LCGB fordert Globalisierung mit Leitplanken
LCGB fordert Globalisierung mit Leitplanken
„Diese Krise hat uns vor Augen geführt, wie verletzlich unsere Gesellschaft ist“, beschrieb der LCGB-Vorsitzende, Patrick Dury, bei seiner Rede zum Tag der Arbeit die aktuelle Situation. Die Pandemie hätte gezeigt, wie verletzlich der einzelne Mensch, aber auch Luxemburg als Land in einer globalen Katastrophe sind.
„Für ein kleines Land bedeutet dies ganz klar, dass wir ohne die Europäische Union solche Herausforderungen nicht meistern können“, führte Dury am Samstag fort. Auf globaler Ebene könnten die einzelnen europäischen Länder nicht mehr die „kritische Masse“ aufbringen, um in einer Ausnahmesituation bestehen zu können.
EU-Reformen
Auf der einen Seite setzte sich Dury bei seiner Rede, die digital übertragen wurde, für eine Kompetenzerweiterung des Staatenverbunds im Gesundheitsbereich ein. Gesundheitspolitik brauche globale Antworten betreffend Zulassungen, der Forschung aber auch der Mittel, die den einzelnen EU-Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen.
Um dies zu bewerkstelligen, verlangt Dury andererseits einen Abbau der Bürokratie. „Die Prozedur für die Zulassung des Impfstoffs hat zu viel Zeit in Anspruch genommen“, bemängelt Dury. „Es ist ein Skandal, dass andere Länder bereits einen substanziellen Teil ihrer Bevölkerung geimpft haben und die EU nicht aus den Startlöchern kam“, so der Gewerkschaftsführer. Aus diesen Gründen soll, Dury nach, die EU-Komission und der daran angeschlossene Beamtenapparat „den europäischen Bürger und dessen Interessen in den Mittelpunkt stellen“.
Auch bei der Wirtschaftspolitik soll die EU stärker eingreifen. „Wir brauchen eine Globalisierung mit Leitplanken“, sagte Dury. Diese Leitplanken sollen soziale und ökologische Prinzipien garantieren, um damit europäische Arbeitsplätze gegen den unfairen Wettbewerb aus China abzusichern.
SNCI soll Liberty Steel retten
Die fehlerhafte europäische Industriepolitik hätte ebenfalls Konsequenzen in Luxemburg. „Es war die EU-Kommission, die Arcelor Mittal verpflichtet hat, einen Teil ihrer Werke zu verkaufen“, so Dury. Diese Politik hätte dafür gesorgt, dass „Spekulanten erster Güte à la Liberty Steel in den Besitz von anständigen Produktionsanlagen mit bis dahin sicheren Arbeitsplätzen gekommen ist“.
Die Kartell- und Fusionskontrollen der Europäischen Union hätten in diesem Fall, Dury nach, „einem Banditen in die Hände gespielt“. Deshalb fordert der LCGB, dass der Staat interveniert. Die SNCI (Société nationale de crédit et d'investissement) solle sich für Liberty Steel Dudelange einsetzen.
Trotz all der Kritik am Staatenverbund schloss Dury den internationalen Teil seiner Rede mit versöhnlichen Tönen ab: „Es gibt keine Alternative zu Europa, es muss aber eine Alternative zur aktuellen Politik in Europa geben.“
Tripartite zur Bestandsaufnahme
Auf nationaler Ebene müssen ebenfalls Konsequenzen gezogen werden. „Als allererstes muss geklärt werden, warum wir ältere und gefährdete Menschen in den Alters- und Pflegeheimen nicht besser schützen konnten“, sagte Dury und verlangte von der Regierung, dass kranke und ältere Menschen nur noch mit geimpften Pflegepersonal in Kontakt kommen.
Doch besonders die wirtschaftlichen Konsequenzen der Corona-Krise seien noch nicht ausgestanden. „Eine Zusammenkunft der Tripartite ist überfällig“, fordert Dury die Regierung auf. Als erstes solle man ein Gesamtüberblick der wirtschaftlichen und sozialen Situation in den einzelnen Bereichen der Wirtschaft machen.
Der LCGB macht auch im Jahr seines hundertjährigen Bestehens nicht vor einer Forderung nach Sozialtransfers halt. Niedrige und mittlere Gehälter sollen steuerlich entlastet werden. „Demnach fordern wir die komplette Indexierung der sozialen Transfers und ganz besonders des Kindergelds“, so Dury.
Patrick Dury, Vorsitzender der Gewerkschaft, die im Transportsektor die Mehrheit vertritt, beschrieb die Situation der grenzüberschreitend tätigen Berufskraftfahrer als „unzulässigen Skandal“. Die 800 Kraftfahrer wurden wegen einer Neuregelung am 1. Mai 2020 übergangsweise von der Sozialversicherung in Luxemburg ausgeschlossen, weil sie größtenteils im Ausland wohnen und dort auch einen großen Teil ihrer Arbeit verrichten. „Es ist ein Skandal, dass Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden von der Sozialversicherung ausgeschlossen werden“, klagte Dury an.
Der Minister für soziale Sicherheit, Romain Schneider (LSAP), wurde für diese Situation angeprangert: „Es ist ein noch größeres Skandal, dass der für dieses Dossier zuständige Minister nicht aktiv wird. Um es klar zu sagen, ein solcher Minister, der in solch einem Dossier, wo die Existenz von mehr als 800 Arbeitnehmern betroffen ist, nicht aktiv wird, hat sich selbst abgeschafft.“
Darüber hinaus fordert der Vorsitzende des christlichen Gewerkschaftsbundes, dass Angestellte des Einzelhandels freiwillig an Sonntagen acht anstatt vier Stunden arbeiten können. „Die aktuelle Gesetzgebung ist komplett überholt und gehört dringend an die aktuellen Gegebenheiten abgepasst“, sagte Dury. Lösungen zu all diesen Problemen könne man nur gemeinsam finden. „In diesem Fall zu dritt Regierung, Arbeitgeber und Gewerkschaften“.
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