Merkzettel an die Politik
Merkzettel an die Politik
(BB) - "Wieso sollte ich für alle anderen zahlen?" - Macht sich diese Frage in der Gesellschaft breit, sollten alle Alarmglocken läuten. Zusammenhalt und Gerechtigkeit sind mehr denn je gefordert, wenn Vermögensverhältnisse auseinanderklaffen und Entwicklungschancen nicht für alle garantiert sind. Es gilt Ungleichgewichte zu erkennen, zu nennen und bewusst anzupacken. In ihrer diesjährigen Ausgabe des Sozialalmanach setzt sich die Hilfsorganisation Caritas mit dem Thema der Ungleichheiten auseinander.
In 22 Beiträgen werfen Caritas Verantwortliche und Gastautoren einen kritischen Blick auf soziale Herausforderungen in Luxemburg wie auch auf internationaler Ebene. Dabei wird besonders die Politik in die Pflicht genommen. "Es bleibt Aufgabe der Politik für gleiche Chancen zu sorgen, und nicht durch ungeschicktes Vorgehen hier und da schon existierende Ungleichheiten noch zu verschlimmern, oder sie sogar erst herbeizuführen", gibt Caritas-Präsidentin Marie-Josée Jacobs im Vorwort des Sozialalmanach 2016 zu bedenken.
Kommunikation allein reicht nicht
Reformen, welche die blau-rot-grüne Koalition in die Wege geleitet hat, werden im Sozialalmanach einer kritischen Analyse unterworfen. Die Regierung sei zwar gewillt, etwas zu ändern und kündige vieles an, allerdings würden anschließende Reformen oftmals nicht weit genug gehen oder seien unzureichend durchdacht, stellt Caritas-Sprecher Robert Urbé am Beispiel des neuen Kindergeldes und Elternurlaubs fest.
Beim neuen Kindergeld, das für alle Kinder auf die gleiche Summe vereinheitlicht wird, vermisst die Hilfsorganisation eine entsprechende wissenschaftliche Grundlage. Erhalten die Eltern für jedes Kind den gleichen Betrag, würden besonders Familien mit einem Kind bevorteiligt. Eltern, die für drei oder vier Kinder aufkommen müssen, könnten hingegen schwere Nachteile erleiden. Wolle die Regierung also ein System einführen, das die bisherige Staffelung der Beihilfen abschaffe, müssten diese Änderungen und Auswirkungen für die Familien entsprechend untersucht werden, betont Robert Urbé.
Gute Chancen und die richtige Balance
Eine gründliche Herangehensweise sei ferner in der Bildungspolitik gefragt. Auch hier gelte es die sozialen Ungleichheiten in der schulischen Laufbahn und deren Einflussfaktoren gezielter anzugehen. Um so mehr weil Luxemburg eine starke demografische Entwicklung erlebe mit jährlich 14.000 neu zugezogenen Personen, wie Caritas-Präsidentin Marie-Josée Jacobs hervorhebt.
Bessere Chancen für alle schaffen gehe letztlich mit einer ausgeglichenen Sozialpolitik einher. "Es ist eine Frage der Balance zwischen universellen Sozialleistungen und Beihilfen, die auf ein paar Zielgruppen ausgerichtet sind", sagt Robert Urbé. Wird die öffentliche Unterstützung nur ein paar Zielgruppen vorbehalten, führe das in eine Sackgasse. Mit ihrem Sozialalmanach rückt Caritas demnach das Gemeinschaftliche in den Vordergrund. Ein Appell, dem auch die politischen Vertreter, so hofft die Hilfsorganisation, genug Gehör schenken werden.
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