Lenert: "Wir kommen in die entscheidende Phase"
Lenert: "Wir kommen in die entscheidende Phase"
Als Premierminister Xavier Bettel (DP) und Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am späten Freitagnachmittag ein weiteres Mal vor die Presse traten, mussten sie zunächst eine traurige Botschaft überbringen. Insgesamt hat die Corona-Pandemie in Luxemburg bisher 15 Menschenleben gefordert. Auch einer der Patienten, die von Frankreich nach Luxemburg überführt worden waren, ist verstorben. Am Donnerstag lag die Zahl der Toten erst bei neun.
Die Opfer waren im Durchschnitt über 80 Jahre alt, allerdings hat auch ein 53-Jähriger mit Vorerkrankungen den Kampf gegen das Virus verloren. Bei mehreren Toten handelt es sich um Einwohner von Seniorenheimen.
Die Zahl der Infizierten bezifferte sich am Freitagnachmittag auf 1.605, darunter 1.435 Einheimische, bei den restlichen Patienten handelt es sich um Grenzgänger. Die Infizierten sind im Durchschnitt 46 Jahre alt.
148 Infizierte müssen stationär behandelt werden, 25 liegen derzeit auf einer Intensivstation, darunter auch die sechs Personen, die Luxemburg aus Frankreich aufgenommen hat. "Wir kommen jetzt in die entscheidende Phase", stellte die Gesundheitsministerin klar und wiederholte noch einmal den Appell, dass man soweit wie möglich zu Hause bleiben und unbedingt die Sicherheitsabstände wahren sollte.
In keinem anderen Land werden so viele Tests durchgeführt wie in Luxemburg.
Paulette Lenert
Als geheilt gelten bislang 40 Personen. Als geheilt gilt man, wenn die Diagnose länger als 14 Tage zurückliegt und wenn man seit zwei Tagen ohne Symptome ist. Allerdings stellte Gesundheitsministerin Paulette Lenert klar, dass die Statistiken zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sehr verlässlich sind, da sich die meisten Patienten erst in der vergangenen Woche angesteckt haben. Zur Erinnerung, der erste Corona-Fall in Luxemburg (29. Februar) liegt noch nicht einmal einen Monat zurück.
13.738 Tests wurden durchgeführt
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie wurden in Luxemburg 13.738 Tests durchgeführt. "In keinem anderen Land werden so viele Tests durchgeführt wie in Luxemburg", erklärte Lenert.
In den kommenden Tagen will man auf andere Tests zurückgreifen. Die Bluttests sollen ermitteln, in wie weit die Bevölkerung gegen das Virus immunisiert ist. Die sogenannte Herdenimmunität soll ermittelt werden. Dazu soll eine repräsentative Anzahl von Personen getestet werden. Systematisch soll allerdings nicht getestet werden, da dies aus medizinischer Sicht keinen Sinn mache, so die Gesundheitsministerin.
Zur Zeit stehen in den vier Krankenhäusern insgesamt 2.354 Betten zur Verfügung, 2.235 normale und 119 Intensivbetten. Wie Ministerin Lenert präzisierte, gibt es es eine Reserve von 230 Betten, die jederzeit in Betrieb genommen werden können. Die Reserve setzt sich aus 150 normalen und 80 Intensivbetten zusammen. Da noch 100 zusätzliche Beatmungsgeräte bereit stehen, kann bis auf 300 Intensivbetten aufgestockt werden, wenn die Situation dies erforderlich machen sollte.
Auch die vier zusätzlichen Scanner, die bei der Diagnose gebraucht werden, sind soweit einsatzfähig. In Ettelbrück ist es am 3. April soweit, in den anderen drei Krankenhäusern sind die Geräte zwischen dem 10. und dem 12. April einsatzbereit.
Insgesamt seien die vier großen Krankenhäuser gut aufgestellt. Auch während der Krise nehmen die Häuser sowohl Corona- als auch normale Patienten auf. Allerdings werden sie strikt voneinander getrennt. Einzige Ausnahme ist die Zitha-Klinik, die zumindest bis auf weiteres nur im normalen Betrieb läuft und keine Corona-Patienten aufnimmt.
Neue Maßnahmen
Premier Bettel kündigte beim Pressebriefing weitere Maßnahmen an. So können Ärzte und Pfleger, die eigentlich nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten, nun aber im Kampf gegen das Corona-Virus mithelfen wollen, einen befristeten Arbeitsvertrag bekommen. Sie bekommen das Statut eines "employé de l'Etat". Die Regelung basiert auf einem Règlement grand-ducal, das das Kabinett bei seiner Sitzung am Freitag angenommen hat.
Zudem soll es eine Ausnahmeregelung beim Arbeitsrecht geben, die es erlaubt, dass vor allem das Personal in den Kliniken künftig länger arbeiten darf. So wird die maximal erlaubte Arbeitszeit während des Ausnahmezustand auf zwölf Stunden pro Tag angehoben, die maximale Wochenarbeitszeit wurde auf 60 Stunden heraufgesetzt. Die Regelung wurde mit den Gewerkschaften abgesprochen. Auch Studenten dürfen bis auf weiteres 40 statt wie bisher 15 Stunden lang arbeiten, dies auf Basis eines befristeten Arbeitsvertrags.
Wenn wir die Situation in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir alle stark und diszipliniert sein
Xavier Bettel
Wegen der Krise hat das Kabinett zudem beschlossen, dass Arbeitslose ihr Statut nicht verlieren, auch wenn die üblichen gesetzlichen Bedingungen nicht mehr erfüllt sind.
Arbeitnehmer, die wegen der Krise unter die neue Kurzarbeiterregelung fallen, bekommen 80 Prozent ihres üblichen Gehalts. Nun wurde aber noch einmal nachgebessert: Sollte dadurch das Einkommen durch die Abstriche unter den Mindestlohn fallen, bekommt der Arbeitnehmer den Mindestlohn.
Änderungen gibt es auch beim "Congé pour raisons familiales", auf den Beschäftigte zurückgreifen können, wenn sie ihre Kinder betreuen müssen, solange die Schulen geschlossen sind. Auch wenn nur ein Elternteil unter die Kurzarbeiterregelung fällt, hat das Paar kein Anrecht mehr auf den "Congé pour raisons familiales".
Auch Mieter können aufatmen. Während des Ausnahmezustandes dürfen die Eigentümer ihre Mieter nicht auf die Straße setzen.
Zum Schluss seiner Ausführungen richtete Premier Bettel noch einmal einen dringenden Appell an die Bevölkerung: "Wenn wir die Situation in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir alle stark und diszipliniert sein."
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