Menschenrechtskommission: Ausgangssperre wirft Fragen auf
Menschenrechtskommission: Ausgangssperre wirft Fragen auf
Viel Zeit hatte die Beratende Menschenrechtskommission (CCDH) nicht, um ihr Gutachten zu den Abänderungen am Covid-Gesetz anzufertigen. Am Montagabend kam der Text, am Mittwoch soll das Gesetz verabschiedet werden. Das bedauert die Kommission auch in ihrem Gutachten, das Mittwoch früh veröffentlicht wurde.
Sie bedauert zudem besonders, dass angesichts der Schwere, mit der durch die Ausgangssperre in die Freizügigkeit des Einzelnen eingegriffen wird, keine wissenschaftlichen und medizinischen Daten und Statistiken angegeben werden, um zu erklären, warum die Maßnahme ergriffen wird.
„Wir können so nicht die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit eines solchen Eingriffs bewerten“, sagt die Juristin der CCDH, Anamarija Tunjic. Man habe den Eindruck, dass sich eher an den Nachbarländern inspiriert wurde denn auf die Situation im eigenen Land zu reagieren. Deswegen sei es besonders wichtig, dass die Maßnahmen transparent, verständlich und kohärent sind, mahnt die Kommission.
Rechte vulnerabler Personenkreise nicht beachtet
Sie sieht besonders kritisch, dass die besondere Situation verschiedener Personengruppen nicht beachtet wurde: Obdachlose und Prostituierte beispielsweise, die nun Sanktionen riskieren. Gerade Personen, die oft ohnehin schon in prekären Verhältnissen leben, werden in den Untergrund gedrängt und noch größeren Gefahren ausgesetzt. Weder im Motivenbericht noch in den Kommentaren wird auf Garantien für die Rechte und Bedürfnisse eingegangen.
Dasselbe gilt für die Gründe, warum nicht in allen Handelsflächen die Zahl der Kunden begrenzt wird und warum ab 400 qm? Das müsste näher erklärt werden. Und auch bei den Ausnahmen für die Ausgangssperre wünscht sich die Kommission noch Präzisionen. „Sie müssen aber noch genauer erklärt werden, weil sonst juristische Unsicherheit besteht. Zumal ja auch Sanktionen vorgesehen sind“, fordert Tunjic.
Gut, dass es Ausnahmen gibt, aber wie läuft die Praxis?
Die Juristin befürwortet auch, dass der Gesundheitsdirektor nun offiziell Ausnahmen von der Isolation erteilen kann, wenn es beispielsweise von der Arbeit her nötig ist. „Wir begrüßen, dass sie vorgesehen sind. Es ist vom Zeitpunkt her aber unglücklich, weil jetzt erst die legale Basis dafür geschaffen wird, dass Lehrpersonen doch unterrichten durften“, sagt Tunjic.
Auch bei dieser Maßnahme wünscht sich die CCDH mehr Klarheit und Präzision. „Wie läuft das in der Praxis ab? Evaluiert der Gesundheitsdirektor von vorneherein jeden Fall? Kann ein Arbeitnehmer auch dazu gezwungen werden? Kann ein Arbeitgeber es auch beantragen?“
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