"Lust auf Sommer": Neue Corona-Regeln in Luxemburg beschlossen
"Lust auf Sommer": Neue Corona-Regeln in Luxemburg beschlossen
20 Mal war er Berichterstatter zu einem Covid-Gesetz. Doch diesmal gab es für den Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses Mars Di Bartolomeo (LSAP) wirklich Anlass zur Freude. Das Parlament kam nämlich am Samstag zum ersten Mal seit Monaten zusammen, um über weitreichende Lockerungen abzustimmen. Für Gilles Baum (DP) macht das neue Gesetz schlicht „Lust auf Sommer“. Die grüne Fraktionsvorsitzende Josée Lorsché sprach von einem „großen Sprung in Richtung Freiheit“.
Michel Wolter (CSV), Autor und Berichterstatter zu der Gesetzesvorlage 7808 zu den sanitären Maßnahmen in den Alters- und Pflegeheimen, setzte der Freude allerdings gleich zu Beginn der Sitzung einen Dämpfer auf: In seinem ausführlichen Bericht erinnerte er noch einmal an die vielen Toten in den Seniorenstrukturen, die Anlass für seine Gesetzesinitiative waren. Zur Abstimmung kam der Gesetzesvorschlag allerdings nicht. Wolter zog den Text zurück, weil die meisten seiner Forderungen Eingang in das neue Covid-Gesetz gefunden haben.
In die richtige Richtung
Und weil darüber hinaus eine ganze Reihe von früheren Forderungen der CSV ihren Niederschlag in dem neuen Covid-Gesetz gefunden haben, trugen die Christsozialen diesmal den Text mit. Auch die Piraten stimmten dafür. Ausschlaggebend waren für beide Parteien u.a. die Aufhebung der Ausgangssperre und die Einführung des Covid-Checks.
Einige Wermutstropfen gab es in den Augen der beiden Oppositionsparteien dann doch. Für Claude Wiseler (CSV) geht das neue Covid-Gesetz zwar in die richtige Richtung. Gleichzeitig bedauerte er aber, dass die Regierung diesen Weg nicht schon vor einem Monat beschritten und sich stattdessen im Mai für „unkoordinierte Regeln“ entschieden hatte.
Wiseler sieht aber weiterhin Handlungsbedarf, etwa im Bildungsbereich. Statt der Maskenpflicht wünscht sich die CSV ein ähnliches System wie den Covid-Check in den Schulen. Grundsätzlich plädiert Wiseler dafür, dass die Maßnahmen im Bildungsbereich nicht mehr separat laufen, sondern in das allgemeine Regelwerk integriert werden.
Auch für Sven Clement von den Piraten überwiegen beim Covid-Gesetz diesmal die Vorteile. Dennoch hätte er es vorgezogen, wenn für die Alters- und Pflegeeinrichtungen konkrete Sanitärkonzepte gelten würden, so, wie dies beispielsweise in den Einkaufszentren der Fall ist. Seine Gesetzesvorlage, die er zu dem Punkt ausgearbeitet hatte, schaffte den Sprung ins Plenum nicht.
Wir brauchen ein Zentrum für die Nachversorgung für Long-Covid-Patienten.
Josée Lorsché, Déi Gréng
Die ADR und Déi Lénk konnten sich trotz der vielen Lockerungen nicht richtig mit der neuen gesetzlichen Grundlage anfreunden. Für Nathalie Oberweis (Déi Lénk) ist der Text nach wie vor nicht kohärent. Dies war denn auch für ihre Partei einer der Hauptgründe für die Enthaltung bei der Abstimmung.
Die ADR beanstandete vor allem den Covid-Check, das ihrer Meinung nach immer noch zu strikte Versammlungsrecht, die Einschränkungen im Privatbereich sowie die Regeln für den Sport- und Kulturbereich. Jeff Engelen beantragte daher zu den entsprechenden Artikeln eine separate Abstimmung. In allen vier Punkten wurde die ADR von den Mehrheitsparteien im Verbund mit der CSV und den Piraten überstimmt.
Viel Lob gab es hingegen wie gewohnt von den drei Regierungsparteien. Allerdings gab es auch in den Reihen von DP, LSAP und Grünen einige besorgte Stimmen. Georges Engel (LSAP) gab beispielsweise zu bedenken, dass es bei größeren Veranstaltungen mit bis zu 300 Personen schwer sein wird, zu überprüfen, ob alle Regeln auch tatsächlich eingehalten werden.
Josée Lorsché (Déi Gréng) griff eine Problematik auf, auf die zuvor bereits Claude Wiseler eingegangen war: So forderte sie in Bezug auf den so genannten Long Covid konkrete Maßnahmen: „Wir brauchen ein Zentrum für die Nachversorgung für Long-Covid-Patienten.“
Zudem gab sie zu bedenken, dass es ein Ungleichgewicht zischen den Regeln im öffentlichen Raum und dem Privatbereich gibt. Dennoch akzeptierte sie diese Diskrepanz, weil mit Abstand die meisten Neuinfektionen weiterhin im privaten Umfeld passieren.
