"LSAP muss ihr Profil schärfen"
"LSAP muss ihr Profil schärfen"
Jimmy Skenderovic, Präsident der "Jonk Sozialisten", ist seit 2010 Mitglied der LSAP. Der gelernte Ökonom arbeitet im Umweltministerium. Im vergangenen Jahr löste er Sammy Wagner an der Spitze der sozialistischen Jugendorganisation ab.
Interview: Max Lemmer
Wie sehen Sie die Rolle der Jungsozialisten im Vergleich zu der Mutterpartei?
Unsere Aufgabe ist es, die Stimme der jungen Menschen zu vertreten. Wir versuchen unsere Ideen in das Parteiprogramm einfließen zu lassen. Außerdem erinnern wir die LSAP immer daran, nicht vom Weg der traditionellen Werte abzukommen. Des Weiteren sorgt die JSL für den politischen Nachwuchs. In den vergangenen Jahren machte sich eine allgemeine Politikverdrossenheit breit. Seit einigen Monaten stellen wir jedoch einen Aufwärtstrend fest. Immer mehr junge Menschen interessieren sich wieder für Politik.
Inwiefern schaut die JSL der LSAP auf die Finger?
Die JSL ist in mehreren LSAP-Gremien vertreten. Wir messen die LSAP aufgrund ihrer politischen Entscheidungen. Beim "sozialistischen Leitfaden", der ausgearbeitet wurde, haben wir mehrere Änderungsvorschläge gemacht. Die Jungsozialisten haben in diesem Positionspapier einen Paragraphen zum Thema Jugend eingereicht, bei dem die Bildungs- und Wohnungsbaupolitik die Schwerpunkte sind.
Fühlen Sie sich von der LSAP ernst genommen?
Nein, nicht genug! Das Feedback ist nicht ausreichend. Von der LSAP erhalten wir lediglich Rückmeldungen, wenn wir für etwas eintreten, das der Partei nicht so sehr gefällt. Es ist allerdings nicht so, dass jemand uns einen Maulkorb verpassen würde. Falls wir nicht mit der LSAP auf einer Linie sind, versucht die Partei Überzeugungsarbeit zu leisten, indem sie erklärt, warum diese oder jene Entscheidungen getroffen wurde.
Welche Prioritäten haben sich die Jungsozialisten für die kommenden Monate gesetzt?
Die Bekämpfung der sozialen Ungleichheit steht bei uns ganz im Vordergrund. Wir starten eine Kampagne, um dieses Phänomen aus der Welt zu schaffen. Ungleichheit schafft zahlreiche andere Probleme. Sie ist u.a. auch für den rechtsextremen Aufschwung in Europa verantwortlich.
Wie bewerten Sie die Regierungsarbeit der LSAP?
Es gibt einige gute Ansatzpunkte, doch andere Aspekte gefallen uns weit weniger. Beim Freihandelsabkommen TTIP z.B. vertreten die Sozialisten keine klare Linie. Generell sollte die LSAP ihr Profil schärfen und mehr Durchsetzungsvermögen innerhalb der Regierung zeigen. Auch in der Sozialpolitik sehen wir Handlungsbedarf. Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit sollte man konsequenter angehen. Die Praktika (Stages) müssen besser reguliert werden. Nur so lässt sich verhindern, dass Betriebe junge Menschen als billige Arbeitskraft missbrauchen.
Bei der Steuerreform wurden zahlreiche Forderungen, die die LSAP im Wahlkampf gestellt hatte, nicht berücksichtigt. Trägt die Reform überhaupt noch eine sozialistische Handschrift?
Ja es stimmt, dass sich eine Reihe von sozialistischen Forderungen nicht in der Steuerreform widerspiegeln. Das ist schade! Die Reform enthält einige positive Akzente, doch sie entspricht nicht dem, was wir uns erhofft hatten. Meiner Ansicht nach, wäre eine noch gerechtere Umverteilung möglich gewesen.
Eigentlich hatten wir eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 45 Prozent und eine Wiedereinführung der Vermögenssteuer erwartet. Statt die Betriebe ohne Gegenleistung steuerlich zu entlasten, wäre es besser gewesen, jenen Unternehmen entgegenzukommen, die junge Menschen einstellen. Auch hätte man sich mehr Zeit nehmen sollen, um die Steuerreform auszuarbeiten. Obwohl wir die LSAP darum baten, von der LSAP bei den parteiinternen Vorschlägen zur Steuerreform eingebunden zu werden, geschah nichts dergleichen.
Im Sommer vergangenen Jahres hatten rund 100 Parteimitglieder die LSAP wegen ihrer wirtschaftsliberalen Politik öffentlich an den Pranger gestellt. Ist Etienne Schneider der richtige Mann, um die Sozialisten als Spitzenkandidat in die kommende Parlamentswahlen zu führen?
Diese Frage kann ich so nicht beantworten. Es ist noch zu früh, um sich mit der Frage des Spitzenkandidaten zu befassen. Wichtig ist, dass die Partei eine gemeinsame klare Linie festlegt, die dann vom Spitzenkandidaten befolgt wird. Die Partei soll sich nicht nach dem Spitzenkandidaten richten, sondern umgekehrt.
Derzeit befindet sich die LSAP in einem Umfragetief. Würde der LSAP der Gang in die Opposition nicht gut tun?
Die LSAP darf sich nicht davor fürchten, in die Opposition zu gehen. Oppositionsarbeit im Parlament zu leisten, ist keine Schande. Falls die LSAP nicht mehr in der Regierungsverantwortung wäre, hätte sie mehr Zeit neue Ideen auszuarbeiten und die Probleme, die sich innerhalb der Partei angesammelt haben, zu lösen.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass Grabenkämpfe in der LSAP verhindert werden können?
Die Atmosphäre innerhalb der LSAP ist besser, als es oft von der Presse und in der Öffentlichkeit dargestellt wird.
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