„Muslime sinn a bleiwen Terroristen“
„Muslime sinn a bleiwen Terroristen“
(ham) - „Bevor die Flüchtlinge kamen, wurde auch gemordet. Das waren dann Europäer oder Deutsche. Aber die sitzen heute hinter Gittern“, stellt die Frau fest. Eine Stunde und sechs Minuten lang dauert das Video, das am 5. Dezember 2016 auf Youtube hochgeladen wurde. Dabei geht es in der Hauptsache um Flüchtlinge und die Reaktion der verantwortlichen Politiker. Warum diese sich andauernd auf die Seite der Flüchtlinge stellen, fragt sich die Protagonistin. Sie wüssten doch, dass die Bürger nicht damit einverstanden seien.
Es ist nicht Christiane Kies' einziger Vlog, oder Video-Blog. In rund 40 Videos wendet sich die Schriftstellerin zwischen Oktober 2016 und Mai 2017 regelmäßig an ihre Zuschauer. Mal in Französisch, meist aber in Deutsch. Hauptsächlich spricht sie über Religion, liest aus den Evangelien vor.
„Sie machen alles Böse“
Allerdings kommt auch immer wieder die Politik zur Sprache. Und im Dezember 2016 die Flüchtlinge: Man lasse sie in Massen einströmen, meint die Verfasserin, die sich selbst als Sprachlehrerin vorstellt. Die Politiker seien aber inkonsequent gegenüber den Flüchtlingen. Diese hätten keine oder nur gefälschte Papiere, sie vergewaltigten Frauen, stehlen (ab Minute 48). „Sie machen alles Böse“, so Christiane Kies' Fazit. Natürlich seien nicht alle Flüchtlinge so. „Aber ein großer Teil von ihnen“.
Diese Worte decken sich mit den Aussagen der Frau auf den sozialen Netzwerken. Wie RTL am Dienstag berichtete, habe Christiane Kies auf Facebook mehrere fragwürdige, da fremdenfeindliche Aussagen getätigt, inzwischen aber wieder gelöscht. Auf einem Screenshot sind mehrere Posts zu erkennen, in denen die ADR-Kandidatin bei den Gemeindewahlen in der Stadt Luxemburg gegen Muslime wettert und andere Facebook-Nutzer angreift.
„Muslime sinn a bleiwen Terroristen“, heißt es in einem Beitrag. „Dat wat se elo maachen, ass alles Schäinhellegkeet. Sou regéiert de Lucifer (…) An dat soen ech fir d'Muslimen, si sinn d'Kanner vu Lucifer an hire Koran ass dem Luficer seng Bibel.
NOMP, Déi Lénk und ADR
Pikant ist in diesem Zusammenhang, dass Christiane Kies am 8. Oktober für die ADR mit in die Gemeindewahlen zieht. Allerdings wären dies nicht die ersten Wahlen, an denen die 65-jährige Schriftstellerin aus Cents teilnimmt. Zum ersten Mal taucht ihr Name bei den Wahlen 1994 auf der Liste der NOMP auf, der „Neutral an onofhängeg Mënscherechtspartei“.
Die Luxemburger Partei, die von Hilda Rau-Scholtus, der Witwe des ehemaligen CSV-Finanzpolitikers Fernand Rau, angeführt wurde, war am 12. Juni 1994 bei den Parlaments- und Europawahlen angetreten, und das sowohl im Zentrum als auch im Süden. Zusammengerechnet kam die NOMP auf 9 863 Stimmen, bzw. 0,63 Prozent. Christiane Kies sammelt im Süden rund 450 Stimmen.
Bei den Gemeindewahlen 2011 dann steht der Name Christiane Kies-Ciuca auf der Liste von „Déi Lénk“ in der Hauptstadt. Mit 1100 Stimmen landet die Autorin von Kinderbüchern abgeschlagen auf dem letzten Platz der Liste. Einen dritten Anlauf nimmt Christiane Kies nun am 8. Oktober mit der ADR in der Stadt Luxemburg.
Einer eigenen Biografie zufolge hat Christiane Kies Pädagogik in Vancouver studiert. Sie unterrichtete Fremdsprachen an einer katholischen Privatschule, bevor sie 1982 nach Luxemburg zurückkehrte. Dort sei sie dann in der Versicherungs- und Immobilienbranche tätig geworden, bevor sie aus gesundheitlichen Gründen ihren Beruf an den Nagel hängen musste. Erst dann habe sie ihren jahrelangen Traum erfüllt, Schriftstellerin zu werden. 2010 erschien ihr erster Roman „Dem Bobbie seng Abenteuer“.
„Nie negativ aufgefallen“
In einer ersten Reaktion zeigte sich der ADR-Abgeordnete Roy Reding betroffen und überrascht. Christiane Kies sei bereits seit einiger Zeit in der Partei aktiv, sei aber bislang nie mit negativen Aussagen aufgefallen. „Natürlich kann man diese Aussagen aber nicht gut heißen“, so einer der Spitzenkandidaten der ADR in der Stadt Luxemburg.
Rückblickend müsse man sich natürlich die Frage gefallen lassen, ob man die Kandidatin nicht besser hätte durchleuchten müssen. Er selbst setze stets auf Vertrauen und halte nicht viel von Überwachung. „Ich bin gegen jegliche Form der Gedankenpolizei. Auch wenn das die Aussagen von Christiane Kies in keinster Form herunter spielen soll", so Reding.
Nun da die Listen aber offiziell eingereicht wurden, bleibt der Partei nicht viel Spielraum. Er hoffe, unterstreicht Reding, dass die Kandidatin das Richtige tut und ihre eigenen Konsequenzen aus diesem Debakel ziehe.
Folgen Sie uns auf Facebook, Twitter und Instagram und abonnieren Sie unseren Newsletter.
Als Abonnent wissen Sie mehr
In der heutigen schnelllebigen Zeit besteht ein großer Bedarf an zuverlässigen Informationen. Fakten, keine Gerüchte, zugänglich und klar formuliert. Unsere Journalisten halten Sie über die neuesten Nachrichten auf dem Laufenden, stellen politischen Entscheidern kritische Fragen und liefern Ihnen relevante Hintergrundgeschichten.
Als Abonnent haben Sie vollen Zugriff auf alle unsere Artikel, Analysen und Videos. Wählen Sie jetzt das Angebot, das zu Ihnen passt.
