"Mehr Transparenz ist im allgemeinen Interesse"
"Mehr Transparenz ist im allgemeinen Interesse"
(CBu) - Der Verfassungsexperte Paul-Henri Meyers (CSV) spricht sich für eine mutigere Reform des Staatsrats aus. Vor allem in Sachen Transparenz sollte der Gesetzgeber weiter gehen als dies durch die Regierungsparteien derzeit geplant ist, forderte der CSV-Abgeordnete und Vizepräsident der zuständigen parlamentarischen Verfassungskommission am Mittwoch im Interview mit "Radio 100,7".
Auf Nachfrage des "Luxemburger Wort" präzisiert Meyers, dass es nicht mehr zeitgemäß sei, wenn der Staatsrat weiter auf die bisher geltende Geheimhaltung der Autoren seiner Gutachten pocht. Mit dem neuen Verhaltenskodex des Staatsrats sei ein neues Element in die längst nicht neue Transparenzdebatte gekommen. Die Öffentlichkeit habe demnach ein Recht darauf zu erfahren, wer an einem Gutachten mitarbeitet und ob es dabei zu eventuellen Interessenkonflikten kommen könnte.
"Anonymität der Gutachter nicht mehr haltbar"
Konkret fordert Meyers, dass die Namen der Berichterstatter künftig in einem Gutachten des Staatsrats genannt werden sollen. Eine andere Lösung wäre, dass man zumindest die Mitglieder der zuständigen Kommission in der Hohen Körperschaft, die am Gutachten mitberaten haben, veröffentlicht. Denn faktisch sei ein Gutachten des Staatsrats nie ein Text, der auf der Arbeit eines einzelnen Mitglieds basiert. Dennoch gebe es letztlich in den meisten Fällen einen einzigen Autor.
Mehr Transparenz im Sinn einer solchen Aufhebung der Anonymität wäre laut Meyers im "allgemeinen Interesse, nicht zuletzt im ureigenen Interesse des Staatsrats selbst". Auch wenn die Mehrheitsparteien aktuell nicht auf diesen Weg gehen wollten, ist sich der überparteilich anerkannte Verfassungsexperte sicher: "Über kurz oder lang ist die Anonymität der Gutachter nicht mehr haltbar."
DP-Gutachterin gegen "übermäßige Politisierung"
Meyers betont allerdings, dass es sich dabei um seine persönliche Meinung als Abgeordneter und Vizepräsident der Verfassungskomission handele. Die CSV-Fraktion habe über diese Frage noch nicht abschließend beraten. Meyers, der selbst von 1985 bis 2000 im Staatsrat saß, sagt aber auch, dass die Debatten um den Deontologiekodex und besonders um das umstrittene Gutachten des Staatsrats über die Steuerreform, eine neue Antwort des Gesetzgebers erfordern würden.
Die Regierungsparteien sprechen sich dagegen weiterhin gegen eine Herstellung von mehr Transparenz im Staatsrat aus. Laut der Berichterstatterin der aktuell diskutierten Gesetzreform, Simone Beissel (DP), sei man sich im Parlament eigentlich einig gewesen, dass man es auch bei dieser Reform bei einer "minimalistisch verbesserten Transparenz" belassen sollte. Die von Paul-Henri Meyers vorgeschlagene Lösung würde zu einer "übermäßigen Politisierung" der Institution des Staatsrats führen, so Beissel bei "Radio 100,7".
Kritik an Funktionsweise des Staatsrats nicht neu
Die Forderung nach mehr Transparenz ist nicht neu. Kürzlich hatte sich auch der Verfassungsrechtler Luc Heuschling in einem Interview mit dem "Luxemburger Wort" für eine mutigere Reform ausgesprochen. Die Anonymität der Gutachter sei "ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert", sagt Heuschling, das nur hinsichtlich der früheren richterlichen Befugnisse des Staatsrats gerechtfertigt gewesen sei. Spätestens seit der Reform von 1996 verfüge die Körperschaft aber nicht mehr über diese Befugnisse.
Bei der heutigen Funktion eines "politisierten Expertenrats" im Institutionengefüge einer modernen Demokratie müsse schlicht Transparenz gegeben sein, so der Professor für Verfassungsrecht. Das Argument einer "übermäßigen Politisierung" lässt Heuschling auch nicht gelten, da der Staatsrat bereits jetzt vom Gesetz und von den Parteien gewollt als politische Institution konzipiert wurde.
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