend wirkungslos.“ Für Luxemburg war die Wochenzeitung Woxx beteiligt.
Angaben in dem öffentlichen Register seien oft fehlerhaft, in fast der Hälfe der Fälle würden sie komplett fehlen. Alleine im Jahr 2020 seien in Luxemburg 10.713 Firmen gegründet worden - die Firmengründer kämen hingegen zu rund drei Vierteln aus dem Ausland. Neben Firmen würden weiterhin aber auch Prominente und Kriminelle von den Steuervorteilen in Luxemburg profitieren.
In dem Artikel unter dem Titel „Und ewig lockt Luxemburg“ schreibt die SZ, den anderen Ländern gingen durch die Luxemburger Praktiken Milliarden an Steuereinnahmen verloren. Luxemburg wird als „Playa de Palma“ für die Gelder der Reichen beschrieben.
Vor allem französische Firmennamen seien bei den Recherchen häufig zutage getreten, so „Le Monde“. Luxemburg sei ein „Magnet für den Reichtum der Welt“: Milliardäre, multinationale Unternehmen, Sportler, Künstler, Politiker und sogar einige Royals hätten hier Briefkastenfirmen ohne Büroräume und Angestellte gegründet. Rund 55.000 Offshore-Unternehmen würden ein Vermögen von mindestens sechs Billionen Euro verwalten.
Auch werde in Luxemburg Vermögen fragwürdigen Ursprungs verwaltet. Pikant ist die Tatsache, dass auch die russische und die italienische Mafia als Nutznießer des Finanzplatzes Luxemburg angeführt werden. Die Lega, eine rechtspopulistische Partei in Italien, lagere in Luxemburg Gelder, die von den italienischen Autoritäten gesucht werden, und auch das venezolanische Regime habe hier korruptes Vermögen „recycelt“.
Im Gegensatz zu den Behauptungen der luxemburgischen Regierung sei das Großherzogtum ein „wahrhaftiges Offshore-Zentrum.“ Das liege unter anderem auch daran, dass die Größe der mit der Übersicht beauftragten Verwaltung sich eher an der Größe des Landes orientiere, als an dem Umfang der tatsächlichen Transaktionen. Das Registre des bénéficiaires économiques habe lediglich 59 Angestellte. Dieses, und auch die Aufsichtsbehörde für den Finanzsektor (CSSF), sei mit rund 900 Angestellten unterbesetzt.
Am 21. Februar hatte das EU-Parlament in einer Abstimmung wegen Steuerhinterziehung Druck auf eine Reihe Länder gemacht - darunter auch das Großherzogtum. Allerdings wurde das Land damals namentlich nicht erwähnt, sondern lediglich umschrieben.
Prominente Namen aufgelistet
Im Gegensatz zu Luxleaks handelt es sich bei den aktuellen Enthüllungen nicht um unrechtmäßig beschaffte Daten. Im Rahmen von Openlux wurden die öffentlich zugänglichen Informationen aus dem Register der wirtschaftlich Berechtigten benutzt - zwischen drei und vier Millionen Datensätze seien ausgewertet worden. Allerdings wurden die Informationen „lesbarer“ gemacht, als sie dies auf dem offiziellen Server sind.
Somit wurde es beispielsweise möglich, nicht nur die Namen der registrierten Gesellschaften abzufragen, sondern gezielt Namen von Personen einzugeben und festzustellen, mit welchen Firmen, Trusts, und Holdings sie in Verbindung stehen. Über 250 Milliardäre würden laut Openlux im luxemburger Transparenzregister angeführt. Brad Pitt, Angelina Jolie, Claudia Schiffer, Tiger Woods, Cristiano Ronaldo, Shakira, der Prinz von Saudi-Arabien und Dieter Hallervorden sind einige der Namen, die genannt werden. Unternehmen wie Hermès, Pfizer, LVMH, Decathlon, KFC oder Amazon kommen ebenfalls vor.
Angestoßen wurde die Aktion von der französischen Tageszeitung „Le Monde“. Beteiligt waren die „Süddeutsche Zeitung“, die belgische „Le Soir“ sowie die US-amerikanische Mediengruppe McClatchy, die unter anderem den Miami Herald herausgibt. In Luxemburg selbst beteiligte sich die Wochenzeitung „Woxx“ an den Nachforschungen.
Stellungnahme der Regierung
Die Regierung reagierte bereits in der Nacht auf Montag auf die Enthüllungen: Man nehme die „Veröffentlichung einer Reihe von Artikeln in der internationalen Presse über angebliche Mängel in den Vorkehrungen des Großherzogtums zur Bekämpfung der Geldwäsche zur Kenntnis“, weise die „verschiedenen Behauptungen“ allerdings entschieden zurück. In den Veröffentlichungen würden die Autoren eine Reihe von „unbegründeten Behauptungen über die luxemburgische Wirtschaft und den Finanzplatz“ aufstellen.
Luxemburgs Gesetzgebung sei im Einklang mit allen EU- und internationalen Vorschriften und Transparenzstandards - im Großherzogtum gebe es demnach „keine günstige Steuerregelung für multinationale Unternehmen oder für digitale Unternehmen.“
Zudem habe das Land alle internationalen Standards in puncto Steuertransparenz und -missbrauch umgesetzt und verfüge als eines der ersten Länder Europas über ein frei und öffentlich zugängliches Register für wirtschaftlich Berechtigte.
In Luxemburg, das über ein Triple-A-Rating verfügt, gebe es keinerlei Sonderregelungen für internationale Konzerne, so die Mitteilung weiter. Diese hätten sich an die gleichen Regelungen zu halten, wie einheimische Unternehmen.
Im Zuge der Kontrolle habe die Aufsichtsbehörde für den Finanzsektor (CSSF) in den vergangenen sieben Jahren die Zahl ihrer Mitarbeiter verdoppelt und beschäftige mittlerweile über 1.000 Personen. Allein im Bereich der Geldwäschebekämpfung sei die Beschäftigtenzahl in den letzten drei Jahren um 46 Prozent gewachsen.
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