Lehrer verzweifelt gesucht
Lehrer verzweifelt gesucht
Immer mehr Lehrer fallen coronabedingt aus – weil sie infiziert oder in Quarantäne sind. Hinzu kommt, dass Schwangere als vulnerable Personen eingestuft wurden, was bedeutet, dass allein im Fondamental rund 200 Posten neu besetzt werden müssen. Um das Schulsystem am Laufen zu halten, muss zusätzliches Schul- und Aufsichtspersonal rekrutiert werden – dazu sind gesetzliche Änderungen nötig, über die am Mittwoch im Parlament abgestimmt wurde.
Wie Berichterstatter Gilles Baum (DP) erklärte, seien seit dem 15. September 1.544 Lehrer und Schüler positiv getestet worden. Das entspreche 1,3 Prozent der Schulbevölkerung. Bei 80 Prozent der Fälle gehe man davon aus, dass sie sich außerhalb der Schule angesteckt haben. Die Polemik um die Infektionsgefahr sei demnach unberechtigt. Trotzdem riskiere das Schulsystem eines Tages zusammenzubrechen, wenn zu viele Lehrer in Isolation oder Quarantäne sind.
Wer wird rekrutiert?
Damit die Rekrutierung zügig vonstattengehen kann, wird im Fondamental auf das obligatorische vierwöchige Praktikum verzichtet. Prioritär werden Personen mit einem Bachelorabschluss in Bildungswissenschaften rekrutiert. Angenommen werden auch Personen, die bereits vor der Grundschulreform 2009 ein Praktikum zur Lehrervertretung absolviert haben sowie an dritter Stelle Personen mit einem Sekundarschulabschluss unter der Bedingung, dass sie die drei Amtssprachen beherrschen. Der befristete Arbeitsvertrag endet am 15. Juli 2021.
In den Sekundarschulen wird ausschließlich Personal zur Klassenaufsicht rekrutiert. Das kann auch administratives Personal aus anderen staatlichen Abteilungen sein, das für die Arbeit in den Schulen detachiert wird.
Warum sieht ein ganzer Sektor eine Katastrophe kommen, während der Minister nichts davon mitbekommt?
Sven Clement, Piraten
Einig waren sich die politischen Sprecher am Mittwoch, dass es wichtig sei, den normalen Schulbetrieb so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Es reiche aber nicht, zusätzliches Personal zu rekrutieren, meinte CSV-Fraktionschefin Martine Hansen. Sie forderte zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen und legte eine Motion mit 13 Maßnahmen vor, darunter eine allgemeine Maskenpflicht, eine Reduzierung der Schülerzahl pro Klasse, mehr Busse beziehungsweise eine zeitliche Verschiebung des Schulbeginns, um die Zahl der Schüler in den Bussen zu reduzieren. Die Motion wurde mit den Stimmen der Mehrheit abgelehnt, während die anderen Oppositionsparteien sich enthielten.
Niemand konnte vorhersagen, ob eine zweite Welle kommen würde. Aber man musste damit rechnen.
David Wagner, Déi Lénk
Einig war man sich auch, dass die Rekrutierung von zusätzlichem Personal dringend notwendig ist. Von Oppositionsseite musste sich Bildungsminister Claude Meisch (DP) allerdings den Vorwurf gefallen lassen, nicht auf die Situation vorbereitet gewesen zu sein. „Niemand konnte vorhersagen, ob eine zweite Welle kommen würde. Aber man musste damit rechnen“, sagte David Wagner von Déi Lénk. Er warf dem Minister vor, in wichtigen Fragen wie dem Personalaufbau, Anpassungen bei den Schulprogrammen oder in Sachen Betreuung von sozial und schulisch benachteiligten Schülern in den vergangenen sechs Monaten nicht sonderlich aktiv gewesen zu sein.
Fred Keup (ADR), der sich um die Qualifizierung des Schulpersonals sorgte, meinte, dass man die Sommermonate hätte nutzen sollen, um Personal zu rekrutieren und auf ihre Aufgabe vorzubereiten statt jetzt Personen ohne Praktikum auf die Schüler loszulassen. Er frage sich auch, „warum man in dieser Situation nicht auf die vielen Lehrer zurückgreift, die detachiert worden sind, sei es beim Script oder weil sie an irgendwelchen Projekten arbeiten. In Notsituationen wie dieser könnte man diese Lehrer wieder einsetzen, schließlich haben die meisten jahrelange Erfahrung und wissen, wie es läuft“, so Keup.
Auch Sven Clement (Piraten) warf Claude Meisch vor, zu lange gewartet zu haben. „Warum sieht ein ganzer Sektor eine Katastrophe kommen, während der Minister nichts davon mitbekommt?“, fragte Clement.
Meisch: „Wir waren vorbereitet“
Das ließ Claude Meisch natürlich nicht auf sich sitzen. „Wir konnten den Schulbetrieb aufrechterhalten, weil wir vorbereitet waren und Ersatzpersonal rekrutiert haben“, sagte der Bildungsminister. Allerdings habe man nicht voraussehen können, dass Schwangere als gefährdet eingestuft würden.
Zur Motion der CSV sagte Meisch, sie beinhalte eine Reihe von Maßnahmen, die ohnehin Teil des Sanitärkonzepts seien und die man bei Bedarf jederzeit umsetzen könne. Allerdings habe die Cellule Covid bis jetzt noch keine solche Maßnahme empfohlen, so Meisch.
Er beauftrage die Koordinierungsstelle, die Maßnahmen während den Herbstferien neu zu bewerten und er werde auch die Maßnahmen der CSV bewerten lassen. Sollten darunter Maßnahmen sein, die zusätzliche Sicherheit oder zusätzlichen Raum für Bildung schaffen, sei er bereit, diese in sein Konzept aufzunehmen.
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