"Kein System erfunden"
"Kein System erfunden"
(ml/dpa) EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hat Vorwürfe zurückgewiesen, als Premier- und Finanzminister in Luxemburg ein Steuerparadies geschaffen zu haben. „Ich habe in Luxemburg kein System der Steuerhinterziehung, der Steuerhintertreibung oder der Steuervermeidung zu Lasten anderer europäischer Staaten erfunden“, sagte Juncker am Donnerstag in Brüssel vor dem „Luxleaks“-Sonderausschuss des Europaparlaments.
In Luxemburg habe die Steuerverwaltung geltendes Recht angewendet. Die Regierung habe darauf keinen Einfluss gehabt. „Luxemburg ist ein Rechtsstaat“, sagte Juncker.
Ein Abgeordneter wollte nähere Einzelheiten über den so genannten Krecké-Bericht erfahren. Jeannot Krecké hatte 1997 als damaliger Abgeordneter einen umfassenden Bericht über die Steuerpraktiken in Luxemburg verfasst. In der offiziellen Fassung tauchte jedoch die Passage über die Steuer-Rulings nicht auf.
Vor dem Sonderausschuss stellte Juncker klar, dass er zu keinem Zeitpunkt Krecké aufgefordert habe, diese Seite aus dem Bericht zu entfernen, weil er überhaupt nicht gewusst hätte, dass es eine derartige Seite gebe.
Krecké habe ihm am Mittwoch in einem Telefongespräch bestätigt, dass die Regierung nicht von ihm verlangt habe, diese Seite dem Bericht nicht beizufügen, so Juncker:
"Herr Krecké hat mir berichtet, dass er diese Seite aus seinem Bericht entfernt hat, weil sein Bericht, der exzellent ist, 216 minus 1 Seite hat. Am Vorabend der luxemburgischen Presidence 1997 veröffentlicht wurde und er auf dieser Seite eine Regierung, wegen deren Tax Rulings sehr kritisiert wurde, und dann dachte, weil er wusste, dass wir auch in Steuerfragen 1997 aktiv werden würden, dies könnte das Tun und Lassen des luxemburgischen Premierministers und Finanzministers im Rat sehr einengen. Deshalb hat er das gemacht. Sie können ihn aber gerne zu einem Gespräch bitten."
Des Weiteren betonte der EU-Kommissionspräsident, dass man von EU-Leaks statt von LuxLeaks sprechen sollte. Außerdem stellte er klar, dass er als damaliger Premierminister keine Unterredungen mit Beraterfirmen hatte.
Bei den „Luxleaks“-Enthüllungen war es im vergangenen Jahr im Kern um Steuerabsprachen mit großen Unternehmen in Luxemburg gegangen, die sogenannten Tax-Rulings. Inzwischen prüft die EU-Kommission mehrere EU-Länder mit Blick auf Steuerregelungen für Unternehmen, auch Deutschland. Die Behörde will für mehr Steuergerechtigkeit in Europa sorgen und bereitet dazu Reformen vor.
Juncker war Ende 2014 politisch unter Druck geraten, da er 18 Jahre lang Ministerpräsident im Großherzogtum gewesen war. Von 2005 bis 2013 führte er zudem die Euro-Finanzminister.
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