Problematische Testpflicht
Mehrfach kam auch die nun gesetzlich verankerte Testpflicht für das medizinische Personal in den Krankenhäusern sowie in den Alten- und Pflegeheimen zur Sprache. Dies war eine der zentralen Forderungen aus der Gesetzesvorlage von Michel Wolter. Grundsätzlich waren fast alle Redner dafür, dass die Mitarbeiter sich drei Mal pro Wochen testen lassen müssen. Allerdings wurde auch wiederholt darauf verwiesen, dass es in Bezug auf die Arbeitsverweigerung, die der Arbeitgeber bemühen kann, noch viel Klärungsbedarf gibt.
Das Gesetz, das mit den Stimmen von DP, LSAP, Grünen, CSV und der Piraten angenommen wurde, kam buchstäblich auf den allerletzten Drücker: Es tritt am Sonntag um Mitternacht in Kraft. Es gilt bis zum 15. Juli.
Die neuen Regeln
Die Ausgangssperre und die Sperrstunde werden aufgehoben. Im gesamten Horeca-Bereich werden die Maßnahmen weniger streng. Im Außenbereich können zehn Gäste zusammensitzen. Einen Test braucht es nicht.
Im Innenbereich gelten unterschiedliche Regeln. Bis zu vier Personen können an einem Tisch Platz nehmen, ohne vorher einen Test machen zu müssen.
Es besteht auch die Möglichkeit, dass zehn Gäste an einem Tisch Platz nehmen. Allerdings braucht man dazu den sogenannten Covid-Check. Das bedeutet, dass man ein offizielles Zertifikat mit einem fälschungssicheren QR-Code vorlegen muss, das bescheinigt, dass man entweder vollständig geimpft ist, eine Covid-Infektion überstanden oder aber einen gültigen PCR-Test beziehungsweise einen beglaubigten Schnelltest gemacht hat.
PCR-Tests sind weiterhin 72 Stunden gültig, bei den Schnelltests wird die Gültigkeitsdauer von heute 24 auf 48 Stunden angehoben. Natürlich kann man auch weiterhin einen Selbsttest vor Ort machen.
Mehr Freiheiten im Privatbereich
Auch im Privatbereich werden die Restriktionen gelockert. Bislang konnte man zu Hause lediglich vier Personen empfangen. Ab Sonntag gilt im privaten Raum eine Obergrenze von zehn Personen.
Auch größere Zusammenkünfte sind ab dem 13. Juni wieder möglich. Kommen zwischen zehn und 50 Personen an einem Ort zusammen, gelten weiterhin die Abstandsregeln und es besteht eine Maskenpflicht. Eine Sitzpflicht besteht aber nicht. Wer belegen kann, dass er geimpft, geheilt oder genesen ist, ist von den Auflagen entbunden.
Auch Veranstaltungen mit bis zu 300 Personen sind wieder erlaubt. Erfüllen sie eines der drei Kriterien des Covid-Checks, müssen die Gäste keine Maske tragen und sie brauchen auch keine Abstandsregeln einzuhalten. Sind sie weder geimpft, noch geheilt oder getestet, ist ein Mundnasenschutz Pflicht, die Abstandsregel von zwei Metern muss eingehalten werden und sie müssen sitzen bleiben. Dies soll es ermöglichen, dass das Nachtleben demnächst wieder Fahrt aufnehmen kann.
Ähnliche Bestimmungen gelten auch im Sport- und im Kulturbereich. Interessant ist, dass bei den Veranstaltungen auch wieder Getränke und Imbisse angeboten werden können. Mit einem speziellen, von der Santé akzeptierten Hygienekonzept sind sogar Veranstaltungen mit 2.000 Menschen möglich. Sie sollen aber die Ausnahme bleiben.
Erleichterungen für Geschäfte
Im Einzelhandel fällt die Regel weg, dass sich nur ein Kunde pro zehn Quadratmeter Fläche im Laden aufhalten darf. Die Maske ist aber weiterhin Pflicht. Auch im öffentlichen Transport muss man weiterhin einen Mundnasenschutz tragen. Die Beihilfen für die Betriebe werden bis Oktober verlängert, sollen dann aber auslaufen.
Übrigens gibt es auch für die Kinder und Jugendlichen eine Erleichterung: Sie brauchen im Schulhof keine Maske mehr zu tragen, in den Klassensälen gilt aber weiterhin Maskenpflicht.
Nur in einem Bereich werden die Regeln wieder strenger. In Kliniken, Alters- und Pflegeheimen, aber auch in der häuslichen Pflege, wird eine Testpflicht eingeführt. Mitarbeiter müssen sich dreimal pro Woche einem Test unterziehen. Bislang galt nur eine Empfehlung.
Das Gesetz sieht natürlich auch Kontrollen vor. Wer gegen die Regeln verstößt, muss mit einer Strafe rechnen.
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