Kritik am Werteunterricht : "Planlose Umsetzung des Projekts"
Kritik am Werteunterricht : "Planlose Umsetzung des Projekts"
(ml) - Die Vereinigung der Ethikprofessoren (ALPE) zeigt sich in einem Schreiben tief enttäuscht über die Ausrichtung des neuen Faches "Leben und Gesellschaft". Hier werde mehr schlecht als recht versucht, Politikwissenschaft, Theologie und Soziologie zu vereinen, was dazu führe, dass es dem Fach an Substanz fehle. Der Inhalt lasse eine wissenschaftliche Grundlage vermissen.
Außerdem werde das Projekt planlos umgesetzt, da sich weder an einen Zeitplan noch an Absprachen gehalten worden sei. Deshalb gebe es wenig Grund, für die Zukunft optimistisch zu sein. Das vorgelegte Programm biete die besten Voraussetzungen, die ethische Bildung in Luxemburg um 20 Jahre zurückzuwerfen.
"Rahmenlehrplan gründlich überarbeiten"
Die "Association luxembourgeoise des professeurs d'Ethique", die sich seit langem für die Einführung eines einheitlichen Faches einsetzt, spricht sich dafür aus, den Rahmenlehrplan grundsätzlich zu überarbeiten. Dieser dürfe nicht nur den politischen Ansprüchen gerecht werden, sondern müsse auch den Realitäten des luxemburgischen Bildungswesens sowie den pädagogischen didaktischen Voraussetzungen Rechnung tragen.
Der derzeitige Text sei "vage, unstrukturiert, schwer lesbar, gespickt von Wiederholungen und zweideutigen Begriffen". Bei der Zielsetzung des neuen Unterrichts würden sich das Bildungsministerium und der Rahmenlehrplan widersprechen. "Grundsätzlich muss man sich fragen, ob für einen Unterricht, der ausschließlich das Zusammenleben beschwört und Religionen sowie Philosophie nur mehr zu Handlanger dieser Doktrine degradiert, kritische Denker oder überzeugte Gläubige nicht zum Problem werden, da sie ein Hindernis für das Zusammenleben darstellen könnten", heißt es weiter.
Bemängelt wird auch, das bei dem neuen Fach auf eine klare Didaktik verzichtet werde. Dadurch entstehe die Gefahr, dass die Gestaltung des Unterrichts stark von der Lehrperson abhängen werde. Nicht ausgebildete Lehrer würden ohne Unterrichtsmaterial und Anleitungen unterrichten.
"Planung verlief offenbar schief"
2016/2017 soll der Werteunterricht in der Sekundarstufe eingeführt werden, obwohl die Planung offensichtlich schief gelaufen sei , so die ALPE. Die Mitglieder der Arbeitsgruppe hätten monatelang auf einen konkreten und offiziellen Arbeitsauftrag gewartet.
Erst im März 2015 hätten die Arbeiten für die Grund- und Sekundarschule begonnen. Des Weiteren wirft die ALPE die Frage auf, ob es nicht eine Fehlentscheidung war, ausländische Moderatoren, die nicht vertraut mit dem luxemburgischen Schulsystem seien, mit dem Projekt Werteunterricht zu beauftragen.
Bereits zuvor hatte die Initiative "Fir de Choix", die sich für die Wahlfreiheit zwischen Religions- und Moralunterricht einsetzt, kritisch zu Wort gemeldet. Die Kritik der laizistischen Kreise sei die Bestätigung dafür, dass der "Cours Unique" keinen Konsens in der Gesellschaft finde.